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Spanischer Fußballpokal
Fans künden Widerstand gegen Turnier im Ausland an

Der spanische Supercup, das Spiel zwischen den Gewinnern der Meisterschaft und des Königspokals, soll künftig womöglich im Ausland ausgespielt werden. Angeblich verhandelt der spanische Fußballverband schon mit Saudi-Arabien, das dafür viel Geld zahlen würde. Die Fans sind empört.

Von Hans-Günter Kellner |
Luis Rubiales, Präsident des spanischen Fußballverbandes (RFEF), spricht 2018 auf der Hauptversammlung des Verbandes in Las Rozas in der Nähe von Madrid
Luis Rubiales, Präsident des spanischen Fußballverbandes (RFEF) (picture alliance / ZUMA Press / SOPA Images)
Die Hin- und Rückspiele im Königspokal sind allen Beteiligten im spanischen Fußball seit Jahren ein Ärgernis. Immerhin haben die Spieler eines Finalteinehmers in Spanien damit praktisch doppelt so viele Begegnungen im Pokal wie etwa die in Deutschland. So gab es großen Beifall für die Initiative des Verbands, die Spiele mit Ausnahme des Halbfinales künftig alle im K.O.-System auszutragen.
Doch dann meldete die Sportzeitung Marca, der Superpokal solle als Endrunde mit den beiden Erst- und Zweitplatzierten aus Liga und Pokal in Saudi-Arabien ausgetragen werden. Die Saudis wollten für die nächsten sechs Jahre 30 Millionen Euro pro Jahr zahlen. Verbandschef Luis Rubiales erklärte dazu bei einer Veranstaltung der Agentur Europa Press diese Woche:
"Das ist eine Möglichkeit. Die 30 Millionen, von denen die Rede ist, werden wir nur schwer erreichen. Wir wollen es versuchen. 30 Prozent davon sollen in unsere Jugendarbeit fließen. Saudi-Arabien ist eine von mehreren Optionen. Japan oder China, das sind zwölf bis 14 Stunden Flugzeit, in die USA, das sind acht bis 13 Stunden Flug.
Oder der Nahe Osten, das sind sechs Stunden. Dort beträgt die Zeitverschiebung auch nur zwei Stunden, was besser für die Anpassung der Spieler ist. Aber gut, erst mal müssen wir uns über das Format einigen."
Saudi-Arabien, Japan oder Miami
Das soll am Montag bei der Verbandstagung geschehen. Rubiales sagt, ihm gehe es vor allem um das Wohl der Spieler, daher auch sein Verweis auf die kürzeren Flugzeiten und die geringe Zeitverschiebung bei einer Austragung in Saudi-Arabien.
Auch David Aganzo von der Vereinigung der Fußballspieler betont, die Gesundheit der Spieler müsse bei einem neuen Format berücksichtigt werden, findet das Final-Four-Format aber auch attraktiver als den bisherigen Modus. Die Menschenrechtsproblematik kommt nur durch Nachhaken zur Sprache:
"Wir sind Menschen. Wir wissen, was in der Welt los ist. Was in Saudi-Arabien geschieht, ist nicht hinzunehmen. Aber gut, wir wissen ja noch nicht, wo der Supercup gespielt wird. Ich kann nicht sagen, ob ich einverstanden bin oder nicht, wenn der Austragungsort noch gar nicht feststeht. Es heißt in Saudi-Arabien, Japan oder Miami. Wenn der Verband uns alle Informationen gibt, können wir Spieler uns äußern."
Ob sich allerdings noch etwas ändern lässt, wenn die Entscheidung schon getroffen ist, ist zu bezweifeln. Emilio Abejón ist darum schon jetzt entrüstet. Er ist Sprecher des vereinsübergreifenden Fanforums Fasfe. Ihn stört schon, dass das Final Four überhaupt ins Ausland verkauft werden soll:
"Fußball ist mehr als nur Elf gegen Elf. Die Vereine haben eine gesellschaftliche und soziale Bedeutung. Die Fans werden nicht verstehen, wenn ihre Mannschaft Tausende von Kilometern reist, um dort ein einheimisches Turnier auszutragen, allein des Geldes wegen. An dem der Klub vielleicht auch nicht jede Saison teilnimmt. Ein Endspiel ist eine Party für die Anhänger, man fährt gemeinsam dorthin, man verbrüdert sich auch mit Fans des Gegners, das alles fehlt dann."
Kritik von Fanorganisationen
Zumal Rubiales bei seinen Überlegungen die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien offenbar völlig außer Acht lässt. Aus der Pressestelle des Verbands heißt es zwar, wenn in Saudi-Arabien gespielt würde, würde man darauf bestehen, dass auch Frauen ins Stadion dürften, doch der Fansprecher meint:
"Fifa-Chef Infantino war vor einem Jahr auch im Iran bei einem Spiel. Da forderte er auch, dass Frauen in die Stadien dürfen, vergeblich. Vielleicht könnte der Verband tatsächlich aushandeln, dass Frauen zu den spanischen Spielen in Saudi-Arabien zugelassen werden. Aber was wäre das für ein Erfolg, wenn sie im Rest des Jahres draußen bleiben müssen? Den spanischen Fußball mit der Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien in Verbindung zu bringen, ist ein großer Fehler."
Die Versuche, die Klubs der Primera División im Ausland gegen millionenhohe TV-Gebühren zu vermarkten, sind nicht neu. Auch der Ligavorsitzende Javier Tebas hatte schon versucht, Ligaspiele in den USA auszutragen. Zuschauer spielten in solchen Überlegungen nur noch als Kunden von Pay-TV-Sendern eine Rolle, meint Fansprecher Abejon:
"Der Ligavorsitzende Tebas sieht im Berufsfußball nicht mehr als eine reine Unterhaltungsindustrie. Er sagt, sein größter Wettbewerber ist Netflix. Wir sind Zuschauer, die den Sport im Stadion erleben wollen. Die Eintrittspreise und Spielzeiten schließen uns schon aus.
Wie kann man an einem Montag um 21 Uhr ein Spiel ansetzen? Wir denken, die Klubs sind gesellschaftliche und kulturelle Institutionen, die ihren Anhängern Rechenschaft schuldig sind. Den Fußball nur noch als Fernsehunterhaltung zu verkaufen, macht ihn langfristig kaputt."