"Anna Soubry" – "Will my right honourable friend agree that this is not what leave voters voted for."
Anna Soubry wurde es nach einer halben Stunde im britischen Parlament zu bunt. Was nun vom Brexit zu erwarten sei, sei doch wohl nicht das, wofür dessen Befürworter einst gestimmt hätten, sagte sie.
Bevor Premierministerin Theresa May zum EU-Gipfel nach Brüssel aufbrach, wo sie am Mittwochabend mit den anderen Staats- und Regierungschefs zusammentraf und den Brexit-Verhandlungsstand aus britischer Sicht darlegte – mal wieder ohne Durchbruch –, stellte sie sich in London den Fragen der Abgeordneten.
Auf den Bänken in Westminster wurde heftig debattiert, welche Handelsbeziehungen zur Europäischen Union möglich seien, wie die Grenze zwischen Nordirland und Irland aussehen solle und wie lange man eine von der EU angebotene Übergangsphase würde ertragen können, bis das Vereinigte Königreich die EU eines Tages wirklich hinter sich lässt. In dieses Hin und Her platzte Anna Soubry, die konservative Abgeordnete aus Broxtowe in Nottinghamshire, mit ihrer Kritik.
"They were told it would be the easiest deal in the history of trade deals."
Das neue Verhältnis mit der EU sei als das einfachste Abkommen in der Geschichte der Handelsabkommen verkauft worden.
"What we now see is complete chaos and a total mess."
Stattdessen herrsche absolutes Chaos, schimpfte Soubry und schloss mit der Forderung: Wenn Regierung und Parlament einen ordentlichen Ausstieg aus der EU nicht gewährleisten könnten, solle doch die Bevölkerung noch einmal befragt werden.
"Take it back to the people and have a people’s vote!"
Brexit-Befürworter lehnen erneute Abstimmung ab
Eine Minderheitenmeinung, die aber häufiger aufkommt in der letzten Zeit. Die Schwierigkeiten der Regierung, eine Brexit-Vereinbarung mit Brüssel zu treffen, trägt ebenso dazu bei wie die zunehmende Gewissheit, dass vieles, was die "Leave"-Kampagne versprochen hat, falsch war und dass die knappe Mehrheit für den Austritt aus der EU mit fragwürdigen und mitunter rechtswidrigen Methoden erkämpft wurde. Eine weitere Abstimmung soll dies, so hoffen die Kritiker, wieder geradebiegen. Die Antwort der Brexit-Befürworter und der Regierung darauf ist stets ähnlich:
"The people were given a vote. The people’s vote happened in 2016, and the people voted to leave."
Das Volk habe 2016 seine Abstimmung gehabt und für den Austritt gestimmt, erwiderte Premierministerin May im Unterhaus. Diese demokratische Entscheidung könne man nicht durch eine weitere Abstimmung missachten.
May und die Brexit-Befürworter verstricken sich hier allerdings in einen Widerspruch: Auf der einen Seite wird das Referendum als unumstößliche und bindende Entscheidung des Volkes dargestellt – was es rechtlich zumindest nicht war. Solch ein Referendum dient lediglich dazu, eine Meinung einzuholen.
Wenn aber auf der anderen Seite das Argument vorgebracht wird, dass Wahlrechtsverstöße die Gültigkeit der Brexit-Abstimmung infrage stellen könnten, wird eilig darauf verwiesen, dass das Referendum ja keine rechtsverbindliche Wahl gewesen sei und somit auch nicht wegen möglicher Rechtsverstöße angezweifelt werden könne.
Bis heute gibt es Vorwürfe gegen das Brexit-Lager
Bis heute werden gegen das Brexit-Lager schwere Vorwürfe erhoben. Die Fälle, in denen die Rechtslage einigermaßen klar ist, sind noch die greifbarsten: Die beiden Austritts-Kampagnen sollen deutlich mehr als erlaubt für ihren Wahlkampf ausgegeben und diesen Überschuss auch noch verschleiert haben. So weit, so klar. Ein anderer Vorwurf aber wiegt noch schwerer: Das Brexit-Lager soll im großen Stil Daten missbraucht, Wähler manipuliert, gelogen und letztendlich den demokratischen Wahlprozess unterminiert haben.
