Unpolitisch sind die Fiestas in der Altstadt in Madrid nicht: Eine Kneipe hat ihre mit Chorizo, einer Paprika-Wurst, belegten Brote "Barcenas" genannt. Luis Barcenas war der Geschäftsführer der Volkspartei und ist in mehreren Korruptionsverfahren angeklagt.
"Das ist ein Betrüger und Dieb, und diese Lumpen nennen wir in Spanien Chorizo", erklärt ein Wirt und überreicht das politisierte Sandwich. Agitation auch bei der Eröffnung der Fiestas.
"Der Motor unserer Wirtschaft, der Tourismus, schikaniert uns. Darum haben wir uns organisiert. Wer sich nicht selbst organisiert, wird organisiert, steht auf unseren T-Shirts."
Angela Muñoz ist Reinigungskraft und steht auf der Bühne des Stadtteilfestes: "Hinter den falschen Sternen zweifelhafter Hotels versteckt sich heute die Ausbeutung. Unsere Arbeitsverhältnisse sind prekär, wir werden um die Sozialversicherung betrogen, uns werden Grundrechte verweigert, wir werden bedroht."
"In einem Monat komme ich auf zehn oder zwölf Verträge"
Das Publikum klatscht Beifall, mit prekären Jobs kennen sich die Spanier schließlich aus. Die Kellys, so nennt sich eine spanienweite Interessenvertretung von Reinigungskräften in Hotels, Angela Muñoz ist eine der Gründerinnen: "Ich arbeite je nach Auslastung des Hotels. Mal habe ich dann für drei Tage oder auch eine Woche zu tun. Dann habe ich zwei Tage keinen Arbeitsvertrag. In einem Monat komme ich gut auf zehn oder 12 Verträge. Ich habe aber auch mal drei Monate lang zu tun. So geht das seit einem Jahr. Das wirkt sich natürlich auf die Rentenversicherung aus, denn in den freien Tagen zahle ich ja auch keine Beiträge."
So wie Angela geht es vielen Spaniern. Jeder vierte Spanier hat nur einen befristeten Arbeitsvertrag, bei Hotels und Gaststätten sind es sogar fast 40 Prozent der Beschäftigten. Dort hat sich die Lage verschärft, seit die Hotels die Zimmerreinigung ausgelagert haben, erzählt Angelas Kollegin Eva Escolar: "2013 reduzierte unsere Kette die Zahl der Beschäftigten, 360 davon waren Reinigungskräfte. Die Frauen arbeiten aber weiter im Hotel, sind aber jetzt Angestellte einer Reinigungsfirma. Die Gehälter sind damit um 40 Prozent gesunken. Die Arbeitsverträge werden immer kürzer. Da beschwert sich natürlich auch niemand. Unter diesen Bedingungen ist es sehr schwer, sich gewerkschaftlich zu organisieren."
Die beiden Frauen betonen, nichts gegen den Tourismus zu haben. Allerdings sagt Eva: "Nach unserem Tarifvertrag verdiene ich in einem drei-Sterne-Hotel 1.200 Euros für acht Stunden Arbeit am Tag. Die Fremdfirmen zahlen oft nur 830 Euro, das ist der Mindestlohn. Im Augenblick machen wir 18 Zimmer am Tag. In den Fremdfirmen muss eine Reinigungskraft bis zu 30 Zimmer am Tag machen. Das geht natürlich nicht in acht Stunden, aber es wird bezahlt wie acht Stunden."
Harte körperliche Arbeit für wenig Geld
Bettenmachen im Akkord, für kleines Geld - es ist harte Arbeit. Eva und Angela berichten von Bandscheibenvorfällen und kraftlosen Handgelenken. Ergonomische Untersuchungen zufolge hebe eine Reinigungskraft beim Bettenmachen an jeder Ecke einer Matratze jedes mal zehn Kilo an. Derzeit verhandeln die Gewerkschaften darüber, die Tarifverträge für die Hotels auch auf die Fremdfirmen auszuweiten, aber Eva ist skeptisch: "Sie schlagen vor, allen 1.200 Euro zu zahlen. Aber das bringt nichts, wenn nicht auch die Arbeitszeiten angepasst werden. 1.200 Euro für 12 Stunden Arbeit am Tag ist nicht dasselbe wie für acht Stunden. Das ist eine Erpressung, wir sollen auf Rechte verzichten, bekommen dafür 1.200 Euro."
Eva und Angela betonen, über jeden Hotelgast froh zu sein. Viele Gäste seien höflich, andere ignorierten sie, aber das gehöre zum Job. Doch die Touristen sollten wissen, sagen die beiden Frauen: Von rund 100 Euro für eine Hotelnacht in Madrid erhalten die Zimmermädchen gerade einmal drei Euro. Immerhin: Zusätzliche Trinkgelder bleiben steuerfrei.