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Sorgenkind Buche

In den einzelnen Bundesländern werden in diesen Tagen die Waldzustandsberichte veröffentlicht, die früher weniger beschönigend "Waldschadensberichte" hießen. In den Bilanzen aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen Berlin und Brandenburg zeigt sich: Neben der Eiche bereitet vor allem die Buche Sorgen. Das Institut für Waldbau der Universität Göttingen widmet sich speziell diesem Baum bereits seit drei Jahren und hat insbesondere seine Reaktion auf längere Trockenperioden unter die Lupe genommen.

Von Maren Schibilsky |
    Andreas Bolte öffnet die schwere Eisentür zur Klimakammer. Dahinter wachsen unter hellem Kunstlicht 120 kleine Buchen in einen Meter hohen Plastikrohren, die mit Grobsand gefüllt sind. Die dreijährigen Bäume haben seit zwei Monaten kein Wasser bekommen. Und das ist bei einigen Pflanzen deutlich sichtbar.

    " Wir haben hier relativ helle Blattverfärbungen, die daher rühren, dass die Blattzellen in diesem Bereich hier abgestorben sind. Diese Pflanze hat dadurch weniger Blattfläche und auch weniger Möglichkeit CO2 aufzunehmen, ganz einfach, weil natürlich ein Großteil der Blattorgane hier zerstört sind. "

    Andreas Bolte beschreibt ein Phänomen, dass immer mehr Buchen auch draußen in unseren Wäldern zeigen: Trockenstress.

    " Die Buche gilt allgemein als trockenstress- oder trockenheitsempfindliche Baumart, weil sie eben an gleichmäßig durchfeuchtete Standorte angepasst ist. Jetzt geht man davon aus, dass sich das Klima ändern wird und das vollzieht sich hauptsächlich darin, dass wir eine Zunahme von Extremereignissen haben könnten und dazu gehören auch längere Trockenphasen. Und die Frage ist, ob die Buche auch mit solchen längeren Trockenphasen zurechtkommen würde. "

    Dazu haben die Wissenschaftler erstmals Buchen aus 12 unterschiedlichen Regionen Europas von Ostpolen bis Nordwestdeutschland an die Universität Göttingen geholt, Regionen mit unterschiedlichen Niederschlagsmengen pro Hektar und Jahr. In Ostpolen sind es durchschnittlich gerade mal 600 Millimeter, in Nordwestdeutschland über 1000 Millimeter. In der Klimakammer des Instituts für Waldbau sollen die Buchen zeigen, wie sie intensive Trockenheit vertragen. Um das genau herauszufinden, hält der polnische Wissenschaftler Tomasz Czajkowski ein Messgerät, ein so genanntes Probometer, an ein Buchenblatt. Damit misst er, wie viel Wasser die Pflanze überhaupt noch über die Spaltöffnungen ihrer Blätter abgibt, das heißt, wie viel sie transpiriert, um wiederum CO2 über die Luft einzuatmen.

    " Eine Pflanze, die unter Trockenstress steht, macht die Spaltöffnungen zu, so dass das Wasser immer noch im Blatt ist und sie es nicht verliert. Die Pflanzen, die genügend Wasser haben, transpirieren entsprechend viel mehr Wasser. "

    Die Transpirationsrate einer Pflanze ist eine Messlatte für ihren Durst. Eine andere ist die so genannte Saugspannung. Die braucht die Pflanze, um über ihre Wurzeln Wasser und damit lebenswichtige Nährstoffe aus der Erde zu holen. Wie an einem Strohhalm zieht die Pflanze das Wasser nach oben bis zur Krone. Andreas Bolte:

    " Wenn das Wasser im Boden jetzt begrenzt ist durch eine längere Trockenphase entsteht eine immer größere Saugspannung. Und die Vorstellung ist eben, das die Buche irgendwann ab einer bestimmten Grenze diese Saugspannung nicht mehr aushalten kann, die Blätter dann kollabieren und die Pflanze beginnt abzusterben. "

    Soweit ist es mit den Buchen in der Klimakammer noch nicht. Tomasz Czajkowski schneidet ein grünes Buchenblatt ab, um die Saugspannung dieses Baumes zu bestimmten. Dazu wird das Blatt in eine kleine Druckkammer gespannt . Über einen Schlauch wird im Blatt dann Druck erzeugt. Kommt am Blattende Wasser heraus, ist die Saugspannung bestimmt. Tomasz Czajkowski.

    " Da herrscht immer Unterdruck. 15 bar entwickelt die Pflanze, um das Wasser aus dem Boden herauszuziehen. Diese Pflanze hier hat noch kein Wasserstress. Aber die anderen, die nicht soviel Wasser zur Verfügung haben, haben eine Blattsaugspannung von ungefähr bis 50 bar. "

    Auf diese Weise haben die Wissenschaftler in der Klimakammer, aber auch auf Versuchsflächen im Freiland herausgefunden, dass die ostpolnischen Buchen am besten mit langer Trockenheit klarkommen. Sie gehen effizienter mit Wasser um, transpirieren schwächer.

    Sollten in deutschen Wäldern künftig vor allem ostpolnische Buchen wachsen? Andreas Bolte:

    " Es ist zum einen jetzt angeraten, mit ersten Versuchsanbauten auch von eingeführten Buchen zu beginnen ohne natürlich über das Ziel hinauszuschießen. Generell das Verbreiten wäre sicherlich fahrlässig. "

    Doch einen Versuch ist es wert, gerade in extrem trockenen Regionen Deutschlands die ostpolnische Buche beim Waldumbau zu pflanzen. Bei der normalen Naturverjüngung im Wald raten die Wissenschaftler davon allerdings ab. Hier setzen sie auf Selektion: Die stärksten Buchen setzen sich durch und werden sich anpassen. Auch an lange Trockenheit.