Bundestagswahl 2025
Die SPD will mit einem Gescheiterten gewinnen

Unter der Führung von Olaf Scholz will die SPD bei der Bundestagswahl im Februar wieder stärkste Kraft werden. Doch danach sieht es momentan nicht aus, die Umfragewerte sind mau. Kann die Partei noch einmal eine Aufholjagd wie 2021 hinlegen?

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht in der SPD-Fraktionssitzung zwischen Lars Klingbeil, SPD-Bundesvorsitzender, und Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.
    Olaf Scholz wurde nach dem Ampel-Aus in der SPD-Bundestagsfraktion gefeiert. Doch einige an der Basis hadern damit, dass er erneut Kanzlerkandidat ist. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Nach dem Bruch der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP beginnt für die Parteien in Deutschland der Wahlkampf. Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025 ist nicht mehr viel Zeit.
    In seiner vorerst letzten Regierungserklärung setzte Bundeskanzler Olaf Scholz den Ton für seine Partei SPD – im gebremsten Angriffsmodus. Denn er braucht seine größten Kontrahenten noch: Ohne die CDU/CSU wird nach der Wahl vermutlich nichts gehen.
    Scholz muss zudem nicht nur die Wählerinnen und Wähler, sondern auch zweifelnde Genossen für sich gewinnen. Mit welchen Themen will er punkten? Wie wahrscheinlich ist es, dass er als Kanzlerkandidat noch ausgetauscht wird? Und wie stehen die Chancen, dass die Sozialdemokraten wieder Teil einer neuen Regierung werden?

    Inhalt


    Führt Olaf Scholz die SPD unangefochten in die Bundestagswahl?

    Bundeskanzler Olaf Scholz tritt bei der vorgezogenen Bundestagswahl wieder für die SPD an und kann sich ziemlich sicher sein, dass er Kanzlerkandidat bleibt.
    Als charismatischer Politiker und feuriger Wahlkämpfer gilt er zwar nicht gerade. Doch dass er Finanzminister Christian Lindner (FDP) aus der Ampelregierung schmiss und so deren Ende besiegelte, fanden viele Sozialdemokraten gut: In der SPD-Bundestagsfraktion wurde Scholz dafür gefeiert.
    Nun sind die Erwartungen an ihn aber auch groß. Er muss liefern. Denn an der Parteibasis gibt es auch skeptische Genossen: Ist Scholz der Richtige? Und unter den sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten sind viele nervös, weil sie angesichts schwacher Wahlumfragen und eines dann verkleinerten Bundestags um ihre Sitze fürchten.
    Dazu kommt das negative Echo, das Scholz für seine ursprünglich favorisierten Termine für Vertrauensfrage und Neuwahlen erhielt.
    Mit Verteidigungsminister Boris Pistorius verfügt die SPD über einen der beliebtesten Politiker in Deutschland – im Gegensatz zu Olaf Scholz. Laut einer Forsa-Umfrage wünschen sich 57 Prozent der Deutschen Pistorius als SPD-Kanzlerkandidaten und nur 13 Prozent Scholz.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht vor seiner Regierungserklärung im Plenum des Bundestags vor Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung.
    Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beteuert, keine Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur zu haben. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Ein „Grummeln“ in den Reihen der Sozialdemokraten hat denn auch Fraktionschef Rolf Mützenich bestätigt. Allerdings gibt es diese Unzufriedenheit schon lange. Und die Parteispitze stellt Scholz nicht infrage. Zudem hat Pistorius selbst abgewunken: Er sehe nicht, dass jemand in der SPD etwas anderes wolle, als den Kanzler noch einmal ins Rennen zu schicken.
    Mit einer Entscheidung wie im Vorfeld der US-Wahlen, als Präsident Joe Biden die erneute Kandidatur an seine Vize Kamala Harris abgab, ist also nicht zu rechnen.

    Mit welchen Inhalten geht die SPD in den Wahlkampf?

    „Zusammenhalt statt Spaltung – Kanzler Olaf Scholz und die SPD kämpfen für ein gerechtes Deutschland“: Dieser Slogan steht groß auf der Homepage der SPD. Die Partei will mit den Themen Familie, Renten und Löhne den Wahlkampf bestreiten und dabei die Unterschiede zu Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz deutlich machen.
    Schon im Oktober 2024, noch bevor die Ampel am Ende war, beschloss die SPD wichtige Wahlkampfversprechen. Wesentliche Punkte: Entlastung von 95 Prozent der Steuerzahler, eine Kaufprämie für E-Autos und ein Mindestlohn von 15 Euro.
    Kanzler Scholz will zudem den Spielraum des Bundes für Ausgaben erhöhen. Sein Argument: Man dürfe die Sicherheit des Landes mit Blick auf die Bedrohung durch Russland nicht gegen die soziale Sicherheit ausspielen.
    In seiner vorerst letzten Regierungserklärung im Bundestag am 13. November 2024 formulierte er es so: "Ich werde die Bürgerinnen und Bürger niemals vor die Wahl stellen: Entweder wir investieren in unsere Sicherheit oder in gute Arbeitsplätze und Wirtschaft und Infrastruktur. Dieses Entweder-oder ist falsch und führt unser Land in die Irre."
    Hinter diesem Plädoyer steht das Vorhaben, für die Ukraine-Hilfe – mehr als 12 Milliarden Euro – an die Schuldenbremse zu gehen, wogegen sich Ex-FDP-Finanzminister Lindner gewehrt hatte.
    Prägend für den Wahlkampf wird wohl eine Doppelbotschaft sein, auch an die eigenen Reihen: Einerseits ist Deutschland zum zweitgrößten Unterstützer der Ukraine geworden. Andererseits pocht Scholz darauf, Friedenskanzler zu sein, der durch Besonnenheit eine Eskalation des Krieges verhindert habe. Er beruft sich dabei auch auf sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, mit denen die Ukraine Ziele weit auf russischem Territorium treffen könnte.
    Die SPD wird zudem damit punkten wollen, was sie mit der Ampelkoalition trotz allem erreicht hat - dass es zum Beispiel gelungen ist, nach den Sanktionen gegen Russland die Energieversorgung aufrechtzuerhalten. Auch das Bürgergeld gilt den Sozialdemokraten als Erfolg.

    Mit welchen Problemen kämpft die SPD?

    Das zentrale Problem der SPD bleibt die historisch unbeliebte Ampelkoalition mit ihren Streitereien, die schließlich zum Bruch führten. Im ARD-Deutschlandtrend vom 6. November 2024 zeigten sich 85 Prozent der Befragten unzufrieden mit der Bundesregierung. Scholz ist der Kanzler einer gescheiterten Regierung. Das bietet der Opposition die größte Angriffsfläche.
    Ein weiteres Manko: Scholz ist nun mit seiner rot-grünen Minderheitsregierung auf die Opposition angewiesen, will er bis zu den Neuwahlen am 23. Februar 2025 noch Projekte durch den Bundestag bringen. Er kann die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) also nicht frontal angreifen. Und dieser will nicht einfach Mehrheitsbeschaffer sein.
    Für die SPD besonders wichtig dürfte Co-Parteichef Lars Klingbeil sein, der neben Boris Pistorius auch als möglicher Minister einer neuen Regierung gehandelt wird. Klingbeil hatte die Sprachregelung von der „Merz-CDU“ vorgegeben und hält die Fäden im Wahlkampf in der Hand. Der neue Generalsekretär Matthias Miersch, ein Partei-Linker, soll die rhetorischen Spitzen setzen.

    Welches Ergebnis hat die SPD bei der letzten Bundestagswahl erzielt und wie sehen die Umfragen für die kommende Wahl aus?

    Bei der letzten Bundestagswahl 2021 erhielten die Sozialdemokraten nach einer beispiellosen Aufholjagd 25,7 Prozent der Stimmen und wurden damit stärkste Kraft, die Union kam knapp dahinter ins Ziel. In den Umfragen hatten CDU/CSU lange deutlich geführt.
    Die Statistik zeigt die Umfrageergebnisse bei der so genannten Sonntagsfrage der Parteien in Deutschland von 2017 bis 2024
    Doch von einem spektakulären Sieg sind die Sozialdemokraten drei Monate vor den Neuwahlen weit entfernt: Die SPD kommt in Wahlumfragen mittlerweile nur noch auf um die 16 Prozent, halb so viel wie die Union, und liegt damit sogar noch knapp hinter der AfD.

    Wie stehen die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung nach der kommenden Bundestagswahl?

    Obwohl die SPD in Umfragen nicht gut abschneidet, ihr Kanzler und erneuter Spitzenkandidat Olaf Scholz unbeliebt und die von ihm geführte Ampelkoalition gescheitert ist: Die Sozialdemokraten werden aller Voraussicht nach wieder Teil der künftigen Bundesregierung sein.
    Die Union, die als mutmaßlich stärkste Kraft nach der Wahl mit Friedrich Merz auch den nächsten Kanzler stellen wird, dürfte auf einen, wenn nicht sogar zwei Koalitionspartner angewiesen sein. So legen es Umfragen nahe. Denkbar wäre demnach wieder die GroKo – eine Große Koalition, wie es sie schon mehrmals in der Geschichte der Bundesrepublik gab, zuletzt 2018 bis 2021.
    Denkbar wäre auch Schwarz-Rot-Grün, wenn insbesondere die CSU ihre immer wieder stark betonte Abneigung gegen die Grünen hintanstellt. Welche Rolle die FDP spielen wird, ist offen – ihr Einzug in den nächsten Bundestag ist nicht sicher.
    Nur damit ist nicht wirklich zu rechnen: dass Olaf Scholz persönlich als Juniorpartner für eine Koalition mit der Union zur Verfügung steht.

    bth