Elf Frauen stehen am vergangenen Mittwoch vor der Botschaft von Saudi-Arabien in Madrid. Sie ziehen sich knallgelbe Fußball-Trikots an; alle haben dieselbe Rückennummer, die 600. Die Frauen sind Mitglieder von Amnesty International und die 600 ist die Zahl der Tage, die eine saudi-arabische Frau schon im Gefängnis sitzt: Loujain al-Hathloul.
Sie hatte sich für mehr Frauenrechte in dem autoritär geführten Land stark gemacht. Eva Suarez Llanos von Amnesty Spanien:
"Kein Sportereignis kann die Verletzung der Menschenrechte in diesem Land überdecken. Gut, Frauen dürfen sich nun ohne Erlaubnis ihrer Männer die Spiele des Supercups im Stadion anschauen. Aber das ein Tropfen auf den heißen Stein. Saudi-Arabien muss mehr tun und seine Versprechen erfüllen, nämlich für Gleichheit zwischen Frauen und Männern sorgen."
"Der Supercup ist ein weiteres Geschäft"
Nicht nur Menschenrechtsaktivisten kritisieren, dass das Turnier an Saudi-Arabien vergeben wurde. Die wohl berühmteste Frauen-Fußballnationalspielerin Spaniens, Vero Boquete, nennt das Land einen Unterdrückerstaat. Er müsse bestraft und nicht belohnt werden mit einer solchen Sportveranstaltung.
Kein negatives Wort dagegen von der spanischen Regierung. Ministerpräsident Sanchez sagte vor kurzem, dass er keine Meinung zu dem Thema habe und sowieso mehr Basketballer als Fußballer sei. Juan Castro, Reporter der Sportzeitung "Marca", wundert das überhaupt nicht.
"So gut wie jede Regierung Spaniens hat schon Geschäfte mit Saudi-Arabien gemacht. Waffenhandel, die Strecke eines spanischen Hochgeschwindkeitszugs wurde dort gebaut. Man will deshalb keinen Streit mit dem Land riskieren. Denn der Supercup ist ein weiteres Geschäft."
120 Millionen Euro für drei Jahre
Ein Geschäft mit dem Fußball, das der Journalist kritisch sieht. 120 Millionen Euro soll der spanische Fußballverband für diesen und die nächsten beiden Supercups kassieren - alle werden in Saudi-Arabien ausgerichtet.
"Wenn sie in Deutschland oder in Frankreich das Turnier spielen würden, würde es auch Kritik hageln. Es ist einfach ein Fehler, eine spanische Sportveranstaltung ins Ausland zu verlegen. Die eigenen Fans können sie so nicht genießen. Das Turnier hat jetzt einfach etwas Künstliches – nur um Geld zu machen."
Verbandschef Luis Rubiales gibt zu, dass für ihn das Geschäft eine Rolle spielt. Aber für Saudi-Arabien als Austragungsort spreche auch, dass die Zeitverschiebung zu Spanien nur zwei Stunden betrage. Das stresse die Spieler nicht allzu sehr. Außerdem verkauft Rubiales diesen Supercup als Mission: Das Turnier solle Saudi-Arabien transformieren.
"Wir haben eine Reihe sozialer Abkommen unterzeichnet. Das ist ein ambitionierter Plan, den wir zusammen mit dem saudischen Fußballverband starten. Die Idee ist zum Beispiel ein Frauenfußball-Wettbewerb in Saudi-Arabien, in den wir uns aktiv einbringen."
TV-Sender boykottieren die Veranstaltung
Rubiales hat den Supercup daher umgetitelt, er heißt jetzt offiziell "Cup der Gleichheit". Gemeint ist die Gleichheit zwischen Mann und Frau. Auch wenn sich das nach mehr als einem reinen Fußball-Geschäft anhört - die Skepsis in Spanien bleibt. Der staatliche Fernsehsender TVE will die Spiele nicht übertragen, aus politischen Gründen, wie es heißt.
Private Sender haben sich dieser Haltung angeschlossen. Die saudische Botschaft kritisiert diesen Schritt, der spanische Fußballverband ebenso. Sportreporter Juan Castro spricht von einem seltsamen Supercup diesem Jahr, auch die Stimmung sei schlecht. Er ist sich sicher, dass die Fans von Real Madrid einen Sieg ihres Clubs zur Abwechslung nicht feiern würden - an dem Ort, an dem sie eigentlich jeden Titel laut bejubeln: am Cibeles-Brunnen in Madrid.