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Spahn (CDU): Bundesverfassungsgericht stärkt eigentlich die Ehe

Die steuerliche Gleichstellung von Ehe und gleichgeschlechtlicher Partnerschaft wird von Jens Spahn begrüßt. Entgegen vieler Stimmen in seiner Partei, sagt der CDU-Politiker, dass wegen der Gleichstellung, keine Ehe weniger geschlossen werde. Die Koalition solle das Urteil vor der Sommerpause umsetzen.

Jens Spahn im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Jasper Barenberg: Am Telefon begrüße ich den CDU-Bundestagsabgeordneten Jens Spahn. Einen schönen guten Tag!

    Jens Spahn: Guten Tag, hallo!

    Barenberg: Herr Spahn, wenn ich noch mal die letzten Worte unseres Korrespondenten aufnehmen darf: Die Union wird jetzt also auf den letzten Metern der Legislaturperiode auf den Pfad der Verfassungstreue zurückkehren. Wie groß schätzen Sie den Schaden, der jetzt schon angerichtet ist für die Union?

    Spahn: Die Union hat, wie insgesamt es in der deutschen Gesellschaft und Bevölkerung ja auch durchaus noch einen Diskussionsprozess gibt, die Diskussion in den letzten Monaten noch mal nachvollzogen, intensiv geführt. Ich bin da auch sehr dankbar für.
    Ich hätte vor fünf oder zehn Jahren nicht gedacht, dass etwa ein Bundesparteitag der CDU sich zweieinhalb Stunden Zeit nimmt, dieses Thema sachlich, fair, ausgewogen zu diskutieren, die Gleichstellung Homosexueller. Und so wie die Union hier auf einem Weg ist zu mehr Offenheit, sind das auch Teile der Gesellschaft, die bis jetzt vielleicht noch nicht erreicht worden sind. Auch das muss man ja sagen: Auch in der Bevölkerung gibt es noch Vorbehalte in manchen Bereichen, insbesondere bei Menschen, die jahrzehntelang es anders erfahren, kennengelernt haben. Deswegen tut diese Diskussion, dieser Prozess insgesamt gut, um auch die zu erreichen, die ein grüner Szene-Funktionär aus Köln vielleicht nicht erreicht.

    Barenberg: Alle anderen Parteien im Bundestag allerdings hätten gerne früher andere Beschlüsse gefasst und die Union war die Gruppe, die beiden Parteien, die da auf der Bremse gestanden haben. Wie fatal ist es denn aus Ihrer Sicht, dass der Eindruck entstanden ist, jetzt endgültig, dass sich die Union und dass sich damit auch die Koalition insgesamt vom Gericht in Karlsruhe treiben lassen muss, statt selber die Initiative zu ergreifen?

    Spahn: Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn wir proaktiv diese Regelung – dafür haben wir ja auch immer geworben, diejenigen, die für eine Gleichstellung in der Union sind -, dass wir proaktiv aus eigener Kraft diese Entscheidung im Deutschen Bundestag vorantreiben, auch als Wertedebatte im Übrigen.
    Es geht ja darum, dass zwei Menschen sich rechtlich verbindlich dauerhaft zueinander bekennen, einstehen füreinander in guten wie in schlechten Zeiten. Deswegen sage ich auch immer, diese Entscheidung stärkt eigentlich die Ehe und das Institut der Ehe als rechtlich verbindliche Form des Zusammenlebens. Es ist jetzt so, dass das Verfassungsgericht uns erst dazu bringen musste, aber ich finde, jetzt müssen wir auch Handlungsfähigkeit beweisen und das Urteil auch schnell noch vor der Sommerpause umsetzen.

    Barenberg: Lassen Sie mich noch mal kurz eingehen auf das Werteargument, das Sie gebracht haben. Mit dem haben Sie ja auch auf dem Parteitag geworben, auf dem am Ende aber die Gegner einer völligen Gleichstellung die Mehrheit bekommen haben. Wie bitter ist Ihnen das gewesen, dass dieses Argument nicht gezogen hat in der Partei?

