Langsam fährt die Werksbahn über das Betriebsgelände am Opelring in Bochum. Sie transportiert Türen und Kofferraumhauben für den neuen Zafira, der hier im Ruhrgebiet produziert wird. Das Werk ist laut Betriebsrat ausgelastet. 2011 war ein vergleichsweise gutes Jahr für Opel und seine Schwestermarke Vauxhall: Knapp eine Million verkaufte Neuwagen, ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr.
Doch das reicht den Managern der Konzernmutter General Motors in den USA anscheinend nicht. Denn Opel schreibt noch immer rote Zahlen. Der Verlust für das Gesamtjahr 2011 könnte sich auf eine dreistellige Millionen–Dollar-Summe belaufen, so berichtete es die Finanzzeitung "The Wall Street Journal" in der vergangenen Woche. Woher das Gerücht stammt, ist in Bochum ein offenes Geheimnis – ein ungeduldiger GM-Manager werde es den Medien strategisch geschickt gesteckt haben, so wird gemutmaßt – kurz vor Bekanntgabe der Geschäftszahlen am morgigen Donnerstag.
Denn einigen Mitgliedern der Geschäftsführung ist die deutsche Tochter seit Langem ein Dorn im Auge. Schließlich schreibt GM nach der Insolvenz vor drei Jahren längst wieder schwarze Zahlen. Man habe den Gewinn im vergangenen Jahr fast verdoppelt, auf rund acht Milliarden Dollar. Das war ebenfalls vorab im "Wall Street Journal" zu erfahren. Und schon war auch von weiteren Einschnitten und einer möglichen Werksschließung in Bochum die Rede. Meldungen, die der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel als kaum verhohlene Drohung versteht.
"Es geht um Menschen, es geht um Schicksale, es geht um Zukunft, es geht um Perspektiven. Trotz alledem sagt man diesen Menschen: Eigentlich braucht man euch nicht mehr. Mohr, du hast deine Schuldigkeit getan. Das ist, glaube ich, wirklich ein Punkt, an dem man sehr zornig sein kann. Das waren die Bochumer ja oft, wenn man das Werk schließen wollte."
"Steht denn das alte Opel-Werk noch? Opelwerk noch? Ja, es steht noch, es steht noch, es steht noch bestimmt!"
Es war im Oktober 2004, als die verzweifelten Schweißer, Monteure und Lagerarbeiter spontan eine ganze Woche lang streikten. Auch damals war es der Mutterkonzern General Motors in den USA, der mit der Schließung des Standorts drohte. Der Streik war erfolgreich, der Preis für die Erhaltung des Werks in Bochum allerdings hoch. Von damals 9.600 Kollegen musste knapp die Hälfte gehen. Sie bekamen Abfindungen, viele wurden in Beschäftigungsgesellschaften ausgegliedert. Eine Garantie für den Bestand des Werks wollte der damalige Chef von GM für Europa, Carl-Peter Forster, dennoch nicht geben.
"Das einzige, was wir garantieren können, ist: Wenn dieses Werk wettbewerbsfähig ist, wenn es sich im internationalen Vergleichsmaßstab mit Werken in Belgien, in England messen kann, dann hat dieses Werk eine Zukunft."
Knapp fünf Jahre später folgte die nächste Zitterpartie. Nach der Finanzkrise in den USA war für GM der Markt eingebrochen, zum vierten Mal in Folge verbuchte der Konzern Milliardenverluste und musste im Juni 2009 Insolvenz anmelden. Für die Opelaner begann ein banges Warten – monatelang pokerten die Manager aus Detroit um staatliche Milliardenhilfen aus Deutschland und brachten immer wieder Verkaufspläne ins Spiel. Doch in letzter Minute machte General Motors einen Rückzieher und behielt Opel doch.
Für den Erhalt der europäischen Marke wurde wiederum ein hoher Preis fällig – rund 8.000 Beschäftigte mussten gehen, das Werk in Antwerpen wurde geschlossen. Die Belegschaft habe damit ihren Beitrag zur Sanierung des Unternehmens geleistet, sagt der Bochumer Betriebsrat Rainer Einenkel.
"Speziell in Deutschland war es so, dass wir auf tarifliche Lohnerhöhungen verzichtet haben, dass wir auf tarifliches Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld verzichtet haben. Das bedeutet auch, dass wir momentan unter Tarif in diesem Bochumer Werk beschäftigt sind. Die Frage ist einfach: Wo ist der Gegenwert' Und wenn wir das einbringen, was wir vereinbart haben, und wir kriegen keine Perspektive, und man sagt uns: Ihr könnt noch ein, zwei Jahre Autos bauen und danach ist Schluss, dann kann ich keinem Bochumer Beschäftigten weiterhin erklären, dass wir irgendwelche Zugeständnisse machen müssen."
Rainer Einenkel hätte eigentlich Grund zum Feiern: Das Unternehmen Opel wird in diesem Jahr 150 Jahre alt, und er selbst ist jetzt seit genau 40 Jahren dabei. Einenkel hat sich, wie so viele in Bochum vom Lehrling hochgearbeitet – seit 1988 ist er Betriebsrat. Doch mit Stolz zurückblicken könne er nicht, sagt der schmale Mann mit dem schütteren grauen Haar. Seine Aufgabe in den vergangen 20 Jahren sei es vor allem gewesen, Schlimmeres zu verhindern.