Direkt gegenüber vom altehrwürdigen Westminster Palace liegt das Portcullis House, ein nüchterner Bürokomplex aus Stein und Stahl. Das Atrium wird von einem gewölbten Glasdach überspannt. Brunnen plätschern darunter, große Ficus-Bäume spenden Schatten. Hier haben viele Abgeordnete des britischen Unterhauses ihre Büros. Und hier tagt regelmäßig das Gremium, das eine Reihe dunkler Machenschaften rund um das Brexit-Referendum aufgedeckt hat: der Parlamentsausschuss für Digitales, Kultur, Medien und Sport.
Dessen Vorsitzender, der konservative Abgeordnete Damian Collins, und die anderen Mitglieder untersuchen hier seit einem Jahr, wie Desinformation und Fake News das Referendum beeinträchtigt haben – und mehr noch, wie sie vieles von dem bedrohen, worauf eine demokratisch verfasste Gesellschaft fußt.
"Was wir uns ansehen ist, wie Informationen und Nachrichten online verbreitet werden, und welche Rolle Daten dabei spielen."
Damian Collins und seine Kollegen haben in bislang 20 Anhörungen 61 Zeugen mit insgesamt 3.500 Fragen gelöchert. Ihren Abschlussbericht mit konkreten Empfehlungen an die Politik wollen sie noch in diesem Monat veröffentlichen. Bereits in ihrem Zwischenbericht vom Ende Juli kommen sie zu dem Schluss, dass, so wörtlich, "die Demokratie und unsere Werte einer Reihe von Gefahren ausgesetzt sind".
Soziale Netzwerke für Propaganda genutzt
Die Ausschussmitglieder haben in stundenlangen Sitzungen und mit vielen hartnäckigen Fragen offengelegt, wie vor allem soziale Netzwerke wie Facebook genutzt wurden, um Falschmeldungen und Propaganda mit größtmöglichem Erfolg zu verbreiten. Dabei spielten die Analyse von Millionen Nutzerdaten ebenso eine Rolle wie die gezielte Ansprache von Menschen, die als besonders empfänglich galten.
"Es geht um die Art und Weise, wie Desinformation sich in Politik und Medien verbreiten kann, vor allem durch soziale Medien. Dabei geht es nicht um eine Wahl, sondern wahrscheinlich um die Einmischung in viele Wahlen, teils durch ausländische Akteure wie die Russen, teils durch Beratungsunternehmen. Ich glaube, dass wir uns nicht bewusst waren, wie ausgefeilt die Techniken sind und wie unsere Daten entwendet und benutzt werden können, um uns in politischen Kampagnen ins Visier zu nehmen", sagte Collins dem Fernsehsender Channel 4.
Vor allem die Nutzung sogenannter Dark Ads auf Facebook, übersetzt dunkle oder geheime Anzeigen, habe die Frage aufgeworfen, wie nutzerorientierte Online-Werbung mit den Anforderungen eines demokratischen Wahlkampfs in Einklang gebracht werden kann.
Dark Ads oder Dark Posts sind Anzeigen, die nur für den Absender und den nach bestimmten Kriterien definierten Empfänger sichtbar sind. Ein Facebook-Nutzer sieht sie inmitten von Nachrichten, Statusmeldungen von Freunden und anderen Meldungen, die auf seiner Facebook-Seite einlaufen. Für andere Betrachter sind sie aber nicht sichtbar. Die Absender solcher Dark Ads – wie die Strategen hinter den beiden Brexit-Kampagnen etwa – können also unterschiedliche Gruppen von Nutzern je nach ihren Vorlieben mit maßgeschneiderten Botschaften ansprechen.
"Ein Problem der Dark Ads ist, dass sie im Verborgenen bleiben und nur vom jeweiligen Empfänger gesehen werden. Dadurch konnten falsche Behauptungen aufgestellt werden, die sich sogar teilweise widersprochen haben. Es war sehr schwierig, das festzustellen oder sie mit anderen Aussagen zu vergleichen."