    Spahn: Wir waren eine große Minderheit auf dem Parteitag. Das fand ich schon mal ein wichtiges, ein gutes Signal, weil es deutlich macht den Prozess innerhalb der Union und damit in der Gesellschaft. Ich finde es bis heute krude, dass einige argumentieren, die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften gefährde Ehe oder Familie. Das ist mit Verlaub Humbug. Es wird ja kein Kind weniger geboren und keine Ehe weniger geschlossen, nur weil gleichgeschlechtliche Partnerschaften gleichgestellt werden. Sondern ich sage es noch einmal: Im Gegenteil stärkt es das Institut der Ehe, wenn auch gleichgeschlechtliche Partner danach streben, ja zueinander zu sagen. Und ich finde, als Union sollten wir stärker als bisher diese Wertedebatte genauso führen: Wie kann das, was uns wichtig ist, nämlich stabile Zweierbeziehungen als Basis der Gesellschaft, wie kann das im 21. Jahrhundert gestärkt werden? Denn wir sind eben nicht mehr in den 1950ern.

    Barenberg: Vermissen Sie in dieser Hinsicht auch ein klares Wort der Kanzlerin? Angela Merkel hat sich ja auf dem Parteitag dezidiert gegen ihre Vorstellungen ausgesprochen.

    Spahn: Ich bin sehr dankbar, dass die Parteivorsitzende, Angela Merkel, gesagt hat, wir wollen diese Debatte auf dem Parteitag führen, wir führen sie auch innerhalb der Union. Wir haben sie auch hier in der Fraktion anschließend noch mal geführt. Und ich sage noch einmal: Es ist für die Union – dem einen oder anderen mag das zu wenig sein, aber ich finde, man muss diesen Prozess auch mal anerkennen -, für die CDU und die CSU schon ein enormer Schritt und Schritte, die da in den letzten sechs, sieben, acht Monaten noch mal gelungen sind.
    Und ich sage auch noch mal: stellvertretend für auch Teile der Gesellschaft, die eben auch noch nicht so offen mit diesem Thema umgegangen sind. Wenn ich das mit etwas Humor sagen darf: Es hat sich in dieser Frage keine Partei so viel bewegt, gerade auch in den letzten Monaten, wie CDU und CSU, und das ist doch auch erst mal ein gutes Zeichen. Am Ende fällt das richtige Ergebnis und da stehen wir kurz davor.

    Barenberg: Vor allem die FDP drückt jetzt aufs Tempo. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger – wir haben das eben in dem Beitrag gehört – verlangt oder stellt in Aussicht oder hält für möglich jedenfalls, einen Gesetzentwurf, eine Entscheidung im Bundestag noch vor der Bundestagswahl im September. Sind Sie zuversichtlich, dass das gelingen kann, auch mit Blick auf die Widerstände und Debatten, von denen Sie gerade zurecht gesprochen haben?

    Spahn: Wir werden morgen Früh eine Sondersitzung der Fraktion zu diesem Thema haben. Das ist, finde ich, erst mal ein gutes Zeichen, denn es zeigt ja, dass wir darüber diskutieren wollen, wie wir jetzt mit diesem Urteil umgehen.
    Und ich werde sehr dafür werben, mit vielen anderen, dass wir das jetzt tatsächlich als Koalition, Union und FDP, im Deutschen Bundestag zeitnah, zügig, noch vor der Sommerpause umsetzen, so wie es das Verfassungsgericht uns übrigens auch aufgegeben hat. Da steht "unverzüglich umzusetzen" im Urteil drin. Ich werbe dafür, dass das gelingt, und ich bin etwas optimistisch, dass das auch klappt.

    Barenberg: Aber sicher sind Sie sich nicht?

    Spahn: Ich kann ja der Debatte morgen in der Fraktion nicht vorgreifen. Wir werden morgen miteinander beraten, dann werden wir die Argumente einbringen und dann wissen wir morgen Früh, wie es weitergeht.

    Barenberg: Zum Schluss noch: Das Adoptionsrecht bleibt ja vorerst der letzte Bereich, der ausgeklammert ist. Wollen Sie auch das jetzt angehen?

    Spahn: Wir haben bei der Sukzessivadoption ja schon ein Urteil, wenn schon ein Elternteil, ein gleichgeschlechtliches, Kind adoptiert hatte. Das sollte man sicherlich zeitnah umsetzen. Bei der Volladoption, ist mein Eindruck, braucht es noch etwas mehr gesellschaftliche Debatte. Da hat ja auch etwa ein grüner Oberbürgermeister aus Tübingen gesagt, da tut er sich schwer mit.
    Das geht also durch die ganze Bevölkerung. Wenn es uns aber auch gelingt, auch bei der Debatte das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu rücken, wirklich vom Kind her zu denken, dann, glaube ich, kann man auch da viele Vorbehalte abbauen.

    Barenberg: Der CDU-Politiker Jens Spahn heute in den "Informationen am Mittag". Vielen Dank für das Gespräch, Herr Spahn.

    Spahn: Sehr gerne!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.