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"Interview der Woche"
Soziologe Gudkov: Russische Opposition ist gescheitert - Land erwartet ausgedehnte Periode des Niedergangs

Der unabhängige russische Soziologe und Meinungsforscher Lev Gudkov sieht die Opposition in seinem Land als gescheitert an. Sie verkenne die Stimmung in der russischen Bevölkerung und sei nicht fähig, gemeinsam zu handeln.

    Lew Gudkow, russischer Soziologe, sitzt in seinem Moskauer Büro.
    Der russische Soziologe und Meinungsforscher Lew Gudkow (Archivbild). (Ulf Mauder / dpa / Ulf Mauder)
    Gudkov sagte im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks, innerhalb der russischen Bevölkerung wachse eine rückwartsgewandte totalitäre Stimmung. Die Regime-Gegner wollten diese Tatsache aber nicht hinnehmen, weil sie sonst ihr eigenes Scheitern eingestehen müssten. Der wissenschaftliche Leiter des Levada-Zentrums in Moskau bezweifelte zudem, dass Oppositionspolitiker Reformen im Land herbeiführen könnten.
    Gudkov erklärte die Unterstützung von deutlich über 70 Prozent der Befragten zum Krieg gegen die Ukraine mit der Angst vor einem Identitätsverlust. Der Großteil der russischen Bevölkerung knüpfe seine Identität an die Vorstellung, Teil einer Großmacht zu sein. Das entschädige die Menschen für ihre Armut, Perspektivlosigkeit und Schutzlosigkeit vor dem Staat.
    Gudkov, dessen Institut vom russischen Justizministerium als sogenannter Ausländischer Agent eingestuft wurde, rechnet nicht mit einem baldigen Kriegsende. Er prognostizierte vielmehr eine ausgedehnte "Periode des Niedergangs", die fünf bis sieben Jahre dauern könnte. Dies werde wesentlich von der westlichen Unterstützung der Ukraine mit Waffen und anderen Ressourcen abhängen.
    Der Deutschlandfunk sendet das Interview mit Lev Gudkov am Sonntag, 29.10.2023 um 11.05 Uhr. Sie können es hier nachhören.
    Diese Nachricht wurde am 28.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.