Der Berliner Frisörmeister Günther Engels braucht Geduld. Als er gestern Nachmittag seinen Zuschuss beantragen will, haben sich bereits 380.000 Interessenten angemeldet. Und die Webseite der Investitionsbank Berlin verkündet nüchtern: "127.071 Personen sind vor Ihnen in der Warteschleife." Doch Frisörmeister Engels bleibt gelassen - auf den ersten Blick sieht es ganz einfach aus, sagt er.
"Checkliste für den Corona-Zuschuss. Also im Grunde Name, Straße, Postleitzahl, Rechtsform der Firma, Ausweisdokument, die Steuernummer, und die Bankverbindung der Firma. Wenn vorhanden, Umsatzsteuernummer. Aber das brauche ich nicht."
Platz 200.000 in der Warteschleife
In Berlin können Soloselbstständige und Kleinstunternehmer bis fünf Beschäftigte einen Zuschuss von maximal 14.000 Euro erhalten. 9.000 vom Bund plus 5000 vom Land. Diese Summe wollte der Fotograf und Musikproduzent Simon Detel am Freitag beantragen, landete aber nur in der Warteschleife.
"Dann habe ich versucht, mich einzuloggen. Und dann kam ein Hinweis, dass ich meinen Platz verpasst hätte und mich noch einmal von hintenanstellen sollte. Und statt Wartenummer 40.000 war ich dann auf Platz 200.000."
Gestern Mittag bekam er nun eine E-Mail von der Investitionsbank Berlin: "Ab sofort haben Sie 35 Minuten Zeit zum Ausfüllen des Antrags", so die Aufforderung. Simon Detel hatte sich vorbereitet - in 15 Minuten war er fertig. Wirklich unbürokratisch, lobt er:
"Keinerlei finanziellen Nachweise, keine Kalkulationen, keine Einnahme-Überschuss-Rechnung, das wäre viel zu kompliziert gewesen. Ich gehe mal davon aus, dass diese Überprüfung im Nachhinein passiert. Jetzt diese Antragstellung war relativ unkompliziert."
Ansturm überlastet die Server
Der Start am Freitag war holprig, am Wochenende stieg die Erregungskurve in den sozialen Medien. Antragsteller berichteten von massiven Datenschutzverletzungen. So erhielten einige das bereits vollständig ausgefüllte Formular eines anderen Antragstellers per Mail zugeschickt. Dieses Problem sei mittlerweile behoben, versichert die Investitionsbank. Der Chef der IBB Jürgen Allerkamp wirbt um Verständnis:
"Nun, man muss sich vorstellen, die IBB ist eine mittelgroße Bank, die ist ausgelegt auf eine Stückzahl von zwei bis 3.000 pro Jahr, und jetzt haben wir plötzlich auf unseren Servern eine Last, die gigantisch groß ist. Da ist es am Freitag in der Tat zu einer Überforderung gekommen, am Samstag haben die Systeme stabil produziert."
Hackerangriffe und Betrüger
Die Bank berichtet auch von versuchten Hackerangriffen und Betrügern, die Zuschüsse erschleichen wollten. Müssen doch die Antragsteller keine schriftlichen Nachweise führen, dass zum Beispiel ihre Umsätze durch die Corona-Krise eingebrochen sind. Doch IBB Chef Allerkamp warnt:
"Jeder muss natürlich wissen, dass die Unterlagen auch im Nachhinein angefordert werden können. Die europäischen Behörden haben da ein Anrecht drauf, der Landesrechnungshof, und selbstverständlich sind das auch Einnahmen, die zu versteuern sind, so dass auch die Finanzämter eines Tages ihre Fragen dazu stellen werden. Man sollte den Antrag sorgfältig durchlesen und wir sind optimistisch, dass wir eine geringe Betrugsquote haben werden."
Schnelle Abwicklung in Berlin
Die Förderbanken der Länder sind sowohl für die Auszahlung der Bundeshilfen als auch für die Extra-Programme der Länder zuständig – ein Überblick ist nicht einfach. Jedes Land regelt für sich, wie es die Bundesprogramme mit den eigenen Landesprogrammen kombiniert.
In Berlin hat die zuständige Investitionsbank seit Freitag bereits zwei Drittel der 380.000 Corona-Zuschuss-Anträge bearbeitet. 50 Millionen Euro sind Stand gestern Abend zur Zahlung angewiesen. Schneller geht es kaum. Zum Vergleich: In normalen Zeiten bearbeitet die Investitionsbank Berlin zwei bis 3.000 Kreditanträge - im Jahr, wohlgemerkt.