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Spanien
Rajoy will über Griechenland-Hilfen debattieren

Ministerpräsident Mariano Rajoy wird nicht müde zu betonen, dass in Spanien eine Krise wie in Griechenland nicht möglich sei. Im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedsländern muss die spanische Regierung die neuen Hilfen für Griechenland nicht vom Parlament absegnen lassen. Rajoy will es trotzdem tun – mit politischem Kalkül.

Hans-Günter Kellner |
    Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy.
    Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy will über die Griechenland-Hilfe diskutieren. (afp / Dani Pozo)
    Auch im spanischen Fernsehen machten die Nachrichten gestern Abend mit Bildern von Molotow-Cocktails bei Demonstrationen in Athen auf. Chaos in Athen beschrieb wenige Stunden zuvor auch der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy im Parlament. "Die Unterstützung für Griechenland hatte erlaubt, dass die Wirtschaft wieder wuchs. Für 2015 erwartete man ein Wachstum von drei Prozent. Die Machtübernahme durch Syriza veränderte die Situation auf radikale Weise. Die neue Regierung wollte nicht nur das laufende Rettungsprogramm nicht erfüllen. Sie kündigte auch an, Reformen wieder rückgängig zu machen. Die dadurch ausgelöste Unsicherheit brachte die Wirtschaft zum Erliegen, eine massive Kapitalflucht setzte ein."
    Es sollte nicht die letzte Parlamentsdebatte zum Thema gewesen sein. Denn zur Überraschung der Abgeordneten kündigte Rajoy an: "Sehr geehrte Abgeordnete. Ich möchte die spanische Position zum neuen Rettungsprogramm für Griechenland einer Debatte in diesem Parlament unterziehen. Eigentlich ist dies nicht notwendig, aber es sind erhebliche Aufwendungen, die die spanischen Steuerzahler garantieren sollen."
    Rajoy: Mit Podemos Verhältnisse wie in Griechenland
    So muss das spanische Parlament wohl im August noch einmal zusammentreten. Doch schon gestern folgte eine hitzige Debatte. Oppositionsführer Pedro Sánchez warf Rajoy dabei vor, die spanische Version von Alexis Tsipras zu sein, weil auch er seine Wahlversprechen gebrochen habe. Rajoy beschuldigte Sánchez dagegen seinerseits, der Steigbügelhalter für die linkspopulistische Podemos zu sein.
    Um Podemos – die gegenwärtig gar nicht im Parlament vertreten ist – gehe es Rajoy letztlich, sagt auch der spanische Soziologe Ignacio Urquiju: "Rajoys Problem ist, dass die Wähler der Volkspartei bei den letzten Kommunal- und Regionalwahlen zu Hause geblieben sind und sie deshalb viel Macht verloren haben. Die Beteiligung war bei den konservativen Wählern viel niedriger als bei den linken. Rajoy versucht jetzt zu suggerieren, mit Podemos und den Sozialisten blühten den Spaniern Verhältnisse wie in Griechenland. Das ist seine Strategie."
    Denn die Bilder von geschlossenen Banken und Sparern, die um ihr Geld fürchten, sorgen auch in Spanien für Schrecken. Eine Steilvorlage für Spaniens Konservative lieferte zudem ausgerechnet der zurückgetretene griechische Finanzminister Yanis Varoufakis. Er sagte in einem Interview, er hoffe auf einen Wahlsieg von Podemos bei den spanischen Parlamentswahlen Ende des Jahres. Urquiju dazu: "Jeder Grieche, der jetzt Podemos unterstützt, wird beim gemäßigten spanischen Wähler für Panik sorgen. Als die Umfragen Podemos im November letzten Jahres mit 25 Prozent als stärkste Kraft sahen, hatte die Partei viele Sympathisanten bei Wählern aus dem politischen Zentrum. Jetzt liegt Podemos aber nur bei 15 bis 20 Prozent. Die gemäßigten Wähler verlassen Podemos, zurück bleiben die Linken."
    Soziologe Urquiju: Die Parteien müssen ihre Standpunkte erläutern
    Doch ohne die Stimmen aus dem Zentrum würde Podemos das selbst gesteckte Ziel verfehlen, stärkste Kraft zu werden. Eine Restrukturierung der Schulden oder gar ein Schuldenerlass seien für Spanien nicht notwendig, beschwichtigte darum schnell nach dem Varoufakis-Interview ein Podemos-Sprecher.
    Soziologe Urquiju meint, Rajoys Analogien zwischen der spanischen Linken und der griechischen Syriza seien übertrieben. Aber auch, wenn er die im August nun angestrebte Parlamentsdebatte zu Griechenland eher für ein Wahlkampfmanöver Rajoys hält, begrüßt er sie. "Spanien erlebt eine politische Krise gerade weil die Politiker ihre Entscheidungen nicht mehr begründen. Im Mai 2010 wurde plötzlich ein drastischer Sparkurs beschlossen. Die einzige Begründung des damaligen Regierungschef Zapatero war, dass es um das Beste für das Land gehe. Nichts wurde erklärt. Dann kam Rajoy an die Macht und machte genau das Gegenteil von dem, was er im Wahlkampf angekündigt hatte. Und auch er hat nichts erklärt. So geht es seit fünf Jahren. Die Rückkehr zu den Parlamentsdebatten ist wichtig, die Parteien müssen ihre Standpunkte erklären."