"Seither kämpfen wir um den Erhalt des Werkes, wobei auch verschiedene Etappen erkennbar sind. Die Zeit, wo man wirklich sagen kann, es muss gekämpft werden, beginnt ab 1992/93. Dort wurden auch erstmalig Zukunftsverträge für die europäischen Werke abgeschlossen. Seitdem versuchen wir auch, Werke zu erhalten, und speziell auch das Bochumer Werk zu erhalten. Seitdem haben wir keine Ruhe mehr gehabt."
Und diesmal könnte es wirklich Ernst werden. Die Geduld der Manager im fernen Amerika mit der Tochter, die seit 12 Jahren rote Zahlen schreibt, könnte zu Ende sein, lautet die Befürchtung der Arbeitnehmervertreter. Dabei mache es sich die Geschäftsführung viel zu einfach, wenn sie Opel allein die Schuld an den Verlusten zuschreibe, so die Kritik. Schließlich unterliegt die deutsche Marke strengen Vorgaben: Man darf zum Beispiel die eigenen Modelle nur in Europa verkaufen – der Wachstumsmarkt in Brasilien und der in den USA sind den hauseigenen GM-Marken vorbehalten. In China dürfen die Deutschen nur unter Beachtung strenger Auflagen auf den Markt.
"Wir haben das Beispiel der französischen Autoindustrie, die auch nur in Europa verkaufen kann. Und sie haben momentan auch riesengroße Auslastungs- und Beschäftigungsprobleme. Und das Gleiche haben und hätten wir auch bei Opel. Es gibt noch einige gewisse Anteile in Russland, aber alle anderen Märkte sind uns verschlossen, und daran zeigen sich auch die Probleme, die wir haben. Wir können die weltweiten Verkaufsmöglichkeiten nicht nutzen, und wenn man keine Autos verkaufen kann, dann kann man kein Geld verdienen und dann bewegt man sich in eine Abwärtsspirale."
Doch noch haben die deutschen Betriebsräte Hoffnung – schließlich machen die Opel-Fahrzeuge 80 Prozent des europäischen GM-Geschäfts aus. Außerdem hat GM vor zwei Jahren einen Vertrag mit der Belegschaft unterzeichnet, und der verbietet immerhin bis 2014 die Schließung weiterer europäischer Werke.
Opel ist unter den deutschen Autoherstellern derzeit der einsame Verlierer. Denn im Gegensatz zu den Rüsselsheimern schauen besonders die Premium-Hersteller auf ein äußerst erfolgreiches Autojahr 2011 zurück. Fast überall gab es Rekorde, etwa bei Daimler. Krise war gestern, jubelte Daimler-Chef Dieter Zetsche vor ein paar Tagen. Gut sechs Milliarden Euro hat der schwäbische Autobauer verdient, so viel wie noch nie:
"Wir hatten uns für 2011 viel vorgenommen, und wir haben es mehr als erreicht. Das Jubiläumsjahr des Automobils war auch ein weiteres Erfolgsjahr für Daimler."
Wie bei den anderen Wettbewerbern auch war es die große Nachfrage aus den USA und China, die den deutschen Autoherstellern neue Rekorde beschert hat. Volkswagen beispielsweise schaffte im vergangenen Jahr erstmals den Sprung über die Marke von zwei Millionen verkauften Fahrzeugen in China – das bedeutet ein Absatzplus von knapp 18 Prozent. Und in Nordamerika konnten Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen gemeinsam mehr als eine Million Fahrzeuge absetzen.
Zwar hat sich der US-Automarkt noch immer nicht vollständig von der Finanz- und Wirtschaftskrise erholt. Dennoch, so Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut IHS Global Insight, seien die USA weiterhin der Maßstab in der Branche. Nordamerika ist noch immer - vor China - der größte Automarkt der Welt:
"Gerade im letzten Jahr waren die USA sehr interessant. Denn es war der am stärksten wachsende Markt der Welt. Auch in diesem Jahr gibt es je nach Schätzung zwischen 800.000 und 1 Million zusätzliche Fahrzeugverkäufe zu verteilen. Das heißt, es bleibt ein sehr spannender und interessanter Markt."
Doch auch Asien lockt, das zeigt allein der Blick auf die Statistik. Wo in Europa auf 1.000 Einwohner inzwischen mehr als 500 Autos kommen, sind es beispielsweise in Indien gerade mal 19. Und das bei einer Bevölkerung von 1,2 Milliarden Menschen.
Und so gilt für alle Hersteller: Wer weiter ganz vorne mitspielen will, der muss dort präsent sein, wo der Nachholbedarf bei der Automobilität am größten ist, meint auch der Autoexperte Stephan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach:
"Es ist in der Tat so, dass insbesondere der chinesische Markt der Treiber der globalen Automobilindustrie war. Und das wird wohl für die nächsten Jahre auch noch gelten. Insbesondere in China, aber auch in Indien. Da liegt sozusagen der Markt der Zukunft. Da müssen die automobilen Hersteller hin, die ihren Marktanteil global erhöhen wollen."