Sagt Martin Moore, der das Centre for the Study of Media, Communication and Power am King’s College in London leitet und untersucht hat, wie Wahlstrategen ihre Sicht der Dinge unters Volk bringen. Mehr als zwei Jahre nach dem Referendum von 2016 brachte der britische Parlamentsausschuss Facebook dazu, einige der verborgenen Anzeigen der Brexit-Befürworter offenzulegen.
Sie sind gespickt mit Halbwahrheiten und glatten Lügen über die Absichten der EU und die vermeintlichen Vorteile eines Austritts. Es sind Kuriositäten darunter wie das Gerücht, die EU wolle Teekessel verbieten. Auch die Behauptung, Großbritannien könne durch den Brexit 350 Millionen Pfund pro Woche sparen, taucht in unterschiedlicher Form auf. Nach wie vor sei noch nicht das ganze Ausmaß der Dark Ads bekannt, sagt Darren Lilleker, Kommunikationsexperte von der Bournemouth University.
"Wir kennen auch nicht alle Behauptungen, die in diesen Anzeigen aufgestellt wurden. Was wurde gesagt, in welchem Rahmen wurde es gesagt. Wurde die Grenze von dem erreicht, was wir Hate Speech nennen? Die Behauptung über angebliche Masseneinwanderung aus der Türkei etwa war höchst problematisch."
Rassistisch motivierte Falschinformationen
Vor allem diese rassistisch motivierten Falschinformationen stechen unter den veröffentlichten Dark Ads hervor, die Facebook zur Verfügung gestellt hat. Darunter die falsche Behauptung, dass die EU 76 Millionen Türken visafreie Einreise gewähre, illustriert mit einer Karte, auf der dicke rote Pfeile von der Türkei Richtung Großbritannien weisen.
Der Brexit-Stratege Dominic Cummings brüstete sich bereits vor zwei Jahren damit, dass die von ihm geleitete "Vote Leave"-Kampagne rund eine Milliarde solcher zielgerichteten Anzeigen versendet habe, vor allem in der letzten Woche vor der Abstimmung.
Medienforscher Martin Moore zufolge war es nicht das Ziel dieser Anzeigen, Wähler von Inhalten zu überzeugen. Es sei allein darum gegangen, diejenigen, die für potenzielle Brexit-Befürworter gehalten wurden, an die Urne zu bringen.
"Zentrales Ziel der Brexit-Kampagne war es, dafür zu sorgen, dass bestimmte Gruppen abstimmen, die sonst nicht unbedingt wählen gehen. Sie hatten eine Gruppe junger weißer Männer aus der Arbeiterschicht ausgemacht, die sich eigentlich nicht für Politik interessiert, aber eher für als gegen den Brexit ist."
Und diese Männer, so hatten die Brexit-Wahlkämpfer ihrer Datenanalyse entnommen, würden sich vor allem mit der Angst vor mehr Einwanderung, ihrer Furcht vor Souveränitätsverlust und ihrer Ablehnung hoher Zahlungen an die EU ködern lassen. Die einfache Antwort auf diese Ängste wurde in den Anzeigen oder den mit ihnen verlinkten Websites gleich mitgeliefert: Brexit.
Ob die Rechnung genauso aufging, lässt sich nicht sagen. Klar ist aber, dass drei Millionen mehr Wähler am Brexit-Referendum 2016 teilnahmen als an der Parlamentswahl im Jahr zuvor. Im Prinzip habe es die Möglichkeit, Wählerinnen und Wähler persönlich und diskret anzusprechen, immer schon gegeben, sagt Kommunikationsforscher Darren Lilleker. Neu sei aber unter anderem die Dimension, in der dies nun geschehe.
"Früher haben Wahlkämpfer an Türen geklopft. Da konnten sie auch erzählen, was sie wollten, ohne dass es eine mediale Kontrolle gegeben hätte. Aber das kann jetzt online passieren, mit einer viel größeren Zahl an Kontakten – und wiederum keiner Kontrolle dessen, was gesagt wird. Und womöglich verleihen die sozialen Medien Lügen eine größere Glaubwürdigkeit. Schließlich wurden sie veröffentlicht, also müssen sie wohl wahr sein."
