"Es ist jetzt so beschlossen, und nun wird es auch so gemacht!"
Ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang 2015, das sich vor allem an die eigenen Parteifreunde in der Union richten sollte. Es führte dazu, dass der Bundestag im März desselben Jahres das Gesetz zur sogenannten Frauenquote, eigentlich Geschlechterquote, verabschiedet. Diese betrifft rund 100 Unternehmen in Deutschland, die börsennotiert und voll mitbestimmungspflichtig sind und mehr als 2.000 Mitarbeiter haben. Außerdem gilt sie nur für die Aufsichtsräte. Sobald dort ein Sitz frei wird, muss dieser mit dem jeweils unterrepräsentieren Geschlecht - im Moment also Frauen - nachbesetzt werden, bis die Quote von 30 Prozent erfüllt ist. 3.500 weitere Unternehmen mussten sich eine freiwillige Zielvorgabe setzen.
Die Quote zeigt Wirkung
Diese Quote für Aufsichtsräte sollte die Arbeitswelt für Frauen - so sehen es zumindest ihre Befürworter - etwas gerechter machen. Frauen in Führungsposition sind in Deutschland eher eine Seltenheit. Sie stoßen oft an die sogenannte gläserne Decke. Was die Quote auf jeden Fall schon mal bewirkt hat, meint Elke Holst, Forschungsdirektorin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: mehr Aufmerksamkeit für das Thema. Und sie habe auch praktische Auswirkungen:
"Zudem haben wir festgestellt in unserem Management-Barometer, dass der Anteil der Frauen in Unternehmen, die eine verbindliche Quote haben beziehungsweise ihr unterliegen, dass der Anteil der Frauen dort deutlich schneller gewachsen ist als bei den Unternehmen, die nicht einer Quote unterliegen."
"Zudem haben wir festgestellt in unserem Management-Barometer, dass der Anteil der Frauen in Unternehmen, die eine verbindliche Quote haben beziehungsweise ihr unterliegen, dass der Anteil der Frauen dort deutlich schneller gewachsen ist als bei den Unternehmen, die nicht einer Quote unterliegen."
Qualifizierte Frauen gibt es genug
Aber macht eine vom Staat verordnete Quote die Arbeitswelt wirklich gerechter? Nein, meint Oliver Stettes, Arbeitsmarktexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln:
"Das Interesse des Unternehmens ist ja, die Person in eine Führungsverantwortung hineinzubringen, die aus Sicht des Unternehmens dafür am besten geeignet ist - aus verschiedenen Gründen, und das ist der eigentliche Zweck. Und da stellt sich dann die Frage, was das Geschlecht an sich mit der Eignung für eine Führungsposition haben kann, nämlich aus unserer Sicht gar keine."
Die Zahlen des Bundesfamilienministeriums können jedoch auch anders interpretiert werden. Denn jetzt, wo es die Quote gibt, scheint es plötzlich auch mehr qualifizierte Frauen für Aufsichtsratsposten zu geben, die vorher keiner gefunden haben will: Alle 100 Unternehmen, die die Quote betrifft, haben im vergangenen Jahr frei werdende Plätze im Aufsichtsrat mit einer Frau besetzt - kein Unternehmen hat einen Stuhl leer lassen müssen, was die Konsequenz gewesen wäre, wenn tatsächlich, wie oft behauptet, keine Frau zur Verfügung gestanden hätte.
Immer noch weniger Chefinnen und weniger Geld
Aber ist Deutschland wirklich ein ungerechtes Land, was die Chancen von Frauen und Männern, was die Gleichberechtigung betrifft?
"Die rechtlichen Voraussetzungen sind in Deutschland natürlich gut für Frauen. Männer und Frauen sind gleichberechtigt, heißt es im Gesetz."
Allerdings: Gleichberechtigt laut Gesetz heißt noch nicht unbedingt Gleichberechtigung in der Realität. Nicht nur, dass Frauen nur in verschwindend geringer Zahl auf den Chefsesseln zu finden sind, sie verdienen auch weniger als Männer: 21 Prozent beträgt der sogenannte Gender Pay Gap, also die Lohnlücke. Bereinigt, also wenn unter anderem Teilzeit und auch die Tatsache, dass Berufe die Frauen oft ergreifen, schlechter bezahlt werden, berücksichtigt werden, beträgt diese Lücke immerhin noch rund sechs Prozent.
Beruf und Familie müssen für beide Geschlechter besser vereinbar sein
Aber woran liegt das, wenn Frauen und Männer an sich identische Voraussetzungen haben? Es sei hier ein traditionelles Muster zu beobachten, meint der Arbeitsmarktexperte vom Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft:
"Dass in der Tat Frauen auf Grund von familiären Gründen, insbesondere der Familiengründung, dann ihr berufliches Engagement zurückfahren im Vergleich zu Männern, und damit werden die Aussichten, später in Führungspositionen aufzurücken, auch schlechter."
Als ungerecht würde Stettes das aber nicht bezeichnen - denn die Entscheidung für ein Lebensmodell sei immer noch Privatsache und eine persönliche Entscheidung. Von daher verlangt er, und das hat er mit Elke Holst gemeinsam, bessere Möglichkeiten, um Familien und Beruf zu vereinen. Elke Holst reicht das nicht aus, um Chancengleichheit zu schaffen:
"Wenn es bestraft wird, dass jemand sich um die Kinder kümmert, wenn Kinder geboren werden, sprich auf der anderen Seite die Männer nicht die gleiche Verantwortung übernehmen, dann bleiben eben nur ein paar Jobs übrig, mit denen sich besonders gut Arbeit und Familie vereinbaren lassen. Würden Männer die gleiche Verantwortung haben wie die Frauen, sähe es auf dem Arbeitsmarkt auch anders aus".
Für sie spielt dabei auch eine Rolle, dass im gesellschaftlichen Leben die Gleichberechtigung noch nicht immer angekommen ist. Und das wirkt sich aus auf den Arbeitsmarkt aus, wo nun mal Männer oft in auf den Schlüsselpositionen sitzen.