Kaum jemand sieht hin. Obwohl das spanische Fernsehen gerade über die anstehende Parlamentsdebatte berichtet. Mariano Rajoy will dabei versuchen, sich wieder zum Regierungschef wählen zu lassen. Hier in der Cafeteria vor dem Sitz der großen spanischen Gewerkschaft UGT scheint davon niemand viel zu erwarten, auch Santiago Ramírez nicht, er träufelt pürierte Tomate auf ein getoastetes Weißbrot und beklagt, dass sich seit Monaten nichts mehr bewegt:
"Das Land steht völlig still. Die Minister trauen sich nicht, auch nur einen Vertrag zu unterschreiben. Die Haushaltsmittel sind ja längst ausgegeben. Das Wichtigste wäre jetzt, dass wir einen Haushalt bekommen."
Ramírez ist der Betriebsratschef der UGT bei einem der großen spanischen Baukonzerne. Für den Bau der Strecke für Hochgeschwindigkeitszüge entlang der spanischen Mittelmeerküste, so berichtet er, wolle das Infrastrukturministerium keine neuen Abschnitte mehr in Auftrag geben, die längst genehmigten Arbeiten seien eingestellt worden. Auch Fernando Fernández, seit 18 Jahren Bauleiter beim selben Konzern, wartet auf Arbeit. Offiziell befindet er sich "auf Abruf". Die Auftragslage ist dünn, so entlässt der Konzern viele Beschäftigte zwar nicht, schickt sie aber trotzdem nach Hause:
"Seit 13 Monaten habe ich nichts zu tun und warte darauf, dass wir Aufträge bekommen. Nicht nur, dass es keine neuen Projekte gibt. Es wird auch nichts mehr repariert und ausgebessert. Die Autobahnen, Brücken oder Tunnel nicht, selbst die Zugstrecken nicht. Der Asphalt bekommt Risse, Straßenschilder sind im Dunkeln kaum noch zu erkennen, weil sie das Licht nicht reflektieren. Die Straßenbeleuchtung funktioniert nicht, nicht mal die Notruftelefone, weil die Verkabelung defekt ist. Für nichts gibt es Geld."
"Das Land steht völlig still. Die Minister trauen sich nicht, auch nur einen Vertrag zu unterschreiben. Die Haushaltsmittel sind ja längst ausgegeben. Das Wichtigste wäre jetzt, dass wir einen Haushalt bekommen."
Ramírez ist der Betriebsratschef der UGT bei einem der großen spanischen Baukonzerne. Für den Bau der Strecke für Hochgeschwindigkeitszüge entlang der spanischen Mittelmeerküste, so berichtet er, wolle das Infrastrukturministerium keine neuen Abschnitte mehr in Auftrag geben, die längst genehmigten Arbeiten seien eingestellt worden. Auch Fernando Fernández, seit 18 Jahren Bauleiter beim selben Konzern, wartet auf Arbeit. Offiziell befindet er sich "auf Abruf". Die Auftragslage ist dünn, so entlässt der Konzern viele Beschäftigte zwar nicht, schickt sie aber trotzdem nach Hause:
"Seit 13 Monaten habe ich nichts zu tun und warte darauf, dass wir Aufträge bekommen. Nicht nur, dass es keine neuen Projekte gibt. Es wird auch nichts mehr repariert und ausgebessert. Die Autobahnen, Brücken oder Tunnel nicht, selbst die Zugstrecken nicht. Der Asphalt bekommt Risse, Straßenschilder sind im Dunkeln kaum noch zu erkennen, weil sie das Licht nicht reflektieren. Die Straßenbeleuchtung funktioniert nicht, nicht mal die Notruftelefone, weil die Verkabelung defekt ist. Für nichts gibt es Geld."
Haushaltskürzungen führen zu Entlassungen
Zuletzt war der 42-Jährige im Straßenbau beschäftigt und arbeitete trotz der Haushaltskürzungen noch an Brücken und Busspuren entlang der großen Autobahn, die von Madrid nach Valencia führt. Doch nun ruhen die Baustellen, manche Brücke führt ins Nichts. Fernando nippt an seinem heißen Milchkaffee. Den kräftigen Bauarbeiter fröstelt es, er blickt auf die Straße. Es ist der erste kühle Morgen in Madrid seit Wochen:
"Wir müssen aus dieser Situation raus. Ich sitze nur zu Hause rum. Man hat den Eindruck, es geht überhaupt nicht vorwärts, sondern zurück. Mein Sohn versteht das alles nicht. Es ist wirklich nicht schön. Zum Glück bin ich bei einem großen Konzern. Trotzdem, wenn ich meinen Job nicht verlieren will, brauchen wir neue Projekte."