Soziale Medien verleihen Lügen mehr Glaubwürdigkeit
Und es sei ausgesprochen schwierig, dieser massenhaften Beeinflussung von Wählern Einhalt zu gebieten, sagt Lilleker.
"Wie sorgen wir dafür, dieses Umfeld zu regulieren, wie halten wir Leute davon ab, Lügen zu verbreiten? Das Problem ist, dass jeder solche Anzeigen schalten kann. Und es kann wahr oder gelogen sein, das überprüft niemand, solange jemand zahlt."
Dark Ads sind kein alleiniges Phänomen des Brexit-Referendums. Schon bei der britischen Parlamentswahl 2015 setzten unter anderem die konservativen Tories sie im größeren Stil ein. Auch deutsche Parteien haben sich Anzeigen für besondere Zielgruppen zunutze gemacht, darunter die Grünen. Die aber sorgten dafür, dass ihre Dark Ads für andere überprüfbar sind, in dem sie alle geschalteten Anzeigen veröffentlichten.
Eine ähnliche Lösung hat nun Facebook eingeführt. Auf den Profilen politischer Gruppierungen sind mittlerweile alle Anzeigen abrufbar, die jene schalten, auch die Dark Ads. In Großbritannien sollen die Anzeigen künftig in einem Archiv veröffentlicht werden. Politische Akteure müssen zudem einen Identitätsnachweis erbringen. Auch soll offengelegt werden, wie viele Nutzer eine Anzeige gesehen haben und wie viel Geld dafür ausgegeben wurde. Großbritannien ist nach den USA und Brasilien das dritte Land, in dem diese neuen Regeln eingeführt werden.
Der Konzern kommt damit Forderungen unter anderem des Digital- und Medienausschusses im britischen Parlament nach, die Verbreitung solcher Botschaften stärker zu kontrollieren. Damit sei es allerdings nicht getan, sagt Martin Moore vom King’s College in London.
"Es gibt ein weiteres Problem: Diese Anzeigen sind auch undurchsichtig, weil es so viele von ihnen gibt. Wenn eine Kampagne nicht nur Tausende oder Millionen, sondern über eine Milliarde zielgerichteter Anzeigen aussendet, wird es schnell schwierig, sie zu vergleichen, zu verstehen, wer sie warum erhält und die Absender verantwortlich zu machen, wenn diese Anzeigen sich als falsch oder widersprüchlich herausstellen."
Masse erschwert Überprüfung der Botschaften
Diese Masse macht also eine Überprüfung der verbreiteten Botschaften schwierig. Mit der Veröffentlichung von Dark Ads ist auch ein anderes Problem noch nicht gelöst: das massenhafte Sammeln von Wählerdaten.
"Welcome to this further session of the digital, culture, media, sports select committee inquiring into disinformation and fake news."
Zu den Höhepunkten der Untersuchungen des britischen Parlamentsausschusses zu Fake News und Desinformation gehörten die Besuche von Alexander Nix – des ehemaligen Chefs des mittlerweile insolventen Datenanalyse-Unternehmens Cambridge Analytica.
Dreimal folgte Nix der Einladung, wie hier im Juni dieses Jahres. Da war der Skandal über die Auswertung von 87 Millionen Facebook-Nutzerdaten durch Cambridge Analytica und die Rolle der Firma bei den US-Präsidentschaftswahlen bereits ans Licht gekommen. Dank des Whistleblowers Christopher Wylie. Der beschuldigte auch das von der "Vote Leave"-Kampagne beschäftigte Unternehmen Aggregate IQ, mit Daten von Cambridge Analytica gearbeitet zu haben und eng mit dessen Mutterunternehmen zu kooperieren.
Nun stand der Brexit in Verbindung mit einem der größten Datenmissbrauchsskandale unserer Zeit und die britischen Parlamentarier wurden zu Ermittlern in einem Fall mit weltweiten Verflechtungen, ausländischer Einflussnahme und politischer Manipulation.
Prinzip der demokratischen Entscheidungsfindung bedroht
Dass Daten von Wählern massenhaft gesammelt und zahlungswilligen Wahlkämpfern zur Verfügung gestellt werden, bedroht nach Ansicht von Martin Moore das Prinzip demokratischer Entscheidungsfindung.
