Archiv

Bundeshaushalt
Proteste gegen geplante Sparmaßnahmen aus der Wissenschaft

Die Wissenschaft ist besorgt angesichts der geplanter Etatkürzungen für das laufende Haushaltsjahr. Die geplanten Kürzungen betreffen unter anderem Forschungsprojekte zu den gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie oder des Rechtsextremismus. Die Klagen darüber häufen sich.

Von Jürgen König |
    Der Plenarsaal des Bundestags: An der Wand hängt der Bundesadler, Abgeordnete sitzen auf den blauen Bundestagsstühlen.
    Im Herbst soll der Haushalt für 2023 vom Bundestag beschlossen werden (picture alliance/dpa/Michael Kappeler)
    Nach angekündigten Etatkürzungen schon für das laufende Haushaltsjahr zeigt sich die Wissenschaftsszene alarmiert. Der DAAD etwa bekam 2021 vom Außenministerium noch eine institutionelle Förderung von 204 Millionen Euro, schon in diesem Jahr sollen es nur noch 195 Millionen, im nächsten Jahr 191 Millionen Euro sein - so hat es das Bundeskabinett beschlossen.

    6.000 Stipendien gefährdet

    Bis zu 6.000 Stipendien müssten möglicherweise gestrichen werden, sagte der Präsident des DAAD, Joybrato Mukherjee, dem Deutschlandfunk - mit „dramatischen“, weil ganz grundlegenden Folgen:
     "Wenn unsere Top-Repräsentantinnen und -repräsentanten in Länder fahren, mit denen wir den Multilateralismus weiter gestalten wollen, in einer Welt, in der sich einige an überhaupt keine Spielregeln mehr halten, dann muss man wissen, dass das, was wir in der Wissenschaftspolitik, in der internationalen Förderung von Stipendiatinnen und Stipendiaten in der Wissenschaft eben tun: dass das die Basis ist für das Vertrauen, das wir langfristig schaffen."

    Einsparungen an Kultur- und Bildungspolitik ist "kurzsichtig"


    Bei der Alexander von Humboldt-Stiftung rechnet man mit Etatkürzungen von rund acht, beim Goethe-Institut von rund 10,5 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Dessen Generalsekretär Johannes Ebert, im Deutschlandfunk:

    "Ich halte Einsparungen an der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Moment für falsch, für kurzsichtig. Deutschland muss seine Rolle in der Welt neu definieren in dieser Situation. Und wir machen das, indem wir die Begegnungen zwischen Menschen, zwischen Gesellschaften fördern: das ist das Geflecht, das alles andere an staatlichen Beziehungen auch in schwierigen Zeiten trägt."
    Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, steht im Hinterhof vor dem Goethe-Institut in Berlin.
    Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts (picture alliance/ dpa / Fabian Sommer)
    Und auch beim Bundesministerium für Bildung und Forschung scheint es Sparpläne zu geben – was erstaunlich ist angesichts des kontinuierlich zur Schau gestellten Optimismus der Ministerin Bettina Stark-Watzinger, FDP. Noch in der Bundestagsdebatte am 2. Juni zum Haushaltsgesetz für das laufende Jahr hatte sie gesagt:

    "Pandemiebereinigt haben wir 2022 einen klaren Mittelaufwuchs. Und diese Richtung nach oben halten wir. Bis 2026 planen wir über vier Milliarden Euro mehr als die Vorgängerregierung ein, damit wir die Investitionen in Forschung und Entwicklung endlich auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2025 steigern. Wir halten unsere Zusagen, wir sorgen für Investitionen in die Zukunft."

    Klagen über geplante Kürzungen häufen sich

    Doch mittlerweile häufen sich Klagen über geplante Kürzungen für 2023 im Haushalt des BMBF. Auf der Homepage der Freien Universität Berlin etwa ist vom Ende der Finanzierung eines Forschungsprogramms zu „Dynamik und Wechselwirkungen von sozialen und ökologischen Systemen" die Rede, 30 Forschungsgruppen sind betroffen – eigentlich sollte das Programm noch zwei weitere Jahre finanziert werden. Auf die Proteste angesprochen, sagte eine Sprecherin des Bundesforschungsministeriums, einen Förderstopp gebe es nicht: das Haushaltsjahr 2023 sei von „besonderen Herausforderungen" bestimmt. Dass manche „Anschlussprojekte" nicht gefördert werden könnten, sei „den Rahmenbedingungen geschuldet, die sich aus dem Ukraine-Krieg und aus der Einhaltung der Schuldenbremse“ ergäben.
    Bundesfinanzminister Lindner, FDP. spricht im Bundestag.
    Bundesfinanzminister Christian Lindner, FDP (Britta Pedersen/dpa)
    Letzteres dürfte die Erklärung für sämtliche Kürzungspläne sein: Bundesfinanzminister Christian Lindner, ebenfalls FDP, dringt auf die Einhaltung der Schuldenbremse im nächsten Jahr. Im Herbst soll der Haushalt für 2023 vom Bundestag beschlossen werden. Viele Parlamentarier – etwa des Bildungsausschusses - haben die Hoffnung geäußert, dass die geplanten Kürzungen im weiteren parlamentarischen Verfahren der Haushaltsaufstellung noch revidiert werden können: sehr wahrscheinlich ist dies aber nicht.