Bundestagswahl 2025
SPD: Gelingt Olaf Scholz noch einmal die Aufholjagd?

Unter der Führung von Olaf Scholz will die SPD bei der Bundestagswahl im Februar wieder stärkste Kraft werden. Danach sieht es momentan nicht aus, so zeigen es Umfragewerte. Kann die Partei den anscheinend aussichtslosen Wahlkampf erneut drehen?

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht in der SPD-Fraktionssitzung zwischen Lars Klingbeil, SPD-Bundesvorsitzender, und Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.
    Olaf Scholz wurde nach dem Ampel-Aus in der SPD-Bundestagsfraktion gefeiert. Doch einige an der Basis hadern damit, dass er erneut Kanzlerkandidat ist. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz wird die Sozialdemokraten als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf führen. Am 25. November wurde er vom SPD-Vorstand einstimmig als Kanzlerkandidat nominiert.
    Jetzt muss Scholz die Aufholjagd mit der Union aufnehmen. Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025 ist nicht mehr viel Zeit. In seiner vorerst letzten Regierungserklärung setzte Scholz den Ton für seine Partei SPD – im gebremsten Angriffsmodus. Mittlerweile hat er allerdings seine Rhetorik deutlich verschärft. Dabei braucht er seine größten Kontrahenten noch: Ohne die CDU/CSU wird nach der Wahl vermutlich nichts gehen.
    Scholz muss zudem nicht nur die Wählerinnen und Wähler, sondern auch zweifelnde Genossen für sich gewinnen.
    Mit welchen Themen will Scholz punkten und wie stehen die Chancen, dass die Sozialdemokraten wieder Teil einer neuen Regierung werden?

    Inhalt


    Wer führt die SPD in die Bundestagswahl?

    Kanzler Olaf Scholz tritt bei der vorgezogenen Bundestagswahl wieder für die SPD an. Zwar gilt er nicht gerade als charismatischer Politiker und feuriger Wahlkämpfer, doch dass er Finanzminister Christian Lindner (FDP) aus der Ampelregierung schmiss und so deren Ende besiegelte, fanden viele Sozialdemokraten gut. In der SPD-Bundestagsfraktion wurde Scholz dafür gefeiert.
    Doch nur kurze Zeit später kam eine Debatte über die K-Frage in der SPD ins Rollen. Die SPD-Spitze hatte zwar stets ihre Unterstützung für Scholz als Kanzlerkandidaten betont, ihn bis dato aber noch nicht offiziell nominiert.
    An der Parteibasis gibt es skeptische Genossen. Viele Abgeordnete sind auch nervös, weil sie angesichts schwacher Umfragewerte und eines dann verkleinerten Bundestags um ihre Listenplätze fürchten.
    Mehrere Bundestagsabgeordnete sprachen sich deshalb offen für den deutlich beliebteren Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten aus. Laut ARD-Deutschlandtrend sind 60 Prozent der Deutschen der Meinung, Pistorius wäre ein guter Kanzlerkandidat der SPD. Bei Scholz glauben das nur 21 Prozent.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht vor seiner Regierungserklärung im Plenum des Bundestags vor Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung.
    Scholz (l) hat gut lachen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (r) hat in einem Video-Statement auf eine Kanzlerkandidatur verzichtet. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Da Pistorius aber offiziell auf eine Kandidatur verzichtete, ist die Diskussion beendet und Scholz tritt als SPD-Kanzlerkandidat an. Seine Unterstützer betonen die Comeback-Qualitäten des Kanzlers: 2021 konnte Scholz im Bundestagswahlkampf einen enormen Rückstand zur CDU aufholen.

    Mit welchen Inhalten geht die SPD in den Wahlkampf?