"Bisher haben die Wähler privat entschieden, welcher Kandidat oder welche Partei am ehesten zu ihren Vorstellungen passt. Dadurch, dass die Kampagnen nun massenweise Daten sammeln und bestimmte Wähler mit bestimmten Informationen verknüpfen, wissen sie mehr über die Wähler als die Wähler über sie."
Wie damit umgegangen werden soll, beschäftigt die Gesetzgeber weltweit. Das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz, kurz NetzDG, etwa verpflichtet Anbieter wie Facebook, Twitter oder Youtube, offensichtlich rechtswidrige Inhalte zu löschen – mit mittelmäßigem Erfolg. Die britische Regierung will die sozialen Netzwerke mit neuen Gesetzen ebenfalls verpflichten, ihren Umgang mit Daten zu ändern.
Forscher arbeiten aber auch an neuen Wegen, besser mit den Folgen von Datenauswertungen, Dark Ads und mehr oder weniger verdeckter politischer Einflussnahme im Internet umzugehen. Und dazu nutzen sie ihrerseits Daten.
"Mit all diesen Daten kann man natürlich, das ist unser tägliches Geschäft, versuchen, menschliches Verhalten zu verstehen und wenn man es verstanden hat, kann man auch versuchen, es vorherzusehen. Und das eröffnet natürlich eine ganze Menge Möglichkeiten für alle möglichen strategischen Akteure von werbeschaltenden Unternehmen bis hin zu politischen Akteuren."
Martin Emmer ist Professor am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin und Gründungsdirektor am Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft, dem sogenannten Deutschen Internet-Institut. Das erforscht, wie die Gesellschaft sich durch die Digitalisierung verändert. Was in letzter Zeit an Aktivitäten durch Unternehmen wie Facebook und Cambridge Analytica bekannt wurde, ist nach Emmers Ansicht nur der Anfang.
"Wir versuchen im Moment, in verschiedenen Projekten Methoden zu entwickeln, wie man Daten, Kommunikationsdaten besser auswerten kann, wie wir schneller zum Beispiel Themenkarrieren in der Öffentlichkeit nachvollziehen können."
Die Forscher wollen verstehen, wie sich Stimmungen und Meinungen im öffentlichen Diskurs durchsetzen, wenn sie durch das Internet beeinflusst werden. Als erstes markantes Beispiel für den Erfolg einer verdeckten Kommunikationsstrategie in Deutschland nennt Emmer die Krise in der Ukraine ab 2014.
Russland beeinflusste Stimmung im Ukraine-Konflikt
Politik und Medien seien zunächst davon überrascht worden, dass Verständnis und Parteinahme für das russische Vorgehen in der Ukraine in weiten Teilen der Öffentlichkeit immer mehr zunahmen. Erst langsam sei man dahinter gekommen, dass dies auch durch gezielte russische Einflussnahme in sozialen Netzwerken vorangetrieben wurde. Auf so etwas wollen die Wissenschaftler künftig besser vorbereitet sein.
"Da haben wir gerade ein großes Projekt, das vom Bundesforschungsministerium gefördert ist, wo wir im Bereich von Hate Speech versuchen wollen, mit selbstlernenden Algorithmen schneller zu erkennen, welche Formen von Hass, von Inzivilität auftauchen, um schneller und besser erklären zu können, wie solche Dynamiken zustande kommen und Wege zu finden, wie man damit in einem öffentlichen Diskurs besser umgehen kann."
Das Projekt soll auch Managern von Social-Media-Unternehmen dabei helfen, Hasskommentaren in ihren Kommentarspalten etwas entgegenzusetzen. Die Hoffnung ist, dass sich künftig in Echtzeit verfolgen lässt, wie bestimmte problematische Themen und Stimmungen im Netz stärker werden, bevor sie die Oberhand gewinnen. Auf den Schaden, der durch Falschmeldungen, Hassrede und Dark Ads beim Brexit-Referendum angerichtet wurde, hat das allerdings keinen Einfluss mehr.