Unter Medienrechtlern läuft eine breite Debatte darüber, ob und wie man Angebote im Internet genauso regulieren müsste, wie das seit Jahren beispielsweise für öffentlich-rechtliche Medien gilt.
Die Kölner Ethikforscherin Christiane Woopen hält eine Regulierung für unausweichlich. "Diese algorithmischen Systeme sind keinesfalls neutral, weil damit auf jeden Fall Interessen verbunden sind und in aller Regel sind diese Interessen ökonomischer Art, das ist ja keine gemeinnützige Vereinigung. Das heißt, wir haben es hier mit systemischen Auswirkungen zu tun, die wir keinesfalls so laufen lassen können, wenn wir die Demokratie wirklich in ihren wesentlichen Elementen und auch mit den Medien als vierte Kraft im Staat bewahren wollen", meint Woopen.
Mehr Transparenz nötig
Die Debatte beschäftigt sich mit den großen Internetkonzernen wie Google, Facebook und Co.. Sie werden als sogenannte "Intermediäre" bezeichnet, als Vermittler, die von sich selbst sagen, sie erstellen keine Inhalte, sondern leiten nur Inhalte weiter, sortiert nach den Vorlieben der Nutzer.
Einig ist man sich nur über einen Punkt, erläutert Medienrechtler Rolf Schwartmann. "Die Positionen gehen zunächst mal übereinstimmend davon aus, dass man Transparenz braucht, dass die Googles und Facebooks einem sagen müssen, unter welchen Kriterien sie jemanden bewerben."
Userinnen und User haben keine Wahl
Doch Tranzparenz allein reicht nicht, meint Kommunikationswissenschaftlerin Monika Sokol. Nutzer könnten sich in vielen Fällen gar nicht frei entscheiden, ein Netzwerk nicht zu nutzen, weil sie dadurch im Ernstfall nicht mehr mit ihrem Umfeld digital in Kontakt treten können.
Denn Portale und Messengerdienste wie Facebook oder Whatsapp lieferten nicht nur Informationen, sondern bildeten auch gleichzeitig ein nach außen abgeschottetes Kommunikationssystem. "Weil diese Intermediäre und Anbieter beide Felder bespielen, ist diese Wahlfreiheit, dass man sagt, wenn mir das nicht gefällt, dann nehme ich halt was anderes, nicht gegeben", sagt Sokol.
Neutrale Medienaufsicht für Facebook
Ziel sei es, Medienanbieter dann zu regulieren, sobald die Meinungsvielfalt gefährdet wird, meint der Medienrechtler Schwartmann. Er plädiert für ein Zwei-Säulen-Modell. Facebook könnte dann beispielsweise weiter einen personalisierten Newsfeed anbieten, der sich aus dem vorhergegangenen Nutzerverhalten errechnet.
Zusätzlich müsse aber ein zweiter Nachrichtenstrom dargestellt werden - nach journalistisch ausgewogenen Kriterien zusammengestellt. Die Auswahl müsse von einer neutralen Medienaufsicht überwacht werden. "Man schreibt ein Regelwerk, das abstrakte Vorgaben gibt, die aber konkret genug sind. Dann verpflichtet man Facebook dazu, sie einzuhalten, und man kontrolliert sie durch eine staatliche Einrichtung."
Staatliche Medienaufsicht "keine gute Idee"
Tobias Schmid, Chef der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen, kann sich eine solche Lösung nur schwer vorstellen. "Das mit der neutralen Stelle ist jedenfalls eine gute Idee, wobei ich nicht genau weiß, wer das sein soll. Das mit den staatlichen Stellen ist keine gute Idee, denn der Staat mischt sich bei uns besser nicht in Medien ein. Deswegen sind ja sowohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk als auch die Aufsicht der kommerziellen Medien ausdrücklich staatsfern organisiert. Der Staat gibt bei uns keine Inhalte vor und so sollte es auch bleiben."
Die Bundesländer hatten bereits 2018 einen ersten Entwurf für einen Medienstaatsvertrag abgestimmt, der künftig auch Transparenzvorgaben für Internetangebote enthalten soll. Erwartet wird, dass er bis Herbst nächsten Jahres in Kraft tritt. Ob darin bereits eine Regulierung der Inhalte enthalten sein wird, ist allerdings noch offen.
Die Bundesländer hatten bereits 2018 einen ersten Entwurf für einen Medienstaatsvertrag abgestimmt, der künftig auch Transparenzvorgaben für Internetangebote enthalten soll. Erwartet wird, dass er bis Herbst nächsten Jahres in Kraft tritt. Ob darin bereits eine Regulierung der Inhalte enthalten sein wird, ist allerdings noch offen.