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Sparen und trotzdem Steuern senken

An seinem Sparprogramm will Schatzkanzler George Osborne zwar nicht rütteln - der Spitzensteuersatz könnte jedoch fallen. Die Briten mit mittleren und niedrigen Einkommen müssen dagegen Sozialkürzungen und steigende Lebenshaltungskosten hinnehmen. Ein gefundenes Fressen für die Opposition.

Von Jochen Spengler |
    Wird George Osborne, der konservative britische Finanzminister, den Spitzensteuersatz senken? Von derzeit 50 Prozent auf 45 oder gar auf 40 Prozent? Für Einkommen über 150.000 Pfund, was derzeit etwa 180.000 Euro sind? Wird er das wirklich wagen und damit riskieren, dass die Konservativen wieder als Partei der Reichen da stünden?

    Und wie passte es zu seiner Ankündigung:

    "Meine Priorität ist es, Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zu helfen. Da wird der Schwerpunkt des Haushalts liegen. Wir wollen einen weiteren Schritt gehen, um diese Gruppen von der Einkommensteuer freizustellen, das haben wir schon mit einer Million Menschen geschafft und da liegen unsere Prioritäten."

    Vor allem der liberaldemokratische Koalitionspartner dringt auf soziale Gerechtigkeit und die Erhöhung des Freibetrags von 7400 auf 10.000 Pfund, ab dem man Einkommensteuern zahlt. Doch davon würden naturgemäß auch Gutverdiener profitieren. Denen will die Regierung nun beikommen, indem sie Steuerschlupflöcher schließt und Steuerentlastungen begrenzt. Vor allem aber will Osborne den Trick mancher Vermögender zunichtemachen, beim Kauf eines selbst genutzten Hauses die "stamp duty", eine Art Grunderwerbsteuer, zu umgehen, indem sie das Haus nicht selbst kaufen, sondern von einer im Ausland ansässigen Gesellschaft erwerben lassen.

    "Das ist völlig unakzeptabel. Wir werden dieser Praxis eine reinwürgen und solche Steuerhinterziehung ganz strikt unterbinden. Leute werden mit einer sehr empfindlichen Strafe rechnen müssen. Sie sind gewarnt worden. Sie müssen die 'stamp duty' zahlen für Häuser, in denen sie leben und wir werden dagegen im Haushalt sehr, sehr, sehr scharf vorgehen."

    Noch ist unklar, wie. Wie ernst man manche Privatisierungsplanspiele der Regierung nehmen muss – angefangen beim staatlichen Gesundheitssystem, über Polizeidienststellen bis hin zu Autobahnen – das ist ebenfalls noch nicht ausgemacht.

    Ed Balls, Schattenschatzkanzler, wie der finanzpolitische Sprecher der Labouropposition genannt wird, hält die Regierungspolitik für sozial ungerecht.

    "Familien mit kleinen oder mittleren Einkommen sehen, dass die Benzinpreise steigen, die Heizkosten, dass ihr Lebensstandard sinkt und die Jugendarbeitslosigkeit zunimmt. Die Idee, dass Osborne sagt: Priorität Nummer eins ist die Senkung des Spitzensteuersatzes für Einkommen über 150.000 Pfund, die kann doch nicht ernst gemeint sein. Auf welchem Planeten leben die?"

    Dabei steht den Briten das Schlimmster noch bevor: Erst zwölf Prozent der beschlossenen Sozialkürzungen sind in Kraft gesetzt – Finanzminister Osborne aber lässt an seiner Sparpolitik nicht rütteln.

    Deren Erfolge lassen indes auf sich warten, obwohl es zumindest nicht weiter bergab zu gehen scheint. Eine Rezession droht derzeit nicht. Doch die Inflation beläuft sich auf 3,4 Prozent und die Arbeitslosigkeit verharrt mit 2,7 Millionen auf einem 17-Jahre-Hoch.

    Balls: "Wo ist der Plan für Jobs und Wachstum? George Osborne hat vor einem Jahr gesagt: Ich werde Treibstoff in den Tank der britischen Wirtschaft füllen. Zwölf Monate später stehen wir auf der Standspur. Die Wirtschaft wächst nicht."

    Dafür wächst die Angst, auch Großbritannien könnte trotz aller Sparanstrengungen sein Triple-A-Kreditrating verlieren. Denn mangels Wachstum kommt der Defizitabbau weit langsamer voran als erhofft - der Schuldenberg wächst also.