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Somalia-Einsatz der Bundeswehr
Unser Mann in Mogadischu

Seit 1991 herrscht in Somalia Bürgerkrieg und Chaos. Nun hat die EUTM, die Ausbildungsmission der Europäischen Union für Somalia, ihr Lager in Mogadischu aufgeschlagen. Darunter ist auch ein Oberstleutnant der Bundeswehr, weitere 20 deutsche Soldaten sollen folgen.

Von Antje Diekhans |
    Die somalische Hauptstadt Hargeisa. Die Ein Mann sitzt auf einem Esel und reitet durch eine befahrene Straße.
    Die somalische Hauptstadt Hargeisa (picture alliance / dpa / Foto: Maxppp)
    "Hier sind wir jetzt am schönen Mogadischu-Strand, der leider sehr felsig ist und die Wellen sind sehr hoch in der Regel."
    "Ab und zu am Wochenende, wenn man die Gelegenheit hat, dann nutzt man das, um hier mal ein bisschen spazieren zu gehen, um aus dem Camp mal rauszukommen."
    Eine der wenigen Freizeitbeschäftigungen für die 120 Soldaten der EU-Ausbildungsmission in Somalia. Oberstleutnant Jörg Hildebrand ist zur Zeit als einziger Deutscher dabei. Die Truppe ist auf einem Gelände nah beim Flughafen in Mogadischu stationiert. Keine luxuriöse Unterkunft. Die Soldaten schlafen in umgebauten Schiffscontainern. Immer zu zweit im Etagenbett.
    Jörg Hildebrand macht sich auf zu einer Fahrt über das Gelände. Die Landrover der EU-Mission haben schon bessere Zeiten gesehen. Aber für eine kurze Tour taugen sie noch.
    Es geht entlang an Steinmauern, die mit Stacheldraht zusätzlich gesichert sind. Mogadischu blitzt in den Lücken auf. Viele Ruinen und holprige Straßen.
    "Das ist die Hauptstraße rein nach Mogadischu. Und da ist die sogenannte K4-Kreuzung. Und an der K4-Kreuzung finden so die meisten Attentate statt hier in Mogadischu. Weil das ein Schlüsselpunkt ist, wo man eigentlich immer durchfahren muss."
    Gepanzerte Fahrzeuge und Schreibtischarbeit
    Die Kreuzung passieren die EU-Soldaten nur in gepanzerten Fahrzeugen. Allerdings besitzt die Mission davon zur Zeit nur zwei – die an diesem Tag auch noch beide in der Werkstatt sind. Bürokratie in Brüssel und Unstimmigkeiten zwischen den elf beteiligten Nationen verzögern die Lieferung weiterer Fahrzeuge. Nach den Touren über das Gelände bleibt für Jörg Hildebrand darum vor allem Schreibtischarbeit.
    "Konkret sieht das aus, dass wir viele, viele Besprechungen mit Somalis haben. Dass wir Pläne für den somalischen Generalstab vorbereiten, mit ihm durchdiskutieren, um eine strukturierte Aufbauphase der somalischen Streitkräfte zu bekommen. Es ist aber noch ein langer Weg zu gehen."
    Theoretisch ist alles schon durchgeplant – bis weit ins nächste Jahr. Säulendiagramme, um Somalia zu retten. Seit mehr als 20 Jahren schlittert das Land von einer Katastrophe in die nächste. Islamisten kontrollieren weite Regionen im Süden. Die Europäische Union will somalische Soldaten trainieren, damit sie gegen die Milizen vorgehen können.
    "Die Mission hat angefangen im April 2010 zunächst in Uganda. Und da wurden somalische Soldaten ausgebildet durch die EU. Da hatte sich Deutschland bereits mit 20 Soldaten beteiligt durchgehend. Nach dem Beschluss der Europäischen Union, die Mission nach Somalia zu verlagern, hat Deutschland sich zunächst nicht mehr beteiligt. Und dann im April dieses Jahres einen Beschluss gefasst, dass auch hier wieder eine deutsche Beteiligung stattfinden sollte."
    Jetzt geht es vor allem darum, Ausbilder auszubilden – also Wissen weiterzugeben. In Uganda wurde noch im Feld trainiert. Die Mission kämpfte mit Schwierigkeiten. Auch weil befürchtet wurde, dass die gut trainierten somalischen Soldaten sich hinterher Milizen anschließen könnten – wenn die besser bezahlen. General Massimo Mingiardi aus Italien, Befehlshaber der EU-Mission, setzt darauf, dass die somalische Regierung das verhindert.
    "Wir müssen der Gegenseite vertrauen. Das Verteidigungsministerium hat uns zugesichert, dass wir die somalische Armee trainieren. Wir bilden keine Milizionäre aus."
    Italien, frühere Kolonialmacht in Somalia, stellt die meisten Soldaten für die EU-Mission. Auch Großbritannien und Spanien sind stark vertreten. Der Befehlshaber klagt aber: Insgesamt sei die Truppe viel zu klein.
    "Um wirklich etwas zu erreichen, müssten wir mindestens doppelt so viele sein. Was mich frustriert: Aus irgendwelchen Gründen scheint sich die Europäische Union vorgenommen zu haben, dass wir die billigste Mission sein müssen."
    Alle fürchteten, ein ähnliches Trauma wie die USA
    Knapp zwölf Millionen Euro will die EU innerhalb von zwei Jahren für den Einsatz bereit stellen. Aus Sicht des italienischen Generals ist das auch darum zu wenig, weil Somalia lange Zeit vernachlässigt wurde. Niemand wollte in dem ewigen Kriegsland eingreifen, weil alle fürchteten, ein ähnliches Trauma wie die USA Anfang der neunziger Jahre zu erleben. Amerikanische Soldaten sollten damals gegen einen somalischen Kriegsherrn vorgehen und das Land befrieden.
    "Die Mission ist gescheitert. Nach dem Abschuss von US-Militärhubschraubern 1993 in Mogadischu – bekannt unter dem Stichwort "Black Hawk Down" - hat die internationale Gemeinschaft sich aus Somalia zurückgezogen. Die Menschen wurden 20 Jahre lang im Stich gelassen."
    Der Blick vom Strand in Mogadischu zeigt, welche Spuren der ständige Krieg hinterlassen hat. Früher galt die Stadt als die "Perle Ostafrikas" – jetzt ist sie eine Ansammlung von Trümmern. Oberstleutnant Jörg Hildebrand glaubt aber daran, dass es für Aufbauarbeit in jeder Hinsicht nicht zu spät ist.
    "Die Hoffnung stirbt zuletzt. Also ich bin davon überzeugt, dass Mogadischu und auch gesamt Somalia sicherlich wieder eine friedvolle Zukunft vor sich haben werden. Es wird aber bis dahin noch einige Zeit ins Land gehen müssen."