    Die SPD hat ihr Regierungsprogramm am 17. Dezember vorgestellt. Aus Sicht der SPD ist es am wichtigsten, dass Arbeitsplätze gesichert werden, dass neue Arbeitsplätze entstehen und dass Wirtschaftswachstum möglich wird, damit Deutschland ein erfolgreiches, starkes Industrieland bleibt, wie Scholz es bei der Pressekonferenz formulierte.

    Mehr Investitionen - Schuldenbremse lockern

    Er stellte den „Made in Germany“-Bonus in den Vordergrund, eine Prämie, die Unternehmen dabei unterstützen soll, jetzt Investitionen in Maschinen und Geräte zu tätigen. Ein "Deutschlandfonds" soll sich aus privatem und öffentlichem Kapital zusammensetzen und mit 100 Milliarden Euro ausgestattet werden. Er soll ebenfalls dazu beitragen den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Auch die Stromkosten sollen gesenkt werden. Zudem sprach Scholz von einer „moderateren Form der Schuldenbremse“. Die Lockerung sei nötig, um den Ausbau und die Sanierung der Infrastruktur zu finanzieren. Eine Kaufprämie für E-Autos soll die E-Mobilität vorantreiben.

    Arbeitnehmer entlasten - Vermögende mehr besteuern

    Außerdem will die SPD 95 Prozent der Arbeitnehmer mit einer Steuerreform entlasten und die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent senken. Spitzenverdiener und Vermögende sollen hingegen höher besteuert werden, indem unter anderem die Vermögenssteuer wieder aktiviert und die Erbschafts- und Schenkungssteuer angehoben werden.

    Stabile Rente - Mietpreisbremse ohne Ende

    Zudem soll ein Mindestlohn von 15 Euro einführt werden. Hinzukommt das Versprechen einer „stabilen Rente“. Zentral für eine garantiertes Rentenniveau auf 48 Prozent sei, dass viele Menschen in Arbeit sind und auch Arbeitskräfte aus dem Ausland nach Deutschland kommen. Darüber hinaus soll die Elternzeit ausgebaut, der Eigenanteil in der stationären Langzeitpflege auf 1000 Euro pro Monat gedeckelt und die Mietpreisbremse ohne Enddatum verlängert werden.

    Ukraine helfen - ohne Taurus

    Die SPD steht klar an der Seite der Ukraine und will sie weiterhin unterstützen. Die Ausgaben für Sicherheit und die Verteidigung hätten jedoch keine Kürzungen bei den Sozialausgaben zur Folge, so Scholz. Der Bundeskanzler spricht sich aber nach wie vor gegen die Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern aus, mit denen die Ukraine Ziele weit auf russischem Territorium treffen könnte. Eine Eskalation, die Deutschland und die NATO in den Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, hineinziehen würde, will er unbedingt vermeiden.

    Mit welchen Problemen kämpft die SPD?

    Das zentrale Problem der SPD bleibt die historisch unbeliebte Ampelkoalition mit ihren Streitereien, die schließlich zum Bruch führten. Im ARD-Deutschlandtrend vom 6. November 2024 zeigten sich 85 Prozent der Befragten unzufrieden mit der Bundesregierung. Scholz ist der Kanzler einer gescheiterten Regierung. Das bietet der Opposition die größte Angriffsfläche.
    Die Debatte um die Kanzlerkandidatur in der SPD hat der Partei zusätzlich geschadet. Anstatt geeint aufzutreten, haben sich die Sozialdemokraten als gespalten erwiesen. Das hat kein gutes Bild im Wahlkampf abgegeben.
    Ein weiteres Manko: Scholz ist nun mit seiner rot-grünen Minderheitsregierung auf die Opposition angewiesen, will er bis zu den Neuwahlen am 23. Februar 2025 noch Projekte durch den Bundestag bringen. Er kann die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) eigentlich nicht frontal angreifen. Und dieser will nicht einfach Mehrheitsbeschaffer sein.
    Für die SPD besonders wichtig dürfte Co-Parteichef Lars Klingbeil sein, der neben Boris Pistorius auch als möglicher Minister einