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Spanien vor der Parlamentswahl
Sozialisten geben sich siegessicher

Zwar könnten laut Umfragen die regierenden Sozialisten die vorgezogene Parlamentswahl Ende April gewinnen. Für eine Mehrheit im Parlament würde es jedoch nicht reichen. Ministerpräsident Pedro Sanchez bräuchte die Unterstützung kleinerer Parteien und muss um jede Stimme kämpfen.

Von Hans-Günter Kellner |
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez (PIERRE-PHILIPPE MARCOU / AFP)
Die Aula Magna der Universität von Alicante ist voll besetzt. Pedro Sánchez macht mit Anhängern unzählige Selfies, bevor er auf die Bühne kommt. Der spanische Ministerpräsident ist selbstbewusst, will mit seinen Themen punkten.
"Wir stehen vor vielen Herausforderungen. Die Überalterung unserer Gesellschaft, die Nachhaltigkeit unseres Rentensystems, die Frage, wie den Reichtum gerecht verteilen. Wie erreichen wir eine echte Wissensgesellschaft, wie halten wir den Klimawandel auf? Wie erreichen wir die Gleichheit von Mann und Frau? Für all das brauchen wir politische Stabilität."
Auch im Callcenter von Metroscopia sind in Wahlkampfzeiten alle Stühle besetzt, Parteien und Medien wollen wissen, wen die Spanier am 28. April wählen. Leitender Soziologe des Meinungsforschungsinstituts ist José Pablo Ferrándiz.
"Sánchez wird die meisten Stimmen bekommen, da sind wir uns sicher. Als Regierungspartei haben die Sozialisten die Aufmerksamkeit der Medien. Sie haben Gesetze eingebracht, verabschieden immer noch Dekrete. Und die Spanier haben immer noch genug von der Volkspartei. Sánchez wird als der gesehen, der das Ende von Mariano Rajoy ermöglicht hat. Seither führt er die Umfragen an."
Pedro Sanchez profitiert von der guten Konjunktur
Dabei kommt die immer noch gute Konjunktur dem amtierenden Regierungschef gelegen. Schätzungen der Europäischen Union zufolge wird Spaniens Wirtschaft auch 2019 um mehr als zwei Prozent wachsen. Das hatte es Sánchez ermöglicht, für dieses Jahr einen Haushalt mit deutlich höheren Sozialausgaben vorzulegen. Auch wenn das Parlament den Haushalt abgelehnt hat, konnte er damit das Thema soziale Gerechtigkeit besetzen.
"Die meisten Wähler sind mit dem Haushaltsentwurf der Sozialisten einverstanden. Sogar die Stammwähler der konservativen Volkspartei. Der Konsens reicht vom Ende des Spardiktats über die Zunahme der staatlichen Investitionen bis zur Erhöhung des Mindestlohns. Das findet bei den meisten Bürgern Anklang."
Und noch ein Thema könnte wahlentscheidend werden. Pedro Sánchez spricht im Wahlkampf viel über Feminismus:
"Obwohl viele politische Initiativen zur Gleichstellung die Handschrift der linkspopulistischen Podemos tragen, wählen die Frauen lieber die Sozialisten. Wir wissen, dass Frauen weniger zu extremen Parteien tendieren. Pedro Sánchez hat hingegen ein Kabinett mit sehr vielen Ministerinnen gebildet. Dieser Feminismus ist jetzt ein Vorteil für die Sozialisten.
Auf Koalitionspartner angewiesen
So ist sich der Soziologe zwar sicher, dass Sánchez die Wahl gewinnt. Ob er aber damit auch im Amt bleiben kann, ist nicht gesagt. Die Wähler haben mindestens fünf Parteien zur Auswahl, ständig verschieben sich die Umfragewerte. Viele Spanier würden sich erst kurz vor der Wahl entscheiden, keine leichte Arbeit für Meinungsforscher, seufzt Ferrándiz:
"Die Koalition, mit der Sánchez Ministerpräsident wurde, könnte die Wahl gewinnen. Die Sozialisten würden innerhalb dieser Koalition starke Zugewinne verbuchen. Allerdings dürfen wir ja nicht vergessen, dass wir vorgezogene Parlamentswahlen haben, weil die katalanischen Separatisten den Haushalt von Pedro Sánchez nicht unterstützen wollten. Wenn Sánchez Ministerpräsident bleiben will, würde er aber wieder die Stimmen der Katalanen benötigen."