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Social-Audio-App „Clubhouse“
Der digitale Country Club

Wie eine Unterhaltung in ausgewählter Gesellschaft, so sollen die als Events bezeichneten Diskussionen im „Clubhouse“ daherkommen. Die Social-Audio-App aus den USA hat nun auch in der deutschen Digital- und Medienszene einen Hype ausgelöst. Doch wer mitreden möchte, braucht eine Einladung.

Dennis Horn im Gespräch mit Annika Schneider / Text: Sören Brinkmann |
Collage von Personen und Sprechblasen
Gespräche stehen im Mittelpunkt der Social-Audio-App "Clubhouse" (imago/ Donna Grethen)
Facebook, Whatsapp, Twitter, Instagram oder Youtube – längst schien der Markt unter den großen Social-Media-Plattformen aufgeteilt zu sein. Da beweisen die Erfinder von "Clubhouse", dass mit neuen Ideen immer wieder ein Hype ausgelöst werden kann.
Anders als die Konkurrenz setzt "Clubhouse" nicht auf Textnachrichten, Videos, Fotos, Posts und Kommentare sondern auf das gesprochene Wort. Die Social-Audio-App ist eine Mischung aus Telefonkonferenz, Live-Podcast und Sozialem Netzwerk – "ein Produkt, das auf Stimme basiert", wie es die Gründer beschreiben.
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Gesprächsrunden im exklusiven Kreis

Die Nutzer können Chaträumen zu bestimmten Themen beitreten und dort den Gesprächen folgen, sich aber auch selbst melden und in die Diskussion einschalten. Diese Unterhaltungen, die bei "Clubhouse" als Events bezeichnet werden, finden ausschließlich live statt, Aufzeichnungen zum späteren Nachhören gibt es nicht.
Social-Audio-App "Clubhouse"
Social-Audio-App bedeutet, dass die Nutzer Gespräche führen können zu vorher festgelegten Themen. In den Audio-Chaträumen können andere Nutzer die Diskussionen live verfolgen oder sich melden, um mitzudiskutieren.
Texte, Fotos oder Videos werden nicht miteinander geteilt.
Der Name "Clubhouse" klingt nach Exklusivität und geschlossener Gesellschaft – und das ist wörtlich zu nehmen. Offenbar ist es derzeit gewollt, dass die Zahl der Nutzer relativ klein ist und nur langsam wächst – denn Zugang hat nur, wer eine Einladung von einem Mitglied bekommt. Das weckt Interesse und sorgt dafür, dass schon auf anderen Plattformen um die Mitgliedschaft gebettelt wurde.

Zugang soll nicht dauerhaft begrenzt werden

Die Entwickler der App erklärten allerdings, dass der Zugang zu "Clubhouse" nicht dauerhaft begrenzt werde und man daran arbeite, "es der Welt so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen". Inzwischen kann sich jeder registrieren, um einen Benutzernamen im Voraus zu sichern.
#ClubhouseChallenge
Ende Oktober tauchte der Twitter-Trend #ClubhouseChallenge auf, bei dem Menschen die Sprachaufnahmefunktion von Twitter nutzen, um sich mit einem Audio an die Nutzer zu wenden. Mit den meist nichtssagenden oder unsinnigen Aussagen machen sie sich über die "Clubhouse"-Diskussionen lustig.
Einige Beobachter kritisieren das Konzept von "Clubhouse" allerdings, weil Gesprächsrunden auch dafür genutzt werden, um etwa gegen Juden oder Schwarze Menschen zu hetzen. Dabei sei fraglich, ob die strikten Guidelines der App konsequent kontrolliert werden könnten. Derzeit habe die Plattform nur rund ein Dutzend Mitarbeiter, so Medienjournalist Dennis Horn. Wenn sie weiter wachse, lasse das nichts Gutes ahnen. Horn sieht darüber hinaus Probleme beim Datenschutz.

