Archiv

Spanien und die ETA
"Zu lange am Terror festgehalten"

Mitglieder der baskischen Terrororganisation ETA sollen über ihre endgültige Auflösung abstimmen. Jahrzehntelang hatte die ETA mit Anschlägen und Attentaten für einen unabhängigen Baskenstaat gekämpft. Aber zu welchem Preis? Ein ETA-Opfer zieht Bilanz.

Von Hans-Günter Kellner |
    "ETA nein" auf Spanisch und auf Baskisch steht auf einem Aufkleber, der auf Kieselsteinen liegt
    Nein zur ETA sagen viele im Baskenland - auf Spanisch wie auf Baskisch (AFP)
    Solche Bilder gibt es häufig im Baskenland, so auch Mitte Februar in der Kleinstadt Andoain: Zwei ETA-Mitglieder kehren nach beendeter Haftstrafe in ihren Heimatort zurück. Anhänger feiern die Heimkehrer und fordern dabei die vorzeitige Freilassung aller ETA-Mitglieder aus den Gefängnissen. 300 verurteilte Terroristen sitzen dort noch ein. Eine Geste der Reue? Fehlanzeige. Dabei würden sich die Opfer der ETA so eine Geste wünschen, sagt der baskische Journalist Gorka Landaburu. Er verstehe, dass es der ETA schwer falle, Fehler einzugestehen. Es sei schließlich eine mehr als 40 Jahre lange Geschichte von Fehlern, sagt Gorka Landaburu. Er selbst hat 2001 einen Anschlag überlebt.
    "Sie sprechen von einer neuen Phase. Vom Ende des bewaffneten und dem Beginn des politischen Kampfs. Aber damit verkleiden sie nur mit schönen Worten die eigene Niederlage - für ihre Mitglieder in den Gefängnissen und ihre Anhänger. Aber in Wahrheit wissen sie, dass sie verloren haben - dank der Sicherheitsbehörden, der Justiz und vor allem dank der Mehrheit der Basken."
    "Alles bei der ETA passiert viel zu spät"
    Gorka Landaburu spricht von einem Dokument der ETA, über das die baskische Zeitung "Gara" berichtet hat. Dieses Dokument wolle die Organisation ihren Mitgliedern zur Abstimmung vorlegen. Werde der Vorschlag angenommen, "wird ETA nicht mehr existieren", heißt es darin wörtlich. Die Ankündigung kommt für Gorka Landaburu ein wenig spät. Er meint:
    "Alles bei der ETA passiert viel zu spät. Sie haben viel zu lange am Terror festgehalten. Auch die Übergabe der Waffen kam viel zu spät. Jetzt erleben wir den letzten Akt dieser Organisation. Ich schätze, außerhalb der Gefängnisse hat die ETA nicht mehr als 20 Mitglieder. Sie wissen nicht, wie sie halbwegs ehrenhaft sagen können: Es ist zu Ende."
    Noch immer 300 Mitglieder in Haft
    Zumal die Organisation keinerlei Zugeständnisse von der spanischen Regierung erwarten kann. Nicht einmal bessere Haftbedingungen für noch inhaftierte Mitglieder konnte die ETA mit der spanischen Regierung aushandeln. Über 300 sind in Gefängnissen in ganz Spanien verteilt. Journalist Gorka Landaburu findet, dass die Regierung Mariano Rajoy in diesem Punkt zu hart aufgetreten ist. Die ETA habe daraus ihren Nutzen ziehen können, findet er:
    "Diese Leute sagen einer Mutter eines Gefangenen: Komm mit uns mit, wir bezahlen Dir den Bus, damit Du Deinen Sohn in Sevilla besuchen kannst. Im Gegenzug kommst Du auf unsere Kundgebung am Freitag. - Ich kenne solche Fälle. Wenn die spanische Regierung den Gefangenen ins Baskenland verlegen würde, könnte die Mutter ihren Sohn zweimal in der Woche besuchen. Dann würde sie auch nicht zu diesen ETA-Demonstrationen gehen. Die Leute von der Volkspartei wissen das, aber am Ende ändert sich doch nichts am Strafvollzug."
    Der spanische Staat zeigt Härte
    Innenminister Juan Ignacio Zoido hält dennoch an der bisherigen Sicherheitspolitik fest. Die ETA-Häftlinge müssten ihre Taten bereuen und an der Aufklärung der Verbrechen mitwirken. Jegliches Entgegenkommen lehnt der Minister ab. Er sagt: So wie die ETA nichts erreicht habe, nur weil sie aufgehört habe zu töten, werde sie auch mit ihrer Auflösung nichts erreichen.
    Gorka Landaburu ist unterdessen längst in die Altstadt von San Sebastián zurückgekehrt, einst ein gefährliches Viertel für ETA-Gegner. Seine Leibwächter begleiten ihn dabei schon lange nicht mehr. Eine Rückkehr zur Gewalt hält er für ausgeschlossen.