Wer war nicht dafür, zur EU-Wahl zu gehen? Medienmenschen haben regelrecht dazu aufgerufen - manche sehr originell, wie Jan Böhmermann und seine EU-Comedy-Kollegen mit einem aufwändig konstruierten Europasong. Auch Autorin und Moderatorin Sophie Passmann hat zum Beispiel bei Instagram dafür geworben. Sie hat sich dort auch mit dem EU-Shirt abgebildet. Eine sehr große Bewegung habe zur erhöhten Wahlbeteiligung beigetragen, sie sei mit ihren Aktionen Teil einer Welle gewesen und darin vielleicht ein Tropfen, so Passmann im Dlf.
"Europa ist mein Land"
Als SPD-Mitglied sei sie enttäuscht über das Abschneiden ihrer Partei, aber auch über die Reaktion der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles am Wahlabend. Die habe teilnahmslos gewirkt und so getan, als müsse man nichts tun. Passmann erwarte aber bei einem historisch schlechten Ergebnis, dass die Vorsitzende zerknirscht wirke. Ein Teil des Misserfolgs habe sicher mit der SPD selbst zu tun, aber die Partei leide derzeit auch sehr unter dem Zeitgeist, der den Grünen dagegen sehr entgegenkomme, sagte Passmann im Dlf.
Dass Katharina Barley auf dem SPD-Wahlplakat den Europa-Hoodie trage, finde sie eine gute Idee - bezeichnend sei vielmehr, dass Spitzenpolitiker anderer Fraktionen nachgezogen seien, um sich auf eine etwas jugendlichere Art und Weise zu zeigen. Aber ein Europa-Hoodie mache noch keine vernünftige Politik für junge Leute. Ihr eigener liege derzeit in der Schublade mit Schlafklamotten. Blau sei nicht ihre Farbe, aber Europa sei ihr Land.
Wir haben noch länger mit Sophie Passmann gesprochen -
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Den Hoodie zu tragen finde sie nicht inhaltsleer, so Passmann, sondern eine Form des emotionalen Wahlkampfs, die auch mal sein dürfe. Das Bekenntnis zu einer supranationalen Organisation zeige, dass man aktiv gegen Nationalismus sei.
Als Influencerin empfinde sie mit mehr Reichweite nicht mehr Verantwortung. Das Video von Rezo, der aufrief, weder CDU noch SPD noch AFD zu wählen, habe auf jeden Fall Einfluss auf die Europawahl gehabt. Dass Politik und Medien sich digitale Expertise bei Leuten wie ihm oder ihr holten, sei richtig. Denn die Entscheider und Entscheiderinnen würden sich in dem Punkt gerade nicht mit Ruhm bekleckern. Viele Erwachsene hätten weniger Ahnung von der EU als sie, die sollten entweder ein Buch lesen oder ihr zuhören oder sich auf der Alterarroganz ausruhen, aber alles gleichzeitig gehe nicht.
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