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Sommerreihe Lieblingsorte
Eine Badestelle an der Ruhr

Das Ruhrgebiet galt lange Zeit als eine der dreckigsten Regionen der Bundesrepublik. Umso erstaunlicher ist es, dass seit letztem Jahr an einer Stelle das Baden in der Ruhr offiziell erlaubt ist. Der "Seaside Beach Baldeney" in Essen ist ein Lieblingsort von Nordrhein-Westfalen-Korrespondent Moritz Küpper.

Von Moritz Küpper |
    Menschen und Liegestühle am Ruhrstrand
    "Seaside Beach Baldeney" an der Ruhr (Deutschlandradio/Moritz Küpper)
    "Hi." "Hallo." "3,50 bitte. Dank, Dir."
    "Seaside Beach Baldeney", heißt der Ort im Grünen, in Essen, mitten im Ruhrgebiet. Hier, unterhalb der berühmten Villa Hügel, in der einst die Familie Krupp residierte, direkt am Baldeneysee, kann man grillen, Kanufahren, Minigolfspielen oder durch einen Naturseilgarten klettern. Eltern mit ihren Kindern sind gekommen, in den Liegestühlen liegt eine Gruppe von Mädchen in der Sonne, ein paar Jungs kicken einen Ball umher und so ganz – das wird immer schnell deutlich – passe ich nicht hierhin: In Lederschuhen durch den Sand, im hellblauen Hemd in der prallen Sonne. Nur die Sonnenbrille und das Paket aus Badehose und Handtuch unterm Arm, sind kompatibel. Aber, egal. Denn: Hier, am Baldeneysee darf man in der Ruhr schwimmen. Ganz offiziell.
    "Ja, seit letztem Jahr ist ein Bereich bei uns zum Baden freigegeben. Das ist ein kleiner Schwimm-Bereich, der hat halt nur vier-, fünfhundert Quadratmeter Fläche."
    Holger Walterscheid, der Betreiber des Beachclubs sitzt in der Bar, den Rücken zum See.
    Badequalität wird überprüft
    "Dem ganzen ist ein Forschungsprojekt vorausgegangen, um die Wasserqualität halt über mehrere Jahre zu prüfen und daraus hat sich so ein Frühwarnsystem entwickelt, wie man Schwimmen halt in der Ruhr freigeben kann, weil die Ruhr ja früher und auch heute noch ein Industriefluss halt ist und man zum Teil auch gucken muss, wie es mit Starkregenereignissen und den Kläranlagen aussieht, aber da hat sich ein ganz gutes Frühwarnsystem entwickelt und – Konzept, so dass man an bestimmten Tagen das Schwimmen halt freigeben darf."
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Badepause an der Ruhr (Moritz Küpper, Deutschlandfunk)
    Wie heute – und das ist der Grund, weshalb sich eine Pause im Ruhrgebiet lohnt und weshalb – natürlich nur im Sommer – im Auto Badehose und Handtuch warten. Also, ab zum Wasser. Schuhe aus, Klamotten weg, rein in die Badehose – und ab in den größten der sechs Ruhrstauseen:
    Warm ist es – aber doch erfrischend. Und irgendwie sanft, das Wasser der Ruhr. Hinter der abgrenzenden Bojen-Kette, schwimmen Enten und ein Schiff vorbei.
    Das Ruhrgebiet im Wandel
    Es sind diese Momente, in denen mir immer wieder klar wird, wie sehr sich das Ruhrgebiet auch gewandelt hat. Klar, es ist fast überall bekannt, dass in diesem Jahr die letzten Steinkohlen-Zechen schließen, das Steigerlied wird nun noch in der Arena auf Schalke gesungen und die Flüsse des Ruhrgebiets sind keine Abwasser-Kloaken mehr. Als Kindergartenkind lebte ich mit meiner Familie in Dortmund, wir wohnten direkt an der Emscher, die die Frankfurter Allgemeine Zeitung die "Kloake des Ruhrgebiets" nannte. Ähnliches galt für die Ruhr. Und nun? Gibt es einen Beach-Club, lässt sich hier – ganz offiziell – schwimmen, hat die Ruhr nichts mehr mit jenem Image der Dreckskloake zu tun, das seit Jahrzehnten, mancherorts bis heute, gilt. Nun endet eben die Steinkohlenförderung, natürlich, es gibt – noch – Thyssenkrupp und andere Schwer-Industrie, aber: Es tut sich viel. Essen beispielsweise, war letztes Jahr, die Grüne Hauptstadt Europas. Holger Walterscheid lacht, als er das hört. Auch er hat Familie in Österreich, die nicht glauben will, dass man in der Ruhr schwimmen kann. Und auch ich komme lebend wieder heraus.
    Dennoch: Auch an der einzig erlaubten Stelle darf man nicht jeden Tag ins Wasser:
    "Ja, also sterbend wird da keiner von. Es ist halt der ganzen Sache geschuldet, dass es für alles Richtlinien gibt oder Richtwerte und wenn die halt überschritten sind, dann darf man halt nicht in die Ruhr zum Baden. Aber letztendlich ist das nur ein gewisser Schutz und: Insofern passt das."
    Raus in die Sommerfrische, rein in die Ruhr
    Gebadet wird jedoch auch anderswo: Vom Rudersteg in Essen-Kettwig lässt sich in die Ruhr springen, genauso wie an den wilden, also eher natürlichen Stellen des Flusses, wie in Witten beispielsweise, nahe der Autobahn. Erlaubt ist das aber nicht.
    "Natürlich passiert es auch an anderen Stellen, was auch wirklich verboten ist, auch da nochmal andere Gründe hat, weil es andere Strömungen und Schifffahrt und so weiter gibt. Aber wir merken das schon speziell an den heißen Tagen, die wir seit ein paar Wochen jetzt schon haben, dass die Leute das sehr gut annehmen. Viele wollen auch nicht unbedingt schwimmen, sondern die wollen dann einmal in die Ruhr halt hüpfen, um sich abzukühlen und legen sich dann wieder an den Strand."
    Bei mir geht es dann weiter, nach einem Moment voller Erfrischung, der mir aber auch immer wieder den Wandel einer ganzen Region zeigt.