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Spanischer Supercup in Saudi-Arabien
Geld geht vor

Die besten Fußballvereine Spaniens spielen gegeneinander. Im spanischen Supercup. So weit, so gut - wenn da nicht der Austragungsort wäre: Saudi-Arabien. Eine Glosse.

Von Jürgen Roth |
Der spanische Supercup 2020 findet in Saudi-Arabien statt.
Vor dem Halbfinale zwischen FC Barcelona und Atletico Madrid: Der spanische Supercup 2020 fand in Saudi-Arabien statt. (imago images / Agencia EFE)
Mal ganz was Neues. Ehrlich. Wirklich wahr. Kein Mensch auf unserer leicht verbeulten Erdkugel hätte sich das vorstellen können. Wahnsinn. Wahn-sinn! Niemand wäre darauf gekommen, was ein paar ausgesuchte und diesmal unter der Sonne Südeuropas gediehene Fußballfittis im Kainszeichen der seit Anfang des gar zu fortschrittlichen Millenniums allerorten bekrähten "Innovation" da ausgeheckt hatten. Da fliegt dir voll das Blech weg, Alder! Da guckst du aber!
Der spanische Fußballverband RFEF nämlich hatte beschlossen, den Supercup, die Supercopa de España, von 2020 bis 2022 nicht mehr auf dieser stinköden Halbinsel da unten, wo sie in den Straßen noch mit halbierten Orangen bolzen, sondern im an allen Fronten der Kulturentwicklung voranpreschenden Königreich Saudi-Arabien auszutragen, in einem Hort der Glückseligen, wo sich die Menschen, der Kasten- oder Klassenherrschaft seit langem ledig, Tag für Tag den Genüssen der Freiheit und der Sinne hingeben und dem Betrachten des Spiels der Spiele, des schönen Fußballs, schon aus Gründen der Tradition mit Passion und Hingabe frönen.
Mehr Geld, mehr Märkte
Und so kicken seit Mittwoch Real Madrid, der FC Barcelona, Atlético Madrid und der FC Valencia im King Abdullah Sports City Stadium in Dschidda in einem aufgeblasenen, deftig nach Fußballflatulenz duftenden Final-Four-Turnier um einen der allernichtigsten Vereinstitel der Welt. Wer hätte das gedacht! Was für ein scharfer Move der spanischen Ballallmächtigen! Was für ein Coup in der Geschichte des Fußballs!
Auf der Website der ARD-Sportschau pappt ein Photo, auf dem ein Scheich und der RFEF-Boß Luis Rubiales um die Wette glücklich dreinblicken. Dollars lächeln dich an. Vierzig Millionen Scheine flattern pro Jahr hinüber nach Hispanien. Gott, was für eine neue, was für eine geradezu geniale Idee! Mehr Geld, mehr, mehr Geld! Mehr Märkte, mehr, mehr Märkte!
Dummerweise berichtet das Fachmagazin 11 Freunde von einem "wahren Superflop", die ARD von einer "Farce". Den hyperglamourösen Superdupercup zwischen Sanddünen, Ölförderanlagen, Foltergefängnissen und Hinrichtungsstätten will - noch sind die Fans offenbar nicht vollends vernagelt und verloren - niemand sehen. Nicht mal insgesamt anderthalbtausend Karten waren im Vorverkauf weggegangen, und die spanischen TV-Sender boykottieren den, mit Verlaub, obszönen Dreck, der in einem Staat stattfindet, der Journalisten bestialisch meucheln läßt, der Frauen, die sich den ekelerregenden Mackern entgegenstellen, sexuell misshandelt, in Verliese wirft und zu Tode quält, und der nicht bloß den Fußball kauft, den gesinnungslose europäische Schmarotzer verraten, sondern weltweit religiösen Terror finanziert.
"Ich habe keine Meinung, ich bin Basketballer"
Die Frage ist im Grunde nur, welches Scheusal vom Kontinent der Aufklärung Europa das größere ist - der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez, wohlgemerkt ein Sozialist, der der Presse diktierte: "Ich habe keine Meinung, ich bin Basketballer"; oder der qua Katholizismus berufene Spitzenheuchler und Raffsack Luis Rubiales, der die unfaßbare Veranstaltung am Golf tatsächlich und wortwörtlich zum "Cup der Gleichheit" umwidmete, weil jetzt Frauen, die nicht dagegen aufbegehren, von ihren Männern ausgepeitscht zu werden, ins Stadion dürfen und der Fußball somit helfe, "das Land zu transformieren".
Derweil weilte der FC Bayern München erneut im Trainingslager im lieblichen Katar, und Karl-Heinz Rummenigge erzählte, ohne daß seine Omme purpurfarben anlief, die Anwesenheit seines Menschenrechtsklubs diene dem "Dialog", und der "verbessert Dinge".
Der spanische Soziologe César Rendueles spricht vom "kanaillenkapitalistischen Feuer", das dieser Welt das Verderben bringt. Selten war der Abscheu vor dem Fußballgeschäft größer.