Spanien
Spanischer Fußballverband kommt nicht zur Ruhe

Die spanische Regierung hat den krisengeschüttelten spanischen Fußballverband unter ihre Aufsicht gestellt. Das Problem: Sowohl die UEFA als auch der FIFA verbieten eine Einmischung staatlicher Organe. Droht Spanien jetzt das EM-Aus?

Von Julia Macher | 28.04.2024
Der Präsident den spanischen Fußballverbands Pedro Rocha (li,) und UEFA-Präsident Aleksander Ceferin stehen auf der Tribüne und schauen ein Frauen-Fußball-Länderspiel.
Die Ernennung von Pedro Rocha (li.) zum neuen RFEF-Boss könnte unangenehme Konsequenzen für den spanischen Fußballverband nach sich ziehen. Der Weltverband FIFA und Europas Dachverband UEFA sehe staatliche Einmischung nämlich gar nicht gerne. (dpa / picture alliance / Manu Reino)
“Meine Güte, das fehlt gerade noch“, stöhnt der Moderator eines der meist gehörten spanischen Sportprogramme. Der mögliche Ausschluss Spaniens von der Fußball-EM in zwei Monaten und anderen Wettbewerben, ein kaum vorstellbares Fiasko: „Das wäre eine Atombombe.“   
In einer gemeinsamen Erklärung haben Weltverband FIFA und der europäische Kontinentalverband UEFA angekündigt, genau zu überprüfen, ob die jetzt eingesetzte Kommission die Unabhängigkeit des Verbands gefährde.
Laut der spanischen Sportzeitung AS sind die Sorgen der UEFA dabei sehr viel größer als bei der FIFA. Die spanische Regierung und der spanische Verband sollen sich mit dem Weltverband abgestimmt haben. Aber real sei die Gefahr von Sanktionen durchaus, so AS-Chefredakteur Aritz Gabilondo auf CadenaSer:
“Die UEFA geht davon aus, dass diese staatliche Einmischung Folgen haben kann. Und die Europäer betonen, dass nicht unbedingt die FIFA Sanktionen verhängen muss, sondern auch sie dazu die Befugnis hätten: etwa, indem sie Spanien von der Teilnahme europäischer Wettbewerbe ausschließen – so, wie die UEFA das vor einigen Jahren mit Russland gemacht hat, lange bevor die FIFA dann Russland suspendierte.“
Montse Tome (l.), die neue Trainerin der spanischen Frauen-Fußballnationalmannschaft, posiert für ein Foto mit Pedro Rocha (r.), RFEF-Interimspräsident, während einer Pressekonferenz in Madrid.
Eigentlich sollte der Rubiales-Vertraute Pedro Rocha (re.) nur Interimspräsident des spanischen Fußballverbands sein. Das er jetzt zum Präsidenten gewählt wurde, ist für das spanische Sportministerium ein Problem. (dpa / picture alliance / Burak Akbulut)

Keine Intervention, nur eine "Betreuung"

Für die Fußballnation, die gemeinsam mit Portugal und Marokko die WM 2030 ausrichten will, wäre das ein Desaster. Sowohl der spanische Fußballverband wie auch der Nationale Sportrat schließen Sanktionen bisher aus. Und auch Beobachter sind sich uneins. Natalia Torrente, Redakteurin der Online-Zeitung Relevo.com hält eine Intervention für extrem unwahrscheinlich. Denn die staatliche Kommission, die in den nächsten Wochen die Geschicke des spanischen Verbands leiten soll, habe bisher weder bestätigte Mitglieder, noch konkret umrissene Aufgaben.
“Streng genommen handelt es nicht um eine Intervention, sondern um eine Art ‚Betreuung‘, die in den nächsten Monaten das Image des spanischen Fußballverbands verbessern soll. Nicht zufällig heißt die Kommission 'Kommission zur Normalisierung, Überwachung und Repräsentation.' Der Nationale Sportrat hätte zwar die Kompetenzen zu einer echten Intervention gehabt, hat darauf aber verzichtet, um keine Anzeige wegen Amtsmissbrauch zu riskieren. Deswegen hat er sich für diese Kompromissformel entschieden.“  

Rubiales-Nachfolger ist dem Sportministerium ein Dorn im Auge

Die Kompromissformel ist auch ein Versuch, die Dauer-Querelen zwischen Regierung und Verband zu beenden. Seit dem Rücktritt von Luis Rubiales führt sein Vertrauter Pedro Rocha kommissarisch die Geschäfte des spanischen Fußballverbands. Doch gegen Pedro Rocha wird wegen Geldwäsche und Korruption ermittelt. Dem Sportministerium ist er ein Dorn im Auge.
Es sei „undenkbar, dass der spanische Fußball von jemandem repräsentiert werde, gegen den ermittelt werde“, so der Direktor des Spanischen Sportrates kürzlich. Rocha bis zu den Neuwahlen im September noch im Amt zu akzeptieren sei, sei die Kröte gewesen, die die Regierung geschluckt habe, um ihre Normalisierungskommission durchzusetzen, so Torrente.

Pedro Rocha wird zum Problem

Doch der Deal scheint nicht ganz aufzugehen. Am Freitag ernannte der spanische Fußballverband Pedro Rocha offiziell zum Verbandspräsidenten. Anfang der Woche will er sein Team vorstellen. Eine gezielte Provokation, sagt Natalia Torrente:
“Die Proklamation von Rocha ist eine regelrechte Herausforderung an den Sportrat. Rocha wird jetzt nicht mehr tun, was die Regierung will. Er hat gesehen, dass der Nationale Sportsrat ihm den Rücken zugewandt hat, als er wegen der juristischen Vorwürfe Unterstützung hätte brauchen können. Mit einem rechtmäßig gewählten Präsidenten wären Neuwahlen im September nicht mehr nötig und die Argumentationsgrundlage für die Einführung einer Normalisierungskomission wird schmäler.“

Internationale Fußballverbände haben Spanien eine Frist eingeräumt

Im Dauerzwist zwischen Nationalem Sportrat und Fußballverbund liegt der Ball nun wieder beim Sportrat: Der könnte nächste Woche entscheiden, Rocha zu suspendieren. Doch das wäre eine weitere Eskalation, die vermutlich auch UEFA und FIFA vergrätzen würde.
Die internationalen Fußballverbände haben Spanien eine Frist eingeräumt. Bis Freitag muss der Sportrat Auskunft über die juristischen Grundlagen, die Zusammensetzung und die Kompetenzen der „Normalisierungskomission“ geben. Anschließend wollen die Verbände über mögliche Sanktionen entscheiden.