Söder hatte in einem Gespräch mit der Zeitung "Welt am Sonntag" das individuelle Asylrecht infrage gestellt. Deutschland müsse entscheiden, wer ins Land komme – und nicht jeder Einzelne dürfe ein Anrecht darauf haben. Das individuelle Recht auf Asyl ist im Grundgesetz verankert und auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgehalten.
SPD-Generalsekretär Kühnert rief im Berliner "Tagesspiegel" die Parteien von Regierung und Opposition dazu auf, in der Debatte über die deutsche Asylpolitik "Maß und Mitte" zu halten. Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Audretsch warf Söder in derselben Zeitung vor, Populismus zu betreiben und "unverantwortlich" zu handeln. FDP-Vizechef Kubicki sprach von einer "typisch bayerischen Illusion".
Union kritisiert geplante Maßnahmen der Bundesregierung
Die Unionsfraktion kritisierte die von der Koalition angepeilten Leistungsstreichungen für bestimmte Migranten als nicht wirksam. Der Parlaments-Geschäftsführer Frei (CDU) sagte der "Rheinischen Post", es seien nur Fälle betroffen, in denen das Übernahmeersuchen positiv beschieden sei und eine soziale Absicherung im Zielstaat bestehe. Das aber reduziere den Anwendungsbereich deutlich. Frei meint damit, dass die betroffenen anderen EU-Länder einer Rücküberstellung aus Deutschland zustimmen müssen, damit die Flüchtlinge in der Zwischenzeit in Deutschland keine Leistungen mehr über das absolut notwendige Maß hinaus beziehen können. Diese Zustimmung werde aber nicht immer erteilt.
Auch Bayerns Innenminister Herrmann bezeichete die bisherigen Vorschläge der Bundesregierung als nicht ausreichend. Die irreguläre Migration in die EU und nach Deutschland müsse begrenzt werden, sagte der CSU-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Und dazu schweige das vorgelegte Paket völlig. Am Dienstag sollen Bund und Länder über weitere Maßnahmen beraten.
Migrationsrechtler hält Überstellung nach Bulgarien für nicht rechtens
Der Migrationsrechtler Maximilian Pichl von der Hochschule RheinMain sprach im Deutschlandfunk von einem "nationalistischen Überbietungswettbewerb". Es gebe Gründe und Gerichtsurteile, die eine Abschiebung nach Bulgarien verböten. Dort drohe den Flüchtlingen die Obdachlosigkeit. Auch in Italien und Griechenland würden die Menschenrechte der Geflüchteten verletzt, sagte Pichl, der früher auch für die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl tätig war. Seiner Ansicht nach sind auch die geplanten Leistungskürzungen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht habe geurteilt, dass das Existenzminimum nicht aus Abschreckungsgründen gesenkt werden dürfe.
Geplante Maßnahmen der Bundesregierung
Als Reaktion auf den mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen hatte sich die Bundesregierung auf schärfere Maßnahmen in der Asyl- und Sicherheitspolitik geeinigt. So will sie Migranten, die zuvor in einem anderen EU-Land registriert wurden, Sozialleistungen streichen. Zudem will die Bundesregierung eine Task Force von Bund und Ländern einrichten, um die Zahl der Überstellungen in die zuständigen EU-Länder zu erhöhen. Flüchtlingen, die in ihr Heimatland reisen, soll der Schutzstatus entzogen werden. Ausnahmen sollen möglich sein, wenn es wichtige Gründe gibt.
Vorgesehen ist darüber hinaus eine Verschärfung des Waffenrechts. Genannt werden Messerverbote auf Volksfesten, Sportveranstaltungen und anderen öffentlichen Veranstaltungen. Im Kampf gegen islamistischen Extremismus will die Ampel-Koalition Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse erteilen. Ermittler sollen Künstliche Intelligenz einsetzen sowie zur Gesichtserkennung von Tatverdächtigen biometrische Daten mit öffentlich zugänglichen Fotos im Internet abgleichen dürfen. Auch das für Asylverfahren zuständige Bundesamt für Migration könnte dann das Verfahren nutzen, um die Identität Schutzsuchender zu überprüfen.
Diese Nachricht wurde am 31.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.