Seit 2006 untersucht Esteban Urreiztieta die Geschäftsgebaren von Iñaki Urgandarin, dem Schwiegersohn des spanischen Königs. Der investigativ arbeitende Journalist der Tageszeitung “El Mundo” fand damals die Summe von 1,2 Millionen Euro für einen viertägigen Kongress über Sport und Fremdenverkehr auf Mallorca ein bisschen viel. Fast acht Jahre später fasst der Journalist zusammen:
"Iñaki Urgandarin, Schwiegersohn des Königs, gründet 2004 eine Stiftung, das Instituto Nóos. Diese Stiftung organisiert Sportkongresse und nimmt von öffentlichen Verwaltungen und privaten Unternehmen in nur drei Jahren insgesamt rund 20 Millionen Euro ein. Dieses Geld dürfte eigentlich nur für die gemeinnützigen Zwecke der Stiftung verwendet werden. Statt dessen fließt es an eine zweite Gesellschaft, die Urgandarin und seiner Frau, Infantin Cristina, zu gleichen Teilen gehört. Diese Gesellschaft zahlt dann private Ausgaben des Ehepaars, eine Geburtstagsfeier ihrer Kinder, Reisen der Familie oder eine Renovierung ihres Palastes in Barcelona. Damit hat auch die Infantin Steuern hinterzogen und Geld gewaschen."
Das ist zumindest die Hypothese des Ermittlungsrichters, der sich des Falls angenommen hat. Eine Königstochter beschuldigt der Steuerhinterziehung und Geldwäsche - so etwas gab es in Spanien noch nie. So hat die Justiz mit der Vorladung als beschuldigte Zeugin lange gezögert. Zu lange, meint Journalist Urreiztieta:
"Jeder andere wäre sofort als Beschuldigter vorgeladen worden, wenn von ihm unterschriebene Dokumente im Zusammenhang mit einem Betrugsfall auftauchen. Nur die Infantin nicht. Das heißt, es sind eben nicht alle gleich vor dem Gesetz. Der Untersuchungsrichter erinnert nun daran, dass es im Falle der Infantin handfeste Beweise gibt: Dokumente, die nachweisen, dass sie sich ihren eigenen Palast selbst vermietet hat, dass sie mit Geld aus der Kasse persönliche Dinge bezahlt hat."
Der Krone droht weiterer Schaden
Allerdings: Ihr ebenfalls beschuldigter Ehemann Urgandarín beteuert, seine Frau tauche nur pro forma als Teilhaberin auf und habe keine aktive Rolle gespielt. Der Untersuchungsrichter hält das nicht für glaubwürdig. Doch bislang ist die Infantin nur beschuldigt. Damit darf sie als Zeugin die Aussage verweigern, etwa, um sich nicht selbst zu belasten. Ob es auch zu einer formalen Anklage kommt, ist weiter strittig. Die Staatsanwaltschaft ist gegen einen solchen Schritt - um die Krone vor einer weiteren Beschädigung zu schützen, glaubt Journalist Urreiztieta. Damit würde sie dem Ansehen der Königsfamilie jedoch noch viel mehr schaden, meint hingegen der Politologe Fernando Vallespín:
"Das Wichtigste wäre, jetzt zu sehen, ob es auch zu einer Verhandlung und einer Verurteilung kommt. Der Untersuchungsrichter behauptet jetzt, dass die Infantin von den Machenschaften ihres Mannes wusste und damit auch straffällig geworden ist. Aber der eigentlich Verantwortliche ist ihr Gatte. Für die Krone wäre fast besser, es käme zu einer Verurteilung. Das wäre ein Zeichen: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Aber es wäre auch so ein schwerer Schlag für ihr Prestige."
Schon jetzt sind die Umfragewerte für die Krone so schlecht wie noch nie. Mehr als die Hälfte der Spanier meint, König Juan Carlos sollte zugunsten Prinz Felipe abdanken, ergab eine repräsentative Umfrage der Tageszeitung “El Mundo”. Nicht einmal die Hälfte der Spanier halten die Monarchie überhaupt noch für die geeignete Staatsform. Doch das ist nicht alles Schuld von Infantin Cristina und ihrem Mann, meint Vallespín:
"Die Leute vertrauen überhaupt keiner Institution mehr, weder dem Parlament noch den Regionalverwaltungen oder den Kommunen. Sie sind überzeugt, dass alle Eliten von dem Wirtschaftsboom der letzten 20 Jahren profitiert haben und letztlich für die jetzige Krise der kleinen Leute verantwortlich sind. Das ist auch der Grund für das Misstrauen gegenüber der Monarchie. Ohne diesen Skandal wäre das Vertrauen in die Königsfamilie kaum höher."
Die Krone fordert unterdessen Klarheit, das langwierige Verfahren sei eine Folter, sagte am Wochenende ein Sprecher. Für ein zügiges Verfahren könnten allerdings auch die Königstochter und ihr Mann sorgen. Sie könnten zum Beispiel bei der Suche nach den mutmaßlich illegalen Einnahmen aus ihren Geschäften helfen, sagt der investigative Journalist Urreiztieta:
"Wir wissen viel von dem, was Iñaki Urgandarin und die Infantin Cristina da gemacht haben. Aber ein großer Teil des Geldes bleibt weiter verschwunden. Höchstens ein Drittel der Einnahmen ist aufgetaucht, in Finanzparadiesen wie Luxemburg, Andorra oder Belize. Auch der Rest wird im Ausland vermutet."