Abkommen
Schweiz und EU wollen enger zusammenarbeiten

Die Grundsatzeinigung auf eine engere Kooperation zwischen der Europäischen Union und der Schweiz gilt als Meilenstein in den teils komplizierten Beziehungen. Zehn Jahre lang hatten beide Seiten darüber verhandelt. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sprach von einem "Kraftpaket für die Zukunft". Ein Überblick über die Beschlüsse.

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (links) und die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd geben sich bei einer Pressekonferenz die Hand.
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (links) und die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd nach der Unterzeichung des Rahmenabkommens (picture alliance / KEYSTONE / ALESSANDRO DELLA VALLE)

    In welchen Bereichen soll eine Kooperation stattfinden?

    Das Abkommen ersetzt mehr als 120 Einzelregelungen, die teils noch aus den 1990er Jahren stammen. Es umfasst unter anderem freies Reisen, Lebensmittelsicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen. Die Schweiz wird in den europäischen Strommarkt integriert. Es gibt neue Kooperationen beim Gesundheitsschutz und der Weltraumforschung. Europäische Studenten können künftig zu gleichen Konditionen an Schweizer Universitäten studieren wie Einheimische. Schweizer Forscherinnen und Forscher können zudem wieder an EU-Programmen teilnehmen. Außerdem sollen EU-Rechtsänderungen künftig auch in der Schweiz umgesetzt werden. Es kann und darf jedoch auf Seiten der Schweiz auch dagegen abgestimmt werden. 

    Welche Vorteile haben beide Seiten von der Partnerschaft?

    Die EU will den Zugang der EU-Bürger zum lukrativen Schweizer Arbeitsmarkt sichern. Die Löhne sind dort deutlich höher. Allein aus Baden-Württemberg kommen rund 60.000 Pendlerinnen und Pendler. Das Abkommen soll außerdem den Handel und die Kooperation von Unternehmen deutlich erleichtern. Die Schweiz ist nach den USA, China und Großbritannien der viertgrößte Handelspartner der EU. Zudem verpflichtet sich die Schweiz mit dem neuen Abkommen zu dauerhaften Beitragszahlungen in einen EU-Fonds. Jedes Jahr sollen so 375 Millionen Euro in strukturschwache EU-Regionen fließen.
    Im Gegenzug erhält die Schweiz besseren Zugang zum EU-Binnenmarkt sowie Fördergelder. Außerdem kann sie zum Beispiel am CO2-Emissionshandel der EU teilnehmen, kann Asylbewerber unter Umständen in EU-Länder zurückschicken und profitiert von Polizeizusammenarbeit. Durch die Integration in den europäischen Strommarkt kann die Energiesicherheit der Schweiz erhöht werden, die Preise könnten wiederum sinken.

    Wann kann das Abkommen in Kraft treten?

    Das Abkommen muss noch von beiden Seiten ratifiziert werden. Auf der EU-Seite braucht es eine Zustimmung des Ministerrats. In der Schweiz ist eine Volksabstimmung nötig. Es könnte bis 2027 oder 2028 dauern, ehe das Gesamtpaket in Kraft tritt.
    ARD-Korrespondentin Petra Jehle erklärte, das Vertragswerk soll in der Schweiz in vier Teilen zur Abstimmung gebracht werden. Dadurch solle vermieden werden, dass das komplette Rahmenabkommen gekippt werde, sollte ein Teil in einer Volksabstimmung abgelehnt werden. Es gebe berechtigte Hoffnung, dass sich die Beziehung zwischen der EU und der Schweiz wieder deutlich verbessern werde, betonte Jehle.

    Warum tritt die Schweiz nicht einfach in die EU ein?

    Die Schweizer Regierung hat sich vor mehr als 30 Jahren für einen EU-Beitritt ausgesprochen, doch lehnte das Volk 1992 bei einer Volksabstimmung schon allein den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum mit 50,3 Prozent ab.
    Außerdem kämpft die wählerstärkste Partei, die rechte SVP, gegen jede Annäherung. Sie spricht bei dem neuen Verhandlungspaket von einem "Unterwerfungsvertrag". Die Partei argumentiert, dass ein enges Bündnis mit der EU die Schweiz Wohlstand kosten könnte und zudem mehr Migranten ins Land kommen könnten. 2027 stehen in der Schweiz die nächsten Parlamentswahlen an.
    Diese Nachricht wurde am 21.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.