Die Entlassungsankündigung geht aus einer internen E-Mail sowie aus Äußerungen von Mitarbeitenden hervor, die die Entscheidung als schmerzhaft und unerwartet bezeichnen. Die Kürzungen in Europa wären ein historischer Bruch mit Soros‘ Einsatz für die Zivilgesellschaft durch Bildung, Menschenrechtsarbeit und Politikforschung, wie der Investor sie vor mehr als 30 Jahren in seiner Heimat Ungarn begonnen hat.
Der strategische Kurswechsel fällt zusammen mit einer Ankündigung von Soros‘ Sohn Alex, auf ein neues Geschäftsmodell umzusteigen. Es war der erste größere Schritt, seit Alex Soros im Dezember den Chefposten der milliardenschweren Stiftung übernommen hat. Empfängern von Fördermitteln in Europa wurde nach eigenen Angaben der geplante Strategiewechsel der Open-Society-Stiftungen (OSF) nicht direkt kommuniziert.
"Die Open Society Foundations ändern ihre Arbeitsweise, aber meine Familie und OSF haben das europäische Projekt lange unterstützt und fühlen uns ihm auch weiterhin stark verpflichtet", erklärte Alex Soros in einer Mitteilung. Von der Stiftung hieß es, man werde "die Förderung der Demokratie und den Kampf gegen Autoritarismus in Europa und den zivilgesellschaftlichen Sektor, der unverzichtbar ist für diese Ziele", weiter unterstützen.
Organisationen warnen: Rückzug aus Europa wäre Fehler
Geförderte Organisationen beklagten, eine Streichung der Unterstützung für Menschenrechte, politische Teilhabe oder digitalen Schutz in der Europäischen Union wäre ein strategischer Fehler. "Wir sind hier vermutlich mehrere Hundert Gruppen in Europa und wir haben keine Ahnung, wie diese Entscheidung zustande kam", sagte Márta Pardavi, Co-Vorsitzende der Ungarischen Helsinki-Komitees. Die Menschenrechtsgruppe wird seit langem von OFS gefördert. "Wenn wir uns die Europäische Union anschauen, sehen wir keine Rechtfertigung dafür, die Unterstützung für Menschenrechte, Demokratie und Randgruppen zu verringern." Unter anderem der Krieg in der Ukraine, die Erosion der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen sowie die Wahl einer ultrarechten Regierung in Italien seien Gründe, die Zukunft der Demokratie in Europa infrage zu stellen, betonte Pardavi.
In einer E-Mail von Thorsten Klassen, Direktor des Berliner OSF-Büros, an die Belegschaft hieß es, "die beschlossene neue strategische Ausrichtung sieht einen Rückzug und eine Beendigung weiter Teile unserer derzeitigen Arbeit in der Europäischen Union vor". Ein Grund für den Richtungswechsel sei, dass die EU öffentliche Mittel für Menschenrechte und Pluralismus bereitgestellt habe und die OSF ihre Ressourcen anders nutzen wolle.
Die Stiftungen schlugen laut Mail vor, 80 Prozent der Beschäftigten in den Berliner Büros zu entlassen – vorbehaltlich der Verhandlungen mit den Gewerkschaften. In Brüssel sollen nach Angaben von Mitarbeitenden mindestens 60 Prozent der Belegschaft eine Kündigung erhalten sowie eine nicht bekannte Zahl in London. Im Januar hatte die OSF bereits ihrem Team in Barcelona angekündigt, dass das dortige Büro geschlossen werde. Die meisten Beschäftigten entschieden sich daraufhin, das Unternehmen zu verlassen. Abgeschlossen sein sollen alle Kündigungen bis Januar.
Diese Nachricht wurde am 27.08.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.