Großzügiger als angekündigt fällt er aus, der Gesetzentwurf über eine teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags, den Finanzminister Olaf Scholz laut Deutscher Presse Agentur am Freitagabend zur Abstimmung an die verschiedenen Ressorts verschickt haben soll. Demnach sollen in einem ersten Schritt rund 90 Prozent der Soli-Zahler vollständig entlastet werden.
Darüber hinaus werden dem Entwurf zufolge aber weitere 6,5 Prozent der Steuerzahler entlastet, für die der Soli zumindest teilweise abgeschafft werden soll. Dafür soll eine sogenannte Milderungszone eingeführt werden - sprich: Wenn das Einkommen die im Entwurf deutlich erhöhte Freigrenze überschreitet, soll die Abgabe nicht sofort in voller Höhe von 5,5 Prozent der Einkommenssteuerschuld gezahlt werden, sondern langsam ansteigen. Im Ergebnis, so heißt es im Entwurf, über den als erstes der "Spiegel" berichtet hatte, werden so 96,5 Prozent der heutigen Soli-Zahler zumindest bessergestellt.
Lob vom Koalitionspartner
Doch für mehr sieht die SPD – anders als die Union - keine Notwendigkeit. Dennoch kommt Lob von Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus: Es sei gut, dass Olaf Scholz jetzt den Koalitionsvertrag umsetze und den ersten Schritt zum Abbau des Solis gehe, sagte er gegenüber der Deutschen Presse Agentur. Er pocht jedoch auf weitere Schritte: Die Union halte an dem Ziel fest, den Soli für alle Steuerzahler abzuschaffen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bezeichnete den Entwurf als längt überfällig. Erfreut zeigte sich auch CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg gegenüber unserem Hauptstadtstudio:
"Endlich hat Olaf Scholz die Zusage erfüllt. Der Referentenentwurf liegt vor und ist wie abgesprochen eine Entlastung für 90 Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland für niedrige und mittlere Einkommen."
Komplette Abschaffung aktuell nicht möglich
Doch anders als seine Kollegen aus der Unionsfraktion sagt er: Eine komplette Abschaffung sei derzeit nicht möglich:
"Ich kann nicht alles zusammen abschaffen. Wenn ich jetzt eine Komplett-Abschaffung fordere, dann bin ich bei über 20 Milliarden Steuermindereinnahmen. Das ist ohne neue Schulden nicht leistbar."
Dabei verwies Rehberg auch auf das 1,5-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben, notwendigen Ausgaben für den Klimaschutz sowie die Einhaltung der Schuldenbremse. Jetzt sollte man laut Rehberg weitere Schritte vereinbaren, damit in Vier- oder Fünfjahresschritten der weitere Soli-Abbau stattfinden könne.
Zehn Milliarden weniger
Im Haushaltsjahr 2018 brachte der Soli dem Staat laut Finanzministerium insgesamt 18,9 Milliarden Euro ein. Durch das neue Gesetz würde der Bund auf Einnahmen in Höhe von knapp zehn Milliarden Euro verzichten. Bis 2024 wächst der Betrag dann auf rund zwölf Milliarden Euro an. Eine Abschaffung auch für die einkommensstärkeren zehn Prozent der Soli-Zahler würde zusätzlich elf Milliarden Euro jährlich kosten, heißt es im Entwurf. Dieser Schritt würde lediglich die Nettoeinkommen von Spitzenverdienern erhöhen. Scholz und andere Sozialdemokraten und -demokratinnen beharren daher auf den Abmachungen aus dem Koalitionsvertrag, wonach die Abgabe von 2021 an zunächst für 90 Prozent der Steuerzahler wegfallen soll. Das hatte er im Mai auch noch im Interview der Woche mit dem Deutschlandfunk klargemacht:
"Aber die Forderung, dass jetzt auch noch diejenigen, die sehr viel Geld verdienen, von dieser Leistung zu diesem Zeitpunkt entbunden werden, kostete noch mal über elf Milliarden Euro. Da würde jemand, der fünf Millionen Euro verdient, eine Steuerentlastung von über 100.000 bekommen. Das ist vielleicht die falsche Zeit für solche Vorschläge."
Streit um Rechtmäßigkeit einer Teilabschaffung
Umstritten ist auch, ob eine teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags rechtens ist. Nach Einschätzung verschiedener Rechtsexperten widerspricht es dem Grundgesetz, wenn die als vorübergehend angekündigte Zusatzbelastung für einen kleinen Teil der Steuerzahler dauerhaft beibehalten werde. Finanzminister Olaf Scholz könnte laut "Spiegel" darauf verweisen, dass er einen zweiten Schritt – wenn auch indirekt – in seinem Entwurf bereits angekündigt habe.