Einschätzungen vom Medienjournalisten Dennis Horn
Annika Schneider: Stellen Sie sich vor, bei Ihnen in der Nähe hätte ein neues Clubhaus aufgemacht. Was man so hört, trifft man dort die interessantesten Menschen für die aufregendsten Diskussionen – kurz: alle wollen dabei sein. Und sehr gerne würden Sie sich das selbst auch mal ansehen. Aber rein kommt nur, wer eine Einladung hat. Genau das ist gerade passiert, nur eben virtuell. Die App "Clubhouse" bietet angeblich exklusive Inhalte. Einloggen kann man sich aber nur mit einer Einladung von einem der Mitglieder. Das ist natürlich ein geschickter Marketing-Trick, der aber wohl funktioniert. Die App stürmte heute bei Apple auf Platz eins der deutschen App-Charts. Ich wollte von meinem Kollegen, dem Medienjournalisten Dennis Horn, vor der Sendung wissen: Haben Sie schon eine Einladung ergattern können und können uns berichten, was einen erwartet, wenn man drin ist?
Dennis Horn: Ich bin drin und ich kann davon berichten, dass "Clubhouse" eine Mischung ist aus öffentlicher Telefonkonferenz und Live-Podcast. Es geht in dieser App nur um Audioinhalte. Ich kann dort als Nutzer Gesprächsrunden starten oder schon bestehenden Gesprächsrunden zuhören und darin auch die Hand heben und mitdiskutieren. Das passiert live. Es gibt keine Aufzeichnungen dieser Gesprächsrunden, wobei ich wie so eine kleine Sendung meine Gesprächsrunden vorher auch ankündigen kann.
Schneider: Nun ist das ja alles nicht ganz neu. Die App kommt ja aus den USA, und es gibt sie auch schon seit einigen Monaten. Warum stand sie jetzt am Wochenende auf einmal so im Mittelpunkt?
Horn: Ja, eine Rolle dürften Influencer gespielt haben auf der Businessplattform LinkedIn, aber auch bei Twitter, die "Clubhouse" für sich entdeckt hatten und dann darüber geschrieben haben. Und da wurden andere Nutzerinnen und Nutzer dann neugierig, haben ebenfalls versucht, sich anzumelden. Und da ist dann der Punkt ins Spiel gekommen, mit dem "Clubhouse" selbst diesen Effekt noch verstärkt hat. Sie haben ihn eben angesprochen, man kommt dort nur mit Einladung rein. Wer drin ist, kann auch erst einmal nur zwei weitere Personen einladen. Aber niemand kann sich im Moment einfach so anmelden. Also haben Menschen damit begonnen, auf LinkedIn, Twitter, Facebook auch um diese Einladungen zu betteln. Und das Zusammenspiel aus alldem, das sorgt für die Aufmerksamkeit. Die Berichterstattung kommt dazu – wie jetzt hier bei uns – und so ist da etwas ins Rollen gekommen.

Mit Prominenten auf Augenhöhe im Gespräch

Schneider: Leute betteln um Einladung. Was würden Sie denn sagen: Ist der Hype berechtigt?
Horn: Ja und nein. Also, was viele gerade zumindest als faszinierend beschreiben, ist, wie unmittelbar dort alles ist, dass man laufend in interessante Gespräche reinstolpert, dabei auch auf interessante Namen stößt. Da dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass jetzt am Wochenende auch so Menschen wie FDP-Chef Christian Lindner auf diesen Hype-Zug aufgesprungen sind oder die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali. Und solche Namen plötzlich – auf Augenhöhe denen zu begegnen, das dürfte einen Reiz ausmachen. Eine Nutzerin sagte, sie fühle sich da an die ersten Tage von Twitter erinnert. Und "Clubhouse", das sei wie eine Party, auf die sie kommt und sich für gute Gespräche unter die Leute mischt. Und stellte dann die Frage: Wann gab es das schon seit Corona? Und vielleicht ist das auch ein Grund, dass sich viele Menschen nach so einem Austausch auch einfach sehnen.
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Hetze und Datenschutzbedenken

Schneider: Nun ist von Kritikern auf der anderen Seite auch zu hören, dass es bei "Clubhouse" Räume gibt mit dem alleinigen Zweck, zum Beispiel gegen Juden oder gegen Schwarze Menschen oder gegen andere Minderheiten zu hetzen. Entsteht da gerade ein neuer Tummelplatz für Hass im Netz?
Horn: Ja, mit Sicherheit tut er das, weil ja jede Plattform davon betroffen ist. Die Frage ist dann, wie sie am Ende dagegen vorgeht. Und "Clubhouse" hat Community-Guidelines, so heißen sie dort, die auch sehr deutlich klingen. Das, was Sie gerade beschrieben haben, ist offiziell verboten. Es gibt Berichte aus den USA auch über restriktive Maßnahmen, dass nicht nur Nutzerinnen und Nutzer gesperrt wurden, die gegen diese Guidelines verstoßen haben, sondern auch die, die diese Nutzerinnen und Nutzer vorher zu Clubhaus eingeladen hatten. Aber diese Konsequenz zeigt "Clubhouse" eben nicht immer. Und das dürfte auch daran liegen, dass diese Plattform bisher rund ein Dutzend Mitarbeiter hat, bei gleichzeitig abertausenden Gesprächsrunden live. Und wenn "Clubhouse" jetzt weiter so rapide wächst, dann lässt dieses Missverhältnis tatsächlich nichts Gutes erahnen.
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Schneider: Und dann schwirrten auch Datenschutzbedenken durch die Twitter-Diskussion. Was ist da dran?
Horn: Da gibt es tatsächlich problematische Punkte. Der erste ist die Einladungspolitik. Man kommt ja nur über Einladungen rein, und wer eine Einladung aussprechen möchte, muss "Clubhouse" dafür den Zugriff auf das Adressbuch im Smartphone gestatten. Und so landen bei der Plattform nicht nur Daten über die Menschen, die da eingeladen werden, sondern auch über alle anderen. Und es gibt den Verdacht, dass "Clubhouse" da auch Schattenprofile anlegt. Und wer die App für sensiblere Gespräche nutzen möchte, sollte auch noch wissen, dass die Gesprächsrunden gespeichert werden. Ein Mitschnitt zum Teil beliebig lange, weil "Clubhouse" nicht sagt, wann es ihn konkret löscht, wird immer dann gespeichert, wenn Menschen eine Gesprächsrunde melden, weil dort angeblich gegen die Community-Guidelines verstoßen wird. Also, das sind doch alles Punkte, die dann aus Datenschutzsicht noch mal ein Fragezeichen dranmachen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.