Das Publikum sitzt auf Drehstühlen mitten in dem von Bühnenbildner Bertz Neumann für diese Spielzeit zu einer U-förmigen Wohnlandschaft umgebauten Prater. Doch diesmal sind die meisten Zimmer mit Leinwänden verhängt. Auf die das, was hinter ihnen passiert, projiziert wird. Die Schauspieler sieht man kaum je live-haftig: dieser knapp zweistündige Abend ist zu 90 Prozent eine Videoshow. Die Darsteller kuscheln sich hinter den Leinwänden aneinander und hauchen ihre Texte in die Mikrophone. Die Kamera geht ganz dicht an die Gesichter und Münder heran, als solle das Verborgene und Verdrängte enthüllt werden. Gelegentlich wechseln sie die Positionen, und zuweilen überschütten sie sich mit Geldscheinen. Sonst aber reden sie unentwegt über das, was, damit dieser funktioniert, im real existierenden Kapitalismus keine wirklich genau analysierten Begriffe sind: nämlich Geld und Sex. Während der ausdrucksstarke Volker Spengler wenig mehr tut als seinen massigen Körper immer wieder vor die Kamera zu wuchten und seine Gesichtslandschaften von der Kamera durchforsten zu lassen, wirken die übrigen vier aufgedrehten Darsteller fast austauschbar. Dabei klingen die Frauen allesamt wie Kopien des diesmal nicht beteiligten Volksbühnenstars Sophie Rois. Insgesamt wirkt die Aufführung ebenso konsequent wie unendlich monoton. Nach kaum einer halben der zwei Aufführungsstunden hat René Pollesch alles gesagt: dann gibt es nur mehr gekreischte oder geflüsterte Wiederholungen.
Durch die schmalen, kaum zu variierenden Bühnenmittel von René Pollesch bleibt allerdings der sinnliche Gewinn auch seines neuen Rede- und Denkstückes mehr als gering. Zwar überzeugt es konzeptionell und intellektuell wieder. Trotzdem offenbarte die Bühnenkonstruktion, bei der man als Zuschauer auch jeden anderen Zuschauer im Blick hatte, ein bei Pollesch bekanntes Phänomen: viele der Kritikerkollegen, die stets Elogen auf Pollesch schreiben, dösten gelangweilt dahin. Aber nicht nur sie, auch das später einverständig applaudierende Publikum tat dies im Bewusstsein, dass man mit Polleschs angesagtem kritischen Theater voll im richtigen Trend liegt. Spaß muss es ja nicht immer machen.....?
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