Dabei hat der Konzern wie alle Bauunternehmen in Spanien schon viele Arbeiter entlassen. Mehr als zwei Millionen Bauarbeiter waren 2007 noch in Spanien beschäftigt, heute haben nur noch rund 640.000 einen Job. Fernandos Arbeitgeber hat rund 200 Beschäftigte "auf Abruf" behalten, das sind zehn Prozent der Belegschaft in Spanien. Diese Leute sind besonders gut ausgebildet, sein Arbeitgeber wollte sie deshalb nicht verlieren, sagt Fernando. Er weiß aber auch: Wenn die Zeit ohne Regierung und Aufträge andauert, ist auch sein Job nicht mehr sicher:
"Natürlich fände ich es gut, wenn wir bald mal eine Regierung hätten. Damit es neue Verträge gibt. Das betrifft ja nicht nur uns, die wir derzeit zu Hause sitzen und auf Arbeit warten. Auch auf den bestehenden Baustellen ist es schlimmer geworden. Es gibt mehr Arbeitsunfälle, die Bezahlung wird schlechter, die Situation ist völlig prekär. Wir brauchen unbedingt eine Regierung. Volkspartei und Sozialisten hätten den Schlüssel dazu. Aber wir sehen ja, wie schwer eine Einigung ist."
"Wir müssen aus dieser Situation raus. Ich sitze nur zu Hause rum. Man hat den Eindruck, es geht überhaupt nicht vorwärts, sondern zurück. Mein Sohn versteht das alles nicht. Es ist wirklich nicht schön. Zum Glück bin ich bei einem großen Konzern. Trotzdem, wenn ich meinen Job nicht verlieren will, brauchen wir neue Projekte."
Dabei hat der Konzern wie alle Bauunternehmen in Spanien schon viele Arbeiter entlassen. Mehr als zwei Millionen Bauarbeiter waren 2007 noch in Spanien beschäftigt, heute haben nur noch rund 640.000 einen Job. Fernandos Arbeitgeber hat rund 200 Beschäftigte "auf Abruf" behalten, das sind zehn Prozent der Belegschaft in Spanien. Diese Leute sind besonders gut ausgebildet, sein Arbeitgeber wollte sie deshalb nicht verlieren, sagt Fernando. Er weiß aber auch: Wenn die Zeit ohne Regierung und Aufträge andauert, ist auch sein Job nicht mehr sicher:
"Natürlich fände ich es gut, wenn wir bald mal eine Regierung hätten. Damit es neue Verträge gibt. Das betrifft ja nicht nur uns, die wir derzeit zu Hause sitzen und auf Arbeit warten. Auch auf den bestehenden Baustellen ist es schlimmer geworden. Es gibt mehr Arbeitsunfälle, die Bezahlung wird schlechter, die Situation ist völlig prekär. Wir brauchen unbedingt eine Regierung. Volkspartei und Sozialisten hätten den Schlüssel dazu. Aber wir sehen ja, wie schwer eine Einigung ist."
"Wäre eine schlechte Regierung womöglich besser als gar keine?"
Eine Regierung der Volkspartei, gestützt von den Sozialisten – das ist nicht gerade der Traum des Familienvaters. "Aber wäre eine schlechte Regierung womöglich besser als gar keine?", fragt er und blickt dann auf die Talkrunde im Fernsehen. Rajoy wird in beiden Wahlgängen durchfallen, da ist sich Fernando sicher. Doch Betriebsratschef Santiago Ramírez hofft, dass sich Konservative und Sozialisten im Oktober doch noch einigen:
"Ein drittes Mal wählen, bei allem, was das kostet – während hier so viele Familien nicht einmal mehr Arbeitslosengeld bekommen – das wäre doch ein Wahnsinn. Die Volkspartei und die Sozialisten müssen sich verständigen. Rajoy wird nachgeben, Federn lassen müssen. Die müssen ja nicht vier Jahre zusammen regieren. Aber für wenigstens zwei Jahre brauchen wir eine Regierung. Zum Wohle des Landes."