Spaniens Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santamaria verlas die vorläufigen Wahlergebnisse, als passten ihr die Zahlen nicht: So und so viele Millionen Stimmen für die Volksparteien, auch wenn noch nicht alle Zettel ausgewertet sind. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte vor der Wahl noch gewarnt, die Spanier sollten keine Experimente machen. Aber das war den Wählern offensichtlich ziemlich egal.
Die neuen Parteien sind die eigentlichen Gewinner
Zwar ist seine rechtskonservative Partido Popular mit mehr als 26 Prozentpunkten wieder stärkste Kraft geworden vor den Sozialisten. Aber die neuen Parteien in der spanischen Politlandschaft haben eigentlich die Wahl gewonnen. Denn die Hauptstadt Madrid wäre aus dem Stand beinahe an ein Bündnis aus alternativen Parteien gefallen - angeführt von der neuen Linkspartei Podemos.
In Barcelona ist tatsächlich ebenso aus dem Nichts die linksalternative "Barcelona En Comu" stärkste Kraft geworden. Ada Colau, die Spitzenkandidatin, die sich in Spanien und Katalonien einen Namen als Kämpferin gegen Zwangsversteigerungen gemacht hat, feiert ihren Triumph und sagt dann auch gleich: "Ich will Oberbürgermeisterin werden, denn hier hat David Goliath besiegt."
Konservativen in Spanien erleben zwiespältigen Wahlabend
Pablo Iglesias, der Generalsekretär von Podemos, sieht die Wahlergebnisse so: "Die großen Städte sind der Motor dieses grundsätzlichen politischen Wandels in Spanien. Hier beginnt das Ende des ewigen Zweiparteiensystems. Die großen Parteien, die immer an der Macht waren, haben eines der schlechtesten Ergebnisse ihrer Geschichte eingefahren."
Die Konservativen in Spanien erleben in der Tat einen zwiespältigen Wahlabend. Zwar werden sie landesweit gesehen eindeutig stärkste Kraft, müssen aber verglichen mit den Wahlen von vor vier Jahren erhebliche Verluste hinnehmen. Sie können zum Beispiel in keiner der Regionen, in der sie die Mehrheit der Wählerstimmen erreichen, auch eine absolute Mehrheit gewinnen. Das wäre so, als ob eine deutsche Volkspartei in mehreren Bundesländern die absolute Mehrheit hat, und sie zeitgleich an einem Tag verliert.
Probleme haben auch die Sozialisten
Ein echtes Problem scheinen inzwischen auch die Sozialisten zu haben. Deren Parteichef Pedro Sanchez, selbst kaum älter als Vierzig, hatte vor der Wahl noch um die jungen Wähler geworben, die aber scheinen scharenweise den Linksalternativen Parteien wie Podemos zuzulaufen - zumindest in den großen Städten. Einzig auf dem Land können die Sozialisten in klassischen Hochburgen punkten, kommen in Spaniens ärmster Region Extremadura wieder auf die meisten Stimmen und können die immer linke Hochburg Asturien für sich gewinnen. Spanienweit bringt ihnen das Platz zwei.
Und dann ist da ja auch noch Ciudadanos: Bürgerlich und liberal, aber völlig unbelastet von Korruptionsskandalen wird die Partei, die erstmals flächendeckend in Spanien angetreten ist, drittstärkste politische Kraft und voraussichtlich in vielen Kommunen und Regionen eine Schlüsselposition bei Koalitionen einnehmen. Fazit: Die zwei großen Volksparteien Partido Popular und die Sozialisten vereinigen immer noch die meisten Stimmen auf sich, aber die neuen Alternativen sind aus dem politischen Leben in Spanien jetzt nicht mehr wegzudenken.