Mögliche Koalition
Sondierungen von Union und SPD: Das sind die Knackpunkte bei den Beratungen

In Berlin haben CDU, CSU und SPD in einer ersten Runde über eine mögliche Regierungsbildung beraten. Ob es nach der Sondierung auch zu Koalitionsverhandlungen kommt, ist offen. Was sind die Knackpunkte? Was sind die großen Themen? Ein Überblick.

    Friedrich Merz (r), CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, und verschwommen dahinter Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern
    Union und SPD haben Sondierungen über eine Koalition begonnen - was sind die Knackpunkte? (picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow)

    Vertrauensbildung

    Das ganz große Thema der Sondierungen ist nach Einschätzung unserer Hauptstadt-Korrespondentin Katharina Hamberger der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen. Davon sei viel kaputtgegangen im Wahlkampf, zum einen wegen der Abstimmung der Union mit der AfD im Bundestag. Zum anderen habe zuletzt auch die Kleine Anfrage der Union zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen und Vereinen bei der SPD für Irritationen gesorgt. Insofern sei der gegenseitige Umgang miteinander sicherlich ein Knackpunkt bei den Sondierungen.

    Migrationspolitik

    CDU/CSU fordern eine deutliche Verschärfung der Migrationspolitik, was die SPD nicht grundsätzlich ablehnt. Allerdings will die Union zur Bekämpfung der irregulären Migration auch Zurückweisungen von Geflüchteten an den Landesgrenzen. Die SPD hat mehrfach betont, dass das aus ihrer Sicht weder mit dem Grundgesetz noch mit EU-Recht vereinbar ist. Zudem will die Union den Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten in bestimmten Fällen aussetzen - und zwar dann, wenn die Betroffenen kein Asyl bekommen haben, aber aus anderen Gründen vorerst in Deutschland bleiben können. Die Sozialdemokraten wollen den Nachzug dagegen weiter ermöglichen.

    Schuldenbremse und Sondervermögen

    Beide Seiten sind laut unserem Hauptstadtkorrespondenten Johannes Kuhn zwar davon überzeugt, dass mehr investiert werden muss. Klärungsbedarf gibt es aber bei der Frage, ob und wann dafür die Schuldenbremse im Grundgesetz gelockert werden müsste - ein Thema, das seit Monaten für Debatten sorgt. Intensiv diskutiert wird in Union und SPD zudem seit Wochen über ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr.
    Für beide Vorhaben wäre im Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Im scheidenden Bundestag wäre das mit CDU/CSU, SPD und Grünen möglich. Im ab dem 25. März tagenden Parlament ginge das aber nicht ohne die Linkspartei, die grundsätzlich gegen mehr Aufrüstung ist. CDU-Chef Merz hat seinerseits diese Woche eine Lockerung der Schuldenbremse noch im alten Bundestag bereits ausgeschlossen.
    Einigkeit besteht nach Einschätzung von Kuhn dagegen bei den Energiepreisen. So seien die Strompreise - insbesondere für die Industrie - aus Sicht von SPD und Union derzeit schlicht zu hoch.

    Bürgergeld

    CDU-Chef Friedrich Merz will "Totalverweigerern", die eine Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur ablehnen, die Bezüge komplett streichen. Dafür nimmt Merz auch Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Kauf. Den Begriff Bürgergeld will er abschaffen und durch "neue Grundsicherung" ersetzen. Die SPD hält hingegen am Bürgergeld fest. Sie will aber deutlich stärker auf die richtigen Arbeitsanreize, auf mehr Beratung und auf Kontrollen setzen, ob Arbeitsangebote auch wahrgenommen werden.

    Mindestlohn

    Die Union will den Mindestlohn von derzeit 12,82 Euro pro Stunde nicht über eine politische Entscheidung anheben. Die Lohnuntergrenze soll weiterhin die unabhängige Mindestlohnkommission regelmäßig anpassen, die sich aus den Sozialpartnern zusammensetzt. Die SPD fordert hingegen eine Anhebung auf 15 Euro spätestens ab 2026. In der SPD-geführten Ampel-Koalition war der Mindestlohn schon einmal durch einen politischen Beschluss auf zwölf Euro erhöht worden.

    Steuern

    CDU/CSU wollen die Unternehmenssteuern in mehreren Schritten auf maximal 25 Prozent senken, die SPD will Firmen hingegen durch Abschreibungen bei Investitionen unterstützen. Bei der Einkommensteuer strebt die Union eine Abflachung des Tarifs an und will die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz deutlich erhöhen. Außerdem soll der Soli komplett gestrichen werden. Die SPD will ihrerseits die Einkommensteuer für 95 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler senken, Top-Verdiener sollen jedoch einen höheren Beitrag leisten.

    Rente

    Die SPD will ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent des Durchschnittseinkommens dauerhaft garantieren. CDU/CSU wollen Rentenniveau und Beitragssatz laut Wahlprogramm "durch wirtschaftliches Wachstum" stabil halten. Im Wahlkampf hat die SPD Merz vorgeworfen, er nehme damit eine Kürzung der Renten in Kauf.

    Waffenlieferungen an die Ukraine

    Merz hat schon lange klar gemacht, dass er der Ukraine auch Taurus-Marschflugkörper mit großer Reichweite liefern würde. Die SPD lehnt das kategorisch ab, weil sie eine Eskalation im Konflikt mit Russland befürchtet. Ob die Frage aber in Koalitionsgesprächen eine Rolle spielt, ist angesichts der dynamischen Entwicklungen aufgrund des Vorstoßes von US-Präsident Donald Trump mit Kreml-Chef Wladimir Putin zu einer Beendigung des Konflikts fraglich.

    Klimapolitik

    Die Union will das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 "im Blick" behalten, verweist aber auf die Notwendigkeit des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die EU-Vorgaben zur Abkehr vom Verbrennungsmotor will sie ebenso wie das Heizungsgesetz der Ampel-Regierung abschaffen. Zudem erwägt sie einen Wiedereinstieg in die Nutzung der Atomkraft. Ein von der SPD gefordertes Klimageld zur Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern steht zwar nicht im Wahlprogramm der Union - Merz sprach sich aber kurz vor der Wahl dafür aus.

    Wahlrechtsreform

    Die Union will das von der Ampel-Regierung unter SPD-Führung reformierte Wahlrecht wieder ändern. Grund ist, dass bei der Wahl am vergangenen Sonntag 18 ihrer Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag kamen. Denn dies hängt aktuell davon ab, ob auf Landesebene die Direktmandate auch durch den Zeitstimmenanteil der Parteien gedeckt sind.
    (Mit Material von AFP)
    Diese Nachricht wurde am 28.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.