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Sonderparteitag
SPD stimmt für Koalitionsverhandlungen mit der Union

Die SPD hat sich für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU ausgesprochen. Auf einem Sonderparteitag in Bonn stimmten 362 Delegierte mit Ja, 279 sprachen sich dagegen aus, es gab eine Enthaltung.

    Die Delegierten stimmen auf dem Sonderparteitag mit roten Stimmkarten ab.
    Der Sonderparteitag stimmte mit rund 56 Prozent für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. (dpa-Bildfunk / AP / Michael Probst)
    SPD-Chef Schulz zeigte sich nach der Abstimmung erleichtert. Im Fernsehsender Phoenix sagte Schulz, er habe auf dem Parteitag einen Wunsch nach zusammenhalt gespürt. Auf seine innerparteilichen Kritiker wolle er zugehen. Schulz kündigte an, in den kommenden Tagen mit CDU und CSU Kontakt aufzunehmen, um einen Zeitplan für die Verhandlungen für eine Große Koalition aufzustellen.
    Schulz-Rede mit freundlichem Applaus quittiert
    Zuvor hatte Schulz auf dem Parteitag seinen Kurswechsel weg von der Opposition und hin zu einer Regierungsbeteiligung erläutert. Zunächst habe der Auftrag für die Regierungsbildung bei anderen gelegen, daher sei die Entscheidung am Wahlabend richtig gewesen, eine Oppositionsrolle anzustreben. Das Scheitern der Gespräche von Union, Grünen und FDP zur Bildung einer sogenannten "Jamaika"-Koalition bezeichnete er als Wendepunkt. Zudem verteidigte Schulz das Sondierungsergebnis mit CDU und CSU. Vieles, das seine Partei im Wahlkampf versprochen habe, könne auf dieser Basis eingelöst werden. Die Delegierten reagierten verhalten auf die rund einstündige Rede ihres Parteivorsitzenden. Sie verabschiedeten Schulz mit einem kurzen Applaus und ohne standing ovations vom Rednerpult.
    Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz spricht am 21.01.2018 beim SPD-Sonderparteitag in Bonn (Nordrhein-Westfalen).
    Die Rede von Schulz war von den Delegierten mit mäßigen Applaus quittiert worden. (dpa-Bildfunk / Oliver Berg)
    Nahles bebt die Stimme
    Die Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Nahles, wandte sich mit einer emotionalen Rede an die Kritiker einer Neuauflage der Großen Koalition: "Wir geben doch die SPD nicht auf, wenn wir mit den anderen regieren", rief sie den Parteitagsdelegierten zu. Sie verspreche, in den Koalitionsgesprächen "zu verhandeln, bis es quietscht". Nicht versprechen jedoch könne sie, dass 100 Prozent der sozialdemokratischen Vorschläge durchgesetzt würden. Dennoch lohne es sich, mit der Union Gespräche zu führen.
    Die mehr als fünfstündige Debatte haben im Live-Blog begleitet. Hier finden Sie die wichtigsten Positionen und Zitate.
    Juso-Chef Kühnert wirbt für Opposition
    Widerstand gegen die Beteiligung der SPD an einer Großen Koalition kam vor allem aus den Reihen der Jusos. Der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation der SPD, Kühnert, sprach in seiner Rede von einer Endlosschleife, in der sich seine Partei befinde. Die Große Koalition habe sich zu einem "regierunggewordenen Sowohl-Als-Auch" entwickelt. Deshalb müsse sich die SPD erneuern. Er rief zum Abschluss seiner Rede den Delegierten zu: "Lasst uns heute ein Zwerg sein, um zukünftig vielleicht wieder Riese sein zu können."
    Der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert beim SPD-Sonderparteitag in Bonn  21.01.2018
    Der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert hatte sich nachdrücklich gegen eine Neuauflage der Großen Koalition ausgesprochen. (dpa/Kay Nietfeld)
    Abstimmung per Hand schwierig zu deuten
    Verzögerungen gab es bei der Verkündung des Abstimmungsergebnisses. Die Handzeichen konnten nicht eindeutig die Mehrheitsverhältnisse anzeigen, so dass Wahlhelfer die Reihen einzeln durchzählen mussten. Erst dann wurde klar: Rund 56 Prozent der Delegierten unterstützen den Kurs der Parteiführung, mit der Union in Koalitionsverhandlungen zu treten.
    (us/jcs)