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Sondierungsgespräche
"Kompromisse sind für eine Demokratie notwendig"

Der Politikwissenschaftler Uwe Jun hat mit Blick auf die Jamaika-Sondierungen an die Kompromissbereitschaft der Parteien appelliert. CDU, CSU, FDP und Grüne sollten alles versuchen, um sich zu verständigen, sagte Jun im Dlf. Dabei dürfe "nichts nicht verhandelbar" sein.

Uwe Jun im Gespräch mit Petra Ensminger |
    Der Parteienforscher Uwe Jun vor einem Bücherregal in seinem Büro
    Sieht die Parteien in der Pflicht, Kompromisse zu finden: Uwe Jun (dpa /Birgit Reichert)
    "Es kann wohl kaum eine schwierigere Konstellation geben, als die Parteien, die sich nun als koalitionsfähig betrachten", erklärte der Politikwissenschaftler Uwe Jun im Dlf die Schwierigkeiten bei den Sondierungsgesprächen über eine Jamaika-Koalition, die am Sonntag fortgesetzt werden.
    Die Parteien hätten unterschiedliche Werte und Interessen und nähmen auch für sich in Anspruch, unterschiedliche Gruppen zu repräsentieren. Am Beispiel der Grünen und der CSU erläuterte er, wie schwierig eine Einigung gerade dann werde, wenn über Werte verhandelt wird: "Eigene Überzeugungen der Politiker sind nicht zu unterschätzen."
    "CSU spielt eine neue, bedeutsame Rolle"
    So seien die Grünen im Bereich von linksliberalen oder libertären Werten eine "Polpartei". Damit stünden sie im Gegensatz zur CSU, die sich als Hort des Konservativen verstehe und eher autoritäre Werte vertrete.
    Neu sei die Rolle der CSU in Koalitionsverhandlungen: Bislang habe diese immer die Schwesterpartei CDU verhandeln lassen und habe nur punktuell einzelne Themen hervorgehoben. Nun spiele die CSU zum ersten Mal eine sehr eigenständige und bedeutsame Rolle, was auch mit dem veränderten Verhältnis der Unionsparteien zusammenhänge.
    Der Politikwissenschaftler zeigte eine weitere Schwierigkeit auf: "Zum ersten Mal sind politische Akteure zusammengekommen, die bisher nicht zusammengearbeitet haben und sich als Wettbewerber verstehen."
    "Kompromisse haben eine negative Konnotation"
    Uwe Jun beobachte, dass Kompromisse mit einer negativen Konnotation versehen seien. "Wir leben aber in einer Demokratie und in einer Demokratie, die plural ist, ist der Kompromiss notwendig - er ist konstitutiv für die Demokratie."
    Gerade weil Haltungen und Interessen in der Gesellschaft sich weiter ausdifferenzierten, werde auch die Fähigkeit zum Kompromiss immer wichtiger
    Insofern sei die Verantwortung der verhandelnden Parteien groß, dass eine Regierung zustande komme. Nicht nur weil die Bevölkerung dies erwarte. Es sei auch ein Zeichen für eine funktionierende Demokratie, wenn die Regierungsbildung bei allen Schwierigkeiten auch gelinge.