Die Konsequenz: immer mehr Hersteller bauen ihre Präsenz direkt vor Ort aus – auch zum Nachteil der europäischen Produktionsstandorte. Die Opel-Mutter General Motors etwa will ihr Europa-Geschäft reduzieren – der japanische Hersteller Mitsubishi zieht sich sogar vollständig vom alten Kontinent zurück.
Bei den deutschen Autokonzernen verläuft die Verlagerung zwar leiser – aber sie findet ebenfalls längst statt. Die USA und China gelten bereits als zweite Heimatmärkte. Autoexperte Bratzel:
"Das hängst nicht zuletzt damit zusammen, dass viele Märkte – wie beispielsweise China – sagen, dass die Wertschöpfung im jeweiligen Land stattzufinden hat. Und entsprechende Zoll- und sonstige Bedingungen geschaffen werden, damit das auch stattfindet. Der andere Grund ist sicherlich der, dass die Wechselkurseffekte den Herstellern die Bilanz verhageln können."
Gleichzeitig wird der globale Konkurrenzdruck im Autogeschäft weiter zunehmen. Dazu kommen schärfere Auflagen zum Umweltschutz und der riesige Investitionsbedarf für die neuen Antriebstechnologien wie Hybrid- oder Elektromotoren. Immer mehr Hersteller schließen deshalb Kooperationen, um Kosten zu sparen – das gilt selbst für die automobile Oberklasse.
Doch der wachsende Druck spielt letztlich auch den großen Herstellern in die Hände. Volkswagen etwa schickt sich an, spätestens 2018 globaler Marktführer zu werden.
Nicht zu vergessen der ebenfalls sehr erfolgreiche südkoreanische Autobauer Hyundai und natürlich General Motors. Nach seiner Insolvenz konnte der US-Hersteller im vergangenen Jahr die Weltmarktspitze wieder zurückerobern.
Halbzeit beim Football Super-Bowl, dem wichtigsten Sportereignis in den USA. Mehr als 110 Millionen Zuschauer verfolgen das Spektakel Anfang des Monats vor ihren TV-Geräten - so viele wie noch nie in der Geschichte des Fernsehens. Auf den Leinwänden im Stadion und den TV-Bildschirmen im ganzen Land läuft ein Werbespot des GM-Konkurrenten Chrysler: Hollywoodlegende Clint Eastwood beschwört die Wiederauferstehung der amerikanischen Autometropole Detroit.
Ein Schlag reiche nicht, um Amerika aus der Bahn zu werfen, so der Schauspieler. Die Welt wird unsere Motoren wieder hören, sagt Eastwood.
Und tatsächlich: Die "Detroit-Drei", wie die US-Autobauer General Motors, Ford und Chrysler auch genannt werden, scheinen die Wirtschaftskrise hinter sich gelassen zu haben. Zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren konnten alle drei ihren Marktanteil in 2011 steigern – gemeinsam erreichten sie im vergangenen Jahr 47 Prozent.
Nach dem Superbowl-Finale hagelte es Kritik – bei dem Spot handle es sich um unrechtmäßige Wahlkampfwerbung für Barack Obama. Denn der sei es gewesen, der die Autoriesen Chrysler und GM in der Tiefe der Krise mit Rettungsgeldern gestützt habe. Der Präsident selbst wird dieser Tage nicht müde, sich mit dem Wiederaufstieg der Autobranche zu brüsten. Bleiben ihm doch neben der umstrittenen Gesundheitsreform und der mageren Finanzreform kaum Wirtschaftserfolge in seiner aktuellen Amtszeit. Obama vor wenigen Tagen bei einer Auto-Roadshow in Washington DC:
"Wenn ich diese Autos hier sehe, gebaut und entworfen von Amerikanern, freue ich mich, dass die US-Autoindustrie zurück ist. General Motors ist wieder die Nummer eins. Wenn man bedenkt, dass es Leute gab, die die Industrie aufgeben wollten. Aber andere haben sich zusammen gerauft und jetzt können wir wieder mithalten mit der weltweiten Konkurrenz."
Ein Seitenhieb auf den republikanischen Präsidentschafts-Konkurrenten Mitt Romney, der 2008 in einem Kommentar in der New York Times schrieb: "You can kiss the automotive industry good bye" - "lasst Detroit bankrott gehen". Romney forderte eine geordnete Insolvenz ohne staatlichen Eingriff. Robert Schulz ist Analyst der Autoindustrie bei Standard and Poors in New York.
"Die US-Autoindustrie hatte jahrelang mit der Konkurrenz aus Asien zu kämpfen. Mehr als 20 Jahre bestimmt. Toyota, Honda, Nissan. Auch Daimler und BMW, aber die mehr im Geschäft mit Luxuswagen. Aber die Autos für die Massen, das waren auf einmal Hondas und Kias."
