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Sparmaßnahmen wegen Corona
"Bildungsausgaben werden auf den Prüfstand kommen"

Die deutsche Hochschullandschaft ist überwiegend öffentlich finanziert – und steht deswegen aktuell noch ziemlich gut da. Das wird nicht so bleiben, befürchtet der Bildungsökonom Dieter Dohmen: "Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird unter die Räder kommen."

Dieter Dohmen im Gespräch mit Benedikt Schulz |
Der fast menschenleere Eingang der Albertus Magnus Universität zu Köln, die als Reaktion auf die Corona-Krise erstmals in ihrer Geschichte ein Online-Semester startet.
Der Eingang der Albertus Magnus Universität zu Köln ist nahezu leer, die Hochschule hat als Reaktion auf die Coronakrise erstmals in ihrer Geschichte ein Online-Semester gestartet (imago / C. Hardt)
Die Corona-Krise könnte für die britischen Universitäten existenzbedrohend sein. Die Hochschulen sind überwiegend privat finanziert – und folgen damit auch der Logik der privaten Wirtschaft. Weil ausländische Studierende wegbleiben und Aufträge wegfallen, fällt eine wichtige Einnahmequelle weg.
Dagegen scheinen Bildungssysteme, die größtenteils von der öffentlichen Hand finanziert werden, besser aufgestellt. Deutsche öffentliche Hochschulen erhalten ihre Grundfinanzierung über die Länder, teils vom Bund – und sind nicht auf Einnahmen durch Studiengebühren angewiesen. Ist das deutsche Bildungssystem also besser für die Krise gewappnet?
"Ich mache da ein großes Fragezeichen.", meint der Bildungsökonom Dieter Dohmen vom Berliner Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS). "Die deutschen Hochschulen fahren im Moment relativ gut mit der staatlichen Finanzierung, die ja kontinuierlich kommt. Langfristig bin ich mir da nicht ganz so sicher: denn es werden gerade hohe Schulden aufgenommen – um Unternehmen zu retten, um Kurzarbeitergeld zu zahlen, um Alleinstehende und eventuell demnächst auch Eltern zu unterstützen." Hinzu komme: Auch die Steuereinnahmen werden voraussichtlich sinken. "Das heißt, irgendwo wird dieses Geld eingespart werden müssen. Insofern werden ab dem kommenden oder übernächsten Jahr alle Ausgaben auf den Prüfstand kommen, auch die Bildungsausgaben. Und alles, was nicht niet- und nagelfest, sprich langfristig finanziert ist, wird unter die Räder kommen."
"Staatlich finanzierte Systeme möglicherweise langfristig stärker getroffen"
Man könne froh sein, dass bestimmte Verträge schon eingetütet seien, etwa die großen Bund-Länder-Vereinbarungen wie die Verstetigung des Hochschulpaktes oder die Fortführung der Exzellenzstrategie. Aber, meint Dohmen: "Gleichzeitig steht die Frage im Raum: was passiert später? Verträge können auch auf den Prüfstand kommen, wenn in Zukunft die Mittel vielleicht nicht mehr ganz so üppig sind, wie sie es bislang waren."
33D-Modell des Coronavirus SARS-CoV2
Dass die Coronakrise gerade im Bildungsbereich gezeigt hat, wie groß der digitale Nachholbedarf ist, dass es hier also eher noch mehr Investitionen bedarf als die fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt, das darf nicht zur Hoffnung verleiten, dass deswegen nach Corona mehr investiert wird, meint Dieter Dohmen.
"Wir diskutieren seit Jahren, um nicht zu sagen seit Jahrzehnten darüber, dass im Bildungsbereich ein großer Nachholbedarf besteht. Wir haben seit Jahrzehnten 20 Prozent der Jugendlichen, die kaum richtig lesen und schreiben können, die keine Ausbildungsplätze kriegen. Auch das hat bisher nicht dazu beigetragen, dass wir extrem viel mehr Mittel in den Bildungsbereich gesteckt haben." Der Nachteil des Bildungssystems sei immer, dass sich die positiven Effekte dort erst Jahre oder gar Jahrzehnte später zeigen und nicht sofort. "Das führt bei Politikern dazu, dass man das eher etwas nach hinten schiebt, als es vorzieht und umgekehrt Maßnahmen präferiert, die sofort eine Wirksamkeit zu haben scheinen."
Wird sich also langfristig möglicherweise ein überwiegend privat finanziertes Bildungssystem als das robustere erweisen? "Beide haben ihre Pros und Contras. Es könnte der Vorteil sein, dass private Mittel etwas flexibler sind und damit das System längerfristig nicht ganz so anfällig ist. Die privat finanzierten Systeme wie Großbritannien sind im Moment stärker getroffen, die staatlich finanzierten möglicherweise langfristig stärker getroffen."