Gegen Mitternacht hat CSU-Chef Horst Seehofer das Haus der Parlamentarischen Gesellschaft verlassen, in dem die möglichen Jamaika-Koalitionäre stundenlang über strittige Punkte diskutiert haben. Sein Fazit:
"Es ist gemischt, manches ist sehr gut gelaufen, manches ist noch problematisch, aber wir sind dafür da, auch das Problematische noch zu lösen und ich glaube, wir schaffen das!"
Noch ungelöst: Streitthema Verkehr
Um es zu schaffen, müssen CDU, CSU, FDP und Grüne allerdings rasch anziehen. Wenn sie den Zeitplan noch aufrechterhalten wollen, also bis Freitag ein belastbares Ergebnis für mögliche Koalitionsverhandlungen vorzulegen.
Vier Stunden lang haben die Sondierer über das Thema Verkehr gestritten. Doppelt so lange, wie geplant. So lange, dass der Tagesordnungspunkt Migration - ebenso ein großes Streitthema - weggefallen ist und erst heute Vormittag weiter verhandelt werden soll. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, woran das aus seiner Sicht lag.
"Es liegt ein Paket von Forderungen der Grünen auf den Tisch, die nicht erfüllbar sind, die allesamt mit Einschränkungen im Bereich der Mobilität zu tun haben und auf so einer Basis kann es in der Verkehrspolitik zu keiner Vereinbarung kommen."
Als Beispiel nannte Dobrindt etwa eine Erhöhung der Mineralölsteuer für Diesel. Die Grünen halten offenbar weiterhin an einem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor fest, auch wenn sie das Datum 2030 bereits aufgegeben haben. Ebenso strittig und damit verknüpft, wie die Klimaschutzziele zu erreichen sind.
Weitgehende Übereinstimmung beim Tierwohl
Besser als beim Thema Verkehr scheint es bei dem Punkt Agrar gelaufen zu sein. FDP-Chef Christian Lindner sagte, CSU und Grüne hätten sich jeweils in beeindruckender Weise bereit zur Brückenbildung gezeigt.
Bei der Landwirtschaft ist vor allem offen, wie mit der Finanzierung und den Subventionen umgegangen werden soll. Beim Tierwohl gibt es dagegen offenbar inhaltlich kaum mehr Differenzen. CDU-Vize Julia Klöckner sagte, man habe sich etwa bei der Frage des Tierwohllabels und bei der Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln geeinigt.
Im Laufe des Tages waren bereits einzelne kleine Fortschritte auch bei anderen Themen gemeldet worden. Beim Thema Familie: Das Kindergeld soll um 25 Euro pro Monat steigen, sofern es finanzierbar ist. Verbraucher können damit rechnen, dass sie bald von der Möglichkeit zu Musterfeststellungsklagen profitieren können. Ein solches Instrument war im Zuge des Abgas-Skandals besprochen worden. In der Innenpolitik soll unter anderem die Kontrolle der Geheimdienste verbessert werden. Auch punktuelle Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen soll möglich sein. Großer Knackpunkt hier weiterhin das Thema Vorratsdatenspeicherung.
Migration und Klima erstmal aufgeschoben
Dieses Thema dürfte, genau so wie die großen Themenblöcke Migration und Klima zur Chefsache werden, zu den Streitpunkten, die in letzter Sekunde von den Parteichefs, möglicherweise erst in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, ausgeräumt werden.
Ungeachtet der sich zögerlich gestaltenden Gespräche hält CDU-Generalsekretär Peter Tauber an dem Zeitplan fest, wie er in einem am Abend veröffentlichten Internetvideo mitteilte.
"Am Donnerstag Abend sollen die Sondierungsgespräche enden, aber damit endet nicht die politische Woche, zumindest nicht für die CDU, denn wir treffen uns am Freitag und Samstag hier in Berlin zu einer Klausurtagung des Bundesvorstandes, da wollen wir die Ergebnisse der Sondierungen bewerten und dann die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfehlen, das ist das Ziel."
Heute wird es neben dem Thema Migration auch um Europa, Finanzen und Klima gehen. Es verspricht erneut, ein langer Abend zu werden.