General Motors habe Jahrzehnte lang, ebenso wie Ford und Chrysler, nur auf Sprit-schluckende Trucks und Geländewagen gesetzt und sei zu stiefmütterlich ins Kleinwagensegment eingestiegen. Zudem seien die fixen Kosten für Löhne, Rentenansprüche und andere soziale Leistungen für Mitarbeiter längst nicht mehr wettbewerbsfähig gewesen. 2008 kostete eine Arbeitsstunde bei GM 71 Dollar – beim japanischen Konkurrenten Toyota nur 47.
Als dann wegen der Wirtschaftskrise die Nachfrage nach Autos weiter wegbrach und Kredite an den Finanzmärkten nicht mehr zu bekommen waren – mussten die großen Drei aus Detroit den US-Kongress um Geld bitten: 25 Milliarden Dollar um 250.000 direkte Jobs und 2,5 Millionen indirekte Jobs in der Zulieferindustrie zu sichern. Der Vorwurf der Regierung: Unwirtschaftlichkeit im großen Stil. Der Kongressabgeordnete Brad Sherman bei der Anhörung im November 2008:
"Ich stelle die Frage: Wer der drei Geschäftsführenden hier heute nicht mit dem privaten Firmenjet hergekommen ist? Fürs Protokoll: Niemand hebt die Hand! Und ich frage weiter: Wer jetzt und hier den Firmen-Jet verkauft und mit einer handelsüblichen Fluglinie nach Hause fliegt? Für's Protokoll: Keiner der Anwesenden hebt die Hand."
Die Hilfen wurden abgelehnt. Es gäbe kein Geld, bevor nicht das Geschäftsmodell geändert und Überkapazitäten abgebaut würden, hieß es vom Kongress. Ein halbes Jahr später – im Sommer 2009 – ging General Motors in die Insolvenz – nun beteiligte sich die US-Regierung mit 50 Milliarden Dollar an dem Unternehmen und forderte als Bedingung einen radikalen Sparkurs, fast wöchentlich musste die GM-Führung Bericht erstatten, schließlich gehörten zwei Drittel des einstigen Nationalsymbols fortan dem Steuerzahler. Salvatore Lopinto ist Autohändler im New Yorker Stadtteil Queens:
"Ich erinnere mich: General Motors bankrott. Das war, wie wenn einem die Luft zum Atmen genommen werde. Es war beängstigend. Ich war 17 Jahre in der Automobilbranche tätig. GM nicht mehr da, das war nicht vorstellbar."
Heute ist General Motors aus dem Gröbsten raus. Lopinto hat selbst lange direkt für GM gearbeitet – dann vor drei Jahren vorsichtshalber den Job gewechselt und bietet heute verschiedene Marken an. Trotzdem ist er froh, dass die Verkäufe seines einstigen Arbeitgebers, General Motors, weiter anziehen:
"Es geht weiter bergauf mit den Absätzen. Etwa zehn bis fünfzehn Prozent mehr als letztes Jahr."
General Motors konnte seine Absätze im vergangenen Jahr vor allem in Asien steigern, aber auch in Nordamerika laufen die Verkäufe wieder besser. Die Produktlinien wurden vereinheitlicht und die Kosten deutlich gesenkt. Robert Schulz von Standard and Poors:
"Ob GM, Ford oder Chrysler, sie machen alle Gewinn, obwohl sie teilweise geringere Absatzzahlen haben als zu Zeiten, in denen sie Verluste gemacht haben. Der Gewinn ist kostengetrieben. Aber die Produkte sind auch attraktiver geworden. Toyota hatte diverse Rückrufaktionen und andere Sicherheitsschwierigkeiten. Deswegen sind die US-Marken wieder etwas mehr in den Blickwinkel der Käufer gekommen."
Auch wenn Studien des Center for Automotive Research in Michigan zufolge die Rettung von General Motors und Chrysler in den Jahren 2009 und 2010 mehr als 1,4 Millionen Jobs gesichert habe, bleibt klar: Mitarbeiter wurden entlassen und teilweise zu günstigeren Bedingungen wieder eingestellt, um die Konzerne wieder profitabel zu machen. Eine Strategie, vor der Opel nun Angst hat. Wird GM bei Opel Mitarbeiter entlassen oder Werke schließen?
Eine verzwickte Frage, auch für Autoanalyst Robert Schulz. Dass der Autobauer ganz aus dem Europa-Geschäft aussteigen könnte, halt er für unwahrscheinlich. Dafür sei Europa als Markt zu wichtig. Nichts desto trotz komme man mittelfristig nicht umhin, Überkapazitäten auch in Europa abzubauen. Robert Schulz:
"In der Rezession wurden in den USA viele Werke geschlossen, während die europäischen Autobauer, unter ihnen auch Ford oder GM, im Vergleich dazu viel weniger Werke dicht gemacht haben. Die gesamte europäische Autoindustrie hat viel mehr Überkapazitäten als die in den USA."
Das wissen auch die Opelaner in Bochum. Betriebsrat Rainer Einenkel steigt vor dem Werkstor in seinen Opel. Er wird wieder einmal nach Rüsselsheim fahren, um morgen und übermorgen mit seinen europäischen Kollegen zu beraten, was zu tun ist – je nachdem wie schlecht die schlechten Nachrichten aus Detroit morgen ausfallen.
Doch das reicht den Managern der Konzernmutter General Motors in den USA anscheinend nicht. Denn Opel schreibt noch immer rote Zahlen. Der Verlust für das Gesamtjahr 2011 könnte sich auf eine dreistellige Millionen–Dollar-Summe belaufen, so berichtete es die Finanzzeitung "The Wall Street Journal" in der vergangenen Woche. Woher das Gerücht stammt, ist in Bochum ein offenes Geheimnis – ein ungeduldiger GM-Manager werde es den Medien strategisch geschickt gesteckt haben, so wird gemutmaßt – kurz vor Bekanntgabe der Geschäftszahlen am morgigen Donnerstag.
Denn einigen Mitgliedern der Geschäftsführung ist die deutsche Tochter seit Langem ein Dorn im Auge. Schließlich schreibt GM nach der Insolvenz vor drei Jahren längst wieder schwarze Zahlen. Man habe den Gewinn im vergangenen Jahr fast verdoppelt, auf rund acht Milliarden Dollar. Das war ebenfalls vorab im "Wall Street Journal" zu erfahren. Und schon war auch von weiteren Einschnitten und einer möglichen Werksschließung in Bochum die Rede. Meldungen, die der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel als kaum verhohlene Drohung versteht.
"Es geht um Menschen, es geht um Schicksale, es geht um Zukunft, es geht um Perspektiven. Trotz alledem sagt man diesen Menschen: Eigentlich braucht man euch nicht mehr. Mohr, du hast deine Schuldigkeit getan. Das ist, glaube ich, wirklich ein Punkt, an dem man sehr zornig sein kann. Das waren die Bochumer ja oft, wenn man das Werk schließen wollte."
"Steht denn das alte Opel-Werk noch? Opelwerk noch? Ja, es steht noch, es steht noch, es steht noch bestimmt!"
Es war im Oktober 2004, als die verzweifelten Schweißer, Monteure und Lagerarbeiter spontan eine ganze Woche lang streikten. Auch damals war es der Mutterkonzern General Motors in den USA, der mit der Schließung des Standorts drohte. Der Streik war erfolgreich, der Preis für die Erhaltung des Werks in Bochum allerdings hoch. Von damals 9.600 Kollegen musste knapp die Hälfte gehen. Sie bekamen Abfindungen, viele wurden in Beschäftigungsgesellschaften ausgegliedert. Eine Garantie für den Bestand des Werks wollte der damalige Chef von GM für Europa, Carl-Peter Forster, dennoch nicht geben.
"Das einzige, was wir garantieren können, ist: Wenn dieses Werk wettbewerbsfähig ist, wenn es sich im internationalen Vergleichsmaßstab mit Werken in Belgien, in England messen kann, dann hat dieses Werk eine Zukunft."
Knapp fünf Jahre später folgte die nächste Zitterpartie. Nach der Finanzkrise in den USA war für GM der Markt eingebrochen, zum vierten Mal in Folge verbuchte der Konzern Milliardenverluste und musste im Juni 2009 Insolvenz anmelden. Für die Opelaner begann ein banges Warten – monatelang pokerten die Manager aus Detroit um staatliche Milliardenhilfen aus Deutschland und brachten immer wieder Verkaufspläne ins Spiel. Doch in letzter Minute machte General Motors einen Rückzieher und behielt Opel doch.
Für den Erhalt der europäischen Marke wurde wiederum ein hoher Preis fällig – rund 8.000 Beschäftigte mussten gehen, das Werk in Antwerpen wurde geschlossen. Die Belegschaft habe damit ihren Beitrag zur Sanierung des Unternehmens geleistet, sagt der Bochumer Betriebsrat Rainer Einenkel.
"Speziell in Deutschland war es so, dass wir auf tarifliche Lohnerhöhungen verzichtet haben, dass wir auf tarifliches Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld verzichtet haben. Das bedeutet auch, dass wir momentan unter Tarif in diesem Bochumer Werk beschäftigt sind. Die Frage ist einfach: Wo ist der Gegenwert' Und wenn wir das einbringen, was wir vereinbart haben, und wir kriegen keine Perspektive, und man sagt uns: Ihr könnt noch ein, zwei Jahre Autos bauen und danach ist Schluss, dann kann ich keinem Bochumer Beschäftigten weiterhin erklären, dass wir irgendwelche Zugeständnisse machen müssen."
Rainer Einenkel hätte eigentlich Grund zum Feiern: Das Unternehmen Opel wird in diesem Jahr 150 Jahre alt, und er selbst ist jetzt seit genau 40 Jahren dabei. Einenkel hat sich, wie so viele in Bochum vom Lehrling hochgearbeitet – seit 1988 ist er Betriebsrat. Doch mit Stolz zurückblicken könne er nicht, sagt der schmale Mann mit dem schütteren grauen Haar. Seine Aufgabe in den vergangen 20 Jahren sei es vor allem gewesen, Schlimmeres zu verhindern.
"Seither kämpfen wir um den Erhalt des Werkes, wobei auch verschiedene Etappen erkennbar sind. Die Zeit, wo man wirklich sagen kann, es muss gekämpft werden, beginnt ab 1992/93. Dort wurden auch erstmalig Zukunftsverträge für die europäischen Werke abgeschlossen. Seitdem versuchen wir auch, Werke zu erhalten, und speziell auch das Bochumer Werk zu erhalten. Seitdem haben wir keine Ruhe mehr gehabt."
Und diesmal könnte es wirklich Ernst werden. Die Geduld der Manager im fernen Amerika mit der Tochter, die seit 12 Jahren rote Zahlen schreibt, könnte zu Ende sein, lautet die Befürchtung der Arbeitnehmervertreter. Dabei mache es sich die Geschäftsführung viel zu einfach, wenn sie Opel allein die Schuld an den Verlusten zuschreibe, so die Kritik. Schließlich unterliegt die deutsche Marke strengen Vorgaben: Man darf zum Beispiel die eigenen Modelle nur in Europa verkaufen – der Wachstumsmarkt in Brasilien und der in den USA sind den hauseigenen GM-Marken vorbehalten. In China dürfen die Deutschen nur unter Beachtung strenger Auflagen auf den Markt.
"Wir haben das Beispiel der französischen Autoindustrie, die auch nur in Europa verkaufen kann. Und sie haben momentan auch riesengroße Auslastungs- und Beschäftigungsprobleme. Und das Gleiche haben und hätten wir auch bei Opel. Es gibt noch einige gewisse Anteile in Russland, aber alle anderen Märkte sind uns verschlossen, und daran zeigen sich auch die Probleme, die wir haben. Wir können die weltweiten Verkaufsmöglichkeiten nicht nutzen, und wenn man keine Autos verkaufen kann, dann kann man kein Geld verdienen und dann bewegt man sich in eine Abwärtsspirale."
Doch noch haben die deutschen Betriebsräte Hoffnung – schließlich machen die Opel-Fahrzeuge 80 Prozent des europäischen GM-Geschäfts aus. Außerdem hat GM vor zwei Jahren einen Vertrag mit der Belegschaft unterzeichnet, und der verbietet immerhin bis 2014 die Schließung weiterer europäischer Werke.
Opel ist unter den deutschen Autoherstellern derzeit der einsame Verlierer. Denn im Gegensatz zu den Rüsselsheimern schauen besonders die Premium-Hersteller auf ein äußerst erfolgreiches Autojahr 2011 zurück. Fast überall gab es Rekorde, etwa bei Daimler. Krise war gestern, jubelte Daimler-Chef Dieter Zetsche vor ein paar Tagen. Gut sechs Milliarden Euro hat der schwäbische Autobauer verdient, so viel wie noch nie:
"Wir hatten uns für 2011 viel vorgenommen, und wir haben es mehr als erreicht. Das Jubiläumsjahr des Automobils war auch ein weiteres Erfolgsjahr für Daimler."
Wie bei den anderen Wettbewerbern auch war es die große Nachfrage aus den USA und China, die den deutschen Autoherstellern neue Rekorde beschert hat. Volkswagen beispielsweise schaffte im vergangenen Jahr erstmals den Sprung über die Marke von zwei Millionen verkauften Fahrzeugen in China – das bedeutet ein Absatzplus von knapp 18 Prozent. Und in Nordamerika konnten Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen gemeinsam mehr als eine Million Fahrzeuge absetzen.
Zwar hat sich der US-Automarkt noch immer nicht vollständig von der Finanz- und Wirtschaftskrise erholt. Dennoch, so Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut IHS Global Insight, seien die USA weiterhin der Maßstab in der Branche. Nordamerika ist noch immer - vor China - der größte Automarkt der Welt:
"Gerade im letzten Jahr waren die USA sehr interessant. Denn es war der am stärksten wachsende Markt der Welt. Auch in diesem Jahr gibt es je nach Schätzung zwischen 800.000 und 1 Million zusätzliche Fahrzeugverkäufe zu verteilen. Das heißt, es bleibt ein sehr spannender und interessanter Markt."
Doch auch Asien lockt, das zeigt allein der Blick auf die Statistik. Wo in Europa auf 1.000 Einwohner inzwischen mehr als 500 Autos kommen, sind es beispielsweise in Indien gerade mal 19. Und das bei einer Bevölkerung von 1,2 Milliarden Menschen.
Und so gilt für alle Hersteller: Wer weiter ganz vorne mitspielen will, der muss dort präsent sein, wo der Nachholbedarf bei der Automobilität am größten ist, meint auch der Autoexperte Stephan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach:
"Es ist in der Tat so, dass insbesondere der chinesische Markt der Treiber der globalen Automobilindustrie war. Und das wird wohl für die nächsten Jahre auch noch gelten. Insbesondere in China, aber auch in Indien. Da liegt sozusagen der Markt der Zukunft. Da müssen die automobilen Hersteller hin, die ihren Marktanteil global erhöhen wollen."
Die Konsequenz: immer mehr Hersteller bauen ihre Präsenz direkt vor Ort aus – auch zum Nachteil der europäischen Produktionsstandorte. Die Opel-Mutter General Motors etwa will ihr Europa-Geschäft reduzieren – der japanische Hersteller Mitsubishi zieht sich sogar vollständig vom alten Kontinent zurück.
Bei den deutschen Autokonzernen verläuft die Verlagerung zwar leiser – aber sie findet ebenfalls längst statt. Die USA und China gelten bereits als zweite Heimatmärkte. Autoexperte Bratzel:
"Das hängst nicht zuletzt damit zusammen, dass viele Märkte – wie beispielsweise China – sagen, dass die Wertschöpfung im jeweiligen Land stattzufinden hat. Und entsprechende Zoll- und sonstige Bedingungen geschaffen werden, damit das auch stattfindet. Der andere Grund ist sicherlich der, dass die Wechselkurseffekte den Herstellern die Bilanz verhageln können."
Gleichzeitig wird der globale Konkurrenzdruck im Autogeschäft weiter zunehmen. Dazu kommen schärfere Auflagen zum Umweltschutz und der riesige Investitionsbedarf für die neuen Antriebstechnologien wie Hybrid- oder Elektromotoren. Immer mehr Hersteller schließen deshalb Kooperationen, um Kosten zu sparen – das gilt selbst für die automobile Oberklasse.
Doch der wachsende Druck spielt letztlich auch den großen Herstellern in die Hände. Volkswagen etwa schickt sich an, spätestens 2018 globaler Marktführer zu werden.
Nicht zu vergessen der ebenfalls sehr erfolgreiche südkoreanische Autobauer Hyundai und natürlich General Motors. Nach seiner Insolvenz konnte der US-Hersteller im vergangenen Jahr die Weltmarktspitze wieder zurückerobern.
Halbzeit beim Football Super-Bowl, dem wichtigsten Sportereignis in den USA. Mehr als 110 Millionen Zuschauer verfolgen das Spektakel Anfang des Monats vor ihren TV-Geräten - so viele wie noch nie in der Geschichte des Fernsehens. Auf den Leinwänden im Stadion und den TV-Bildschirmen im ganzen Land läuft ein Werbespot des GM-Konkurrenten Chrysler: Hollywoodlegende Clint Eastwood beschwört die Wiederauferstehung der amerikanischen Autometropole Detroit.
Ein Schlag reiche nicht, um Amerika aus der Bahn zu werfen, so der Schauspieler. Die Welt wird unsere Motoren wieder hören, sagt Eastwood.
Und tatsächlich: Die "Detroit-Drei", wie die US-Autobauer General Motors, Ford und Chrysler auch genannt werden, scheinen die Wirtschaftskrise hinter sich gelassen zu haben. Zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren konnten alle drei ihren Marktanteil in 2011 steigern – gemeinsam erreichten sie im vergangenen Jahr 47 Prozent.
Nach dem Superbowl-Finale hagelte es Kritik – bei dem Spot handle es sich um unrechtmäßige Wahlkampfwerbung für Barack Obama. Denn der sei es gewesen, der die Autoriesen Chrysler und GM in der Tiefe der Krise mit Rettungsgeldern gestützt habe. Der Präsident selbst wird dieser Tage nicht müde, sich mit dem Wiederaufstieg der Autobranche zu brüsten. Bleiben ihm doch neben der umstrittenen Gesundheitsreform und der mageren Finanzreform kaum Wirtschaftserfolge in seiner aktuellen Amtszeit. Obama vor wenigen Tagen bei einer Auto-Roadshow in Washington DC:
"Wenn ich diese Autos hier sehe, gebaut und entworfen von Amerikanern, freue ich mich, dass die US-Autoindustrie zurück ist. General Motors ist wieder die Nummer eins. Wenn man bedenkt, dass es Leute gab, die die Industrie aufgeben wollten. Aber andere haben sich zusammen gerauft und jetzt können wir wieder mithalten mit der weltweiten Konkurrenz."
Ein Seitenhieb auf den republikanischen Präsidentschafts-Konkurrenten Mitt Romney, der 2008 in einem Kommentar in der New York Times schrieb: "You can kiss the automotive industry good bye" - "lasst Detroit bankrott gehen". Romney forderte eine geordnete Insolvenz ohne staatlichen Eingriff. Robert Schulz ist Analyst der Autoindustrie bei Standard and Poors in New York.
"Die US-Autoindustrie hatte jahrelang mit der Konkurrenz aus Asien zu kämpfen. Mehr als 20 Jahre bestimmt. Toyota, Honda, Nissan. Auch Daimler und BMW, aber die mehr im Geschäft mit Luxuswagen. Aber die Autos für die Massen, das waren auf einmal Hondas und Kias."
General Motors habe Jahrzehnte lang, ebenso wie Ford und Chrysler, nur auf Sprit-schluckende Trucks und Geländewagen gesetzt und sei zu stiefmütterlich ins Kleinwagensegment eingestiegen. Zudem seien die fixen Kosten für Löhne, Rentenansprüche und andere soziale Leistungen für Mitarbeiter längst nicht mehr wettbewerbsfähig gewesen. 2008 kostete eine Arbeitsstunde bei GM 71 Dollar – beim japanischen Konkurrenten Toyota nur 47.
Als dann wegen der Wirtschaftskrise die Nachfrage nach Autos weiter wegbrach und Kredite an den Finanzmärkten nicht mehr zu bekommen waren – mussten die großen Drei aus Detroit den US-Kongress um Geld bitten: 25 Milliarden Dollar um 250.000 direkte Jobs und 2,5 Millionen indirekte Jobs in der Zulieferindustrie zu sichern. Der Vorwurf der Regierung: Unwirtschaftlichkeit im großen Stil. Der Kongressabgeordnete Brad Sherman bei der Anhörung im November 2008:
"Ich stelle die Frage: Wer der drei Geschäftsführenden hier heute nicht mit dem privaten Firmenjet hergekommen ist? Fürs Protokoll: Niemand hebt die Hand! Und ich frage weiter: Wer jetzt und hier den Firmen-Jet verkauft und mit einer handelsüblichen Fluglinie nach Hause fliegt? Für's Protokoll: Keiner der Anwesenden hebt die Hand."
Die Hilfen wurden abgelehnt. Es gäbe kein Geld, bevor nicht das Geschäftsmodell geändert und Überkapazitäten abgebaut würden, hieß es vom Kongress. Ein halbes Jahr später – im Sommer 2009 – ging General Motors in die Insolvenz – nun beteiligte sich die US-Regierung mit 50 Milliarden Dollar an dem Unternehmen und forderte als Bedingung einen radikalen Sparkurs, fast wöchentlich musste die GM-Führung Bericht erstatten, schließlich gehörten zwei Drittel des einstigen Nationalsymbols fortan dem Steuerzahler. Salvatore Lopinto ist Autohändler im New Yorker Stadtteil Queens:
"Ich erinnere mich: General Motors bankrott. Das war, wie wenn einem die Luft zum Atmen genommen werde. Es war beängstigend. Ich war 17 Jahre in der Automobilbranche tätig. GM nicht mehr da, das war nicht vorstellbar."
Heute ist General Motors aus dem Gröbsten raus. Lopinto hat selbst lange direkt für GM gearbeitet – dann vor drei Jahren vorsichtshalber den Job gewechselt und bietet heute verschiedene Marken an. Trotzdem ist er froh, dass die Verkäufe seines einstigen Arbeitgebers, General Motors, weiter anziehen:
"Es geht weiter bergauf mit den Absätzen. Etwa zehn bis fünfzehn Prozent mehr als letztes Jahr."
General Motors konnte seine Absätze im vergangenen Jahr vor allem in Asien steigern, aber auch in Nordamerika laufen die Verkäufe wieder besser. Die Produktlinien wurden vereinheitlicht und die Kosten deutlich gesenkt. Robert Schulz von Standard and Poors:
"Ob GM, Ford oder Chrysler, sie machen alle Gewinn, obwohl sie teilweise geringere Absatzzahlen haben als zu Zeiten, in denen sie Verluste gemacht haben. Der Gewinn ist kostengetrieben. Aber die Produkte sind auch attraktiver geworden. Toyota hatte diverse Rückrufaktionen und andere Sicherheitsschwierigkeiten. Deswegen sind die US-Marken wieder etwas mehr in den Blickwinkel der Käufer gekommen."
Auch wenn Studien des Center for Automotive Research in Michigan zufolge die Rettung von General Motors und Chrysler in den Jahren 2009 und 2010 mehr als 1,4 Millionen Jobs gesichert habe, bleibt klar: Mitarbeiter wurden entlassen und teilweise zu günstigeren Bedingungen wieder eingestellt, um die Konzerne wieder profitabel zu machen. Eine Strategie, vor der Opel nun Angst hat. Wird GM bei Opel Mitarbeiter entlassen oder Werke schließen?
Eine verzwickte Frage, auch für Autoanalyst Robert Schulz. Dass der Autobauer ganz aus dem Europa-Geschäft aussteigen könnte, halt er für unwahrscheinlich. Dafür sei Europa als Markt zu wichtig. Nichts desto trotz komme man mittelfristig nicht umhin, Überkapazitäten auch in Europa abzubauen. Robert Schulz:
"In der Rezession wurden in den USA viele Werke geschlossen, während die europäischen Autobauer, unter ihnen auch Ford oder GM, im Vergleich dazu viel weniger Werke dicht gemacht haben. Die gesamte europäische Autoindustrie hat viel mehr Überkapazitäten als die in den USA."
Das wissen auch die Opelaner in Bochum. Betriebsrat Rainer Einenkel steigt vor dem Werkstor in seinen Opel. Er wird wieder einmal nach Rüsselsheim fahren, um morgen und übermorgen mit seinen europäischen Kollegen zu beraten, was zu tun ist – je nachdem wie schlecht die schlechten Nachrichten aus Detroit morgen ausfallen.