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Spaniens Diktatur
Das schwierige Franco-Gedenken

Der ehemalige Diktator Franco sorgt bis heute für Streit. Seine Grabstätte im Tal der Gefallenen in der Nähe von Madrid ist der Auslöser. Die spanische Regierung ist der Meinung, dass der Ort den Opfern des Franco-Regimes nicht gerecht wird. Sie möchte den Leichnam umbetten und die Gedenkstätte umgestalten.

Von Hans-Günter Kellner |
Das "Tal der Gefallenen" der Franco-Diktatur mit dem Grab Francos und des Gründers der faschistischen Bewegung Falange, José Antonio Primo de Rivera.
Das "Tal der Gefallenen" der Franco-Diktatur mit dem Grab Francos befindet sich ca. 50 km nördlich von Madrid. (imago/ZUMA Press)
Nostalgiker oder Faschisten – zum Todestag von Spaniens Ex-Diktator Francisco Franco am 20. November kommen sie jedes Jahr in das Tal der Gefallenen in den Bergen vor Madrid und bilden lange Fahrzeugkolonnen. Fahnen aus der Zeit des Regimes dürfen nicht gezeigt werden, warnt die Polizei, nicht jeder versteht das.
Spaniens Regierung findet, das Tal der Gefallenen dürfe nicht länger ein Wallfahrtsort für Franco-Anhänger sein. Auch Emilio Silva hofft, dass der Oberste Gerichtshof nun nach jahrelanger Debatte die Umbettung der Gebeine des ehemaligen Diktators gestattet. Er ist Mitbegründer der Vereinigung zur Wiedererlangung des Historischen Gedächtnisses.
"Das passiert sonst nirgends, nicht mit Mussolini in Italien, mit Salazar in Portugal oder mit Videla in Argentinien. So eine Huldigung an einen Diktator, an einem mit Steuern finanzierten Ort ist eine Herabwürdigung der Opfer. Zudem wäre es von enormer Symbolwirkung, wenn Spaniens Demokratie endlich selbst entscheiden könnte, was mit den Gebeinen Francos geschieht."
Tal der Gefallen trägt Francos Handschrift
Das spanische Parlament wollte die Angelegenheit schon 2017 erledigen und hat für eine Umbettung gestimmt. Doch die Familie des Ex-Diktators Franco wehrte sich vor Gericht. Die Umbettung wäre eine Störung der Totenruhe. Das findet auch der Benediktinerorden, dem das Kloster im Tal der Gefallenen gehört. Vor allem katholische Geistliche wiederholen immer wieder, das Tal der Gefallenen sei ein Ort der Versöhnung nach einem blutigen Bruderkampf. Emilio Silva sieht das ganz anders.
"Franco überwachte schon zu Lebzeiten den Bau der Basilika im Bergstollen. Er bestattete dort José Antonio, den Gründer der faschistischen Partei. An vielen Stellen ist Francos persönliches Wappen angebracht, als Zeichen für seinen Triumph, als wenn das der Palast eines Aristokraten wäre. Er sah sich als ein Retter Spaniens, in der Erbfolge der Katholischen Könige. Er wollte sich mit diesem Bau verewigen."
Unrechtmäßige Grabstätte der Opfer des Franco-Regimes
Auch viele Gebeine von Opfern des Franco-Regimes sind in das Tal der Gefallenen gebracht worden. In den 1950er Jahren, ohne die Angehörigen zu benachrichtigen. Emilio Silva ist Aktivist einer Bewegung, die im Auftrag der Angehörigen nach den Gebeinen von Opfern der Repression des Franco-Regimes sucht.
"In den letzten 15 Jahren haben zahlreiche Familien nach diesen Opfern des Regimes gesucht. Doch manche Mitglieder unserer Organisation haben bei der Öffnung dieser Gräber nicht mehr als ein paar Finger gefunden. Den Rest der Gebeine hatte das Regime ins Tal der Gefallenen verfrachtet. Ein Richter hat entschieden, dass die Familien ein Recht darauf haben, ihre Angehörigen im Tal der Gefallenen zu exhumieren und an einem anderen Ort zu bestatten. Aber bis heute ist dieses Urteil nicht vollzogen."
Francos Familie will eine neue Pilgerstätte in Madrid
So müssen die Angehörigen darum kämpfen, dass Francos Opfer aus dem Tal der Gefallenen in ihre Heimat umgebettet werden, während die Familie des Diktators vor Gericht einklagen will, dass er in seinem selbst errichteten Mausoleum bleibt.
"Ich denke, der Oberste Gerichtshof wird die Umbettung Francos gestatten. Allerdings glaube ich nicht, dass er sich in die Frage einmischen wird, wohin die Gebeine gebracht werden. Und die Familie möchte Franco ja in einem solchen Fall in der Familiengruft in der Kathedrale von Madrid bestatten."
Womit die spanische Regierung ein neues Problem hätte. Denn damit bekäme Franco eine neue Pilgerstätte mitten im Herzen der spanischen Hauptstadt.