Geplanter temporärer Hafen
So wollen die USA Hilfslieferungen für den Gazastreifen erleichtern

Angesichts der dramatischen humanitären Lage im Gazastreifen bereiten die USA die Lieferung von Hilfsgütern über den Seeweg vor. In Zusammenarbeit mit internationalen Partnern soll ein temporärer Hafen entstehen. Wie konkret sind die Pläne und welche Vorteile bietet die Lieferung von Hilfsgütern per Schiff? Ein Überblick.

    Blick über Strand und Hafen von Gaza-Stadt. Im Hintergrund sind Industrieanlagen zu sehen.
    Strand und Hafen von Gaza-Stadt. Der Küstenstreifen verfügt über keinen Tiefwasserhafen. (Atia Darwish / apaimages / Imago)
    Die humanitäre Lage der Bevölkerung im Gazastreifen verschlechtert sich vor dem Hintergrund des Nahostkriegs immer weiter. Vertreter der Vereinten Nationen hatten zuletzt im Weltsicherheitsrat vor dem Hungertod Tausender Zivilisten gewarnt. Israels Ministerpräsident Netanjahu treibt jedoch trotz laufender Verhandlungen über eine Waffenruhe die Bodenoffensive in Gaza voran und lässt humanitäre Hilfe nur beschränkt zu. 

    Wie sicher ist es, dass der Hafen gebaut wird?

    Bekannt sind bislang nur wenige Details. Klar scheint aber, dass die USA das Projekt fest eingeplant haben. US-Präsident Biden hat es auch am Abend in seiner Rede zur Lage der Nation angesprochen. Er sagte, das US-Militär werde einen provisorischen Hafen an der Mittelmeerküste des Gazastreifens bauen, um auf dem Seeweg humanitäre Hilfe in das Kriegsgebiet zu bringen.
    Die Errichtung des Hafenterminals gilt als Alternativplan. Ursprünglich wollte Biden eine sechswöchige Waffenruhe zwischen Hamas und Israel erreichen. Diese hätte wohl auch die Möglichkeit eröffnet, Hilfslieferungen über den Landweg in den Gazastreifen zu bringen.

    Wie soll der Hafen angelegt werden?

    Hauptteil des Hafens soll ein temporärer Pier sein, an dem große Schiffe andocken können. Sie sollen Nahrungsmittel, Wasser, Medizin und Notunterkünfte liefern. Aus US-Regierungskreisen hieß es, der Hafen solle die Kapazität Hunderter zusätzlicher Lkw-Ladungen pro Tag besitzen. Was bisher an Hilfslieferungen bei den Menschen ankomme, sei deutlich zu wenig und werde zu langsam geliefert.

    Warum muss überhaupt ein solcher Hafen gebaut werden?

    Der Gazastreifen grenzt zwar direkt an das Mittelmeer, es gibt am gesamten Küstenstreifen aber bisher keinen Tiefwasserhafen. Eine Lieferung von Hilfsgütern per Schiff wäre damit sehr umständlich, da allenfalls kleinere Schiffe entlang des Gazastreifens anlanden könnten.

    Wann soll das Projekt umgesetzt werden?

    Von US-Regierungsvertretern heißt es, die Umsetzung des Vorhabens werde einige Wochen dauern. Hilfe von amerikanischen Soldaten vor Ort sei nicht notwendig. 

    Woher sollen die Hilfslieferungen kommen?

    Die ersten Lieferungen für den Gazastreifen dürften aus Zypern kommen. Die Insel liegt etwa 370 Kilometer nordwestlich des Gazastreifens und ist der EU-Staat, der der Region am nächsten gelegen ist. Zypern setzt sich seit Monaten dafür ein, auf dem Seeweg Hilfsgüter direkt in den Gazastreifen zu transportieren.

    Welche Vorteile bietet die Versorgung der Menschen über den Seeweg?

    Per Schiffstransport würden sich deutlich größere Warenmengen in den Gazastreifen bringen lassen als bisher. Angesichts der humanitären Katastrophe hatten die USA am Wochenende damit begonnen, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aus der Luft mit Hilfsgütern zu versorgen. Diese Art der Versorgung gilt aber als recht schwierig. Der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Lechte, sagte im Deutschlandfunk, solche Abwürfe seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
    Hilfslieferungen über die Straße per Lkw wiederum führen entweder durch ägyptisches odes israelisches Gebiet und können entsprechend leicht von den beiden Ländern reguliert oder abgeblockt werden. Zudem hatte es Anfang März einen Ansturm auf einen solchen Hilfskonvoi gegeben, bei dem viele Menschen ums Leben gekommen sind.

    Was sagt Israel zu dem geplanten Projekt?

    Am Mittwoch hatte die israelische Zeitung "Haaretz" berichtet, Israel wolle erstmals seit Kriegsbeginn die Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen auf dem Seeweg erlauben. Man habe eine entsprechende Vereinbarung mit internationalen Institutionen getroffen, hieß es in dem Bericht. Details nannte die Zeitung nicht.

    Wie äußert sich die EU?

    Mit dem Schiff einer Hilfsorganisation soll am Freitag ein Korridor für Hilfslieferungen in den Gazastreifen getestet werden. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sagte in Zypern, der Korridor werde dann möglicherweise schon am Sonntag geöffnet. Die EU richte den Korridor gemeinsam mit den USA, den Vereinigten Arabischen Emiraten und anderen Partnerländern ein, um große Mengen an Hilfsgütern in den Gazastreifen zu liefern, sagte von der Leyen auf einer Pressekonferenz mit dem zyprischen Präsidenten Christodoulides.