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Sonntäglicher Blutlass der Spitzensportler

Die Wiener Blutbank "Humanplasma" galt in Europa als erste Adresse für Blutdoping. In einem grauen 70er-Jahre-Bau, schräg gegenüber dem Franz-Josephs-Bahnhof, war der Sitz des Blutplasma-Spendezentrums.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Normalerweise verdienten sich vor allem Studenten und Auszubildende mit Blutspenden ein paar Euro dazu. An Sonntagen trafen sich dort Spitzensportler verschiedener Nationen zum Blutdoping. Bei den Ermittlungen nach dem Turiner Dopingskandal um die österreichischen Langläufer und Biathleten war der Name zum ersten Mal gefallen. Im November 2007 forderte der Ex-Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur, Richard Pound, den damaligen Sportstaatssekretär Reinhold Lopatka in Sachen "Humanplasma" zum Handeln auf. Der Geschäftsführer von "Humanplasma", Lothar Baumgarten, wollte die Vorgänge in seinem Haus nicht mitbekommen haben.

    "Es befinden sich keine Geräte im Haus, die eine Eigenblutproduktion, eine Eigenblutabnahme erlauben würde. Ich kann es ausschließen, dass das in diesen Räumen stattgefunden hat."

    Kenner der Dopingszene behaupteten vom Beginn der Affäre an das Gegenteil. Hunderte seien in das Institut gegangen, sagte ein finnischer Ex-Langlauftrainer. Und der frühere Sportstaatssekretär Karl Schweitzer wird in der Wochenzeitung "Die Zeit" zitiert, natürlich habe er von "Humanplasma" gewusst. Da seien ja alle dort gewesen. Spätestens mit dem Doping-Geständnis von Bernhard Kohl ist die Rolle von "Humanplasma" klar. Der ehemalige Radprofi beschreibt die Sonntagvormittage im Blutspendezentrum so.

    "Der Ablauf ist eigentlich ganz simpel. Da ist das 'Humanplasma'-Zentrum, gegenüber war ein Bahnhof mit einem McDonalds gewesen, und dort bei dem McDonalds war der Treffpunkt. Man ist dort abgeholt worden, dann in die Räumlichkeiten getreten, dort wurde dann das Blut abgenommen, wurde dann weiterverarbeitet, wurde dann eingefroren, und nach einer Stunde hat man dann das Gebäude wieder verlassen."

    Die Ermittler kamen trotz aller Hinweise in der Sache kaum weiter. Denn Blutdoping war zu diesem Zeitpunkt noch nicht Bestandteil des österreichischen Antidopinggesetzes. Kohls Anwalt Manfred Ainedter:

    "Die Geschichte hat ihren Ausgangspunkt bei 'Humanplasma'. Dort wurde Blutdoping betrieben. In weiterer Folge hat man auch seitens des Ski-Verbandes die Spuren dorthin geführt, weil man sie in Verdacht hatte. Nur ist eben nichts herausgekommen, weil Blutdoping vor August 2008 nicht strafbar war, deswegen hat es die Polizei und die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht interessiert."

    Nach den Vorfällen von Turin wurde das Eigenblutdoping bei "Humanplasma" abrupt eingestellt. Sportmanager Stefan Matschiner kaufte bei der Wiener Blutbank die Maschinen und übernahm das Blutdoping für die Sportler. Gegen alle Betroffenen wird jetzt von der Soko Doping ermittelt. Polizeisprecher Gerald Tatzgern sagte in diesem Frühjahr.

    "Ob es sich tatsächlich um ein Netzwerk handelt, kann ich auch nicht bestätigen. Aber richtig ist, dass wirklich eine zweistellige Zahl an Namen genannt worden sind, die vermutlich in diesen Handel und in diese Sache verwickelt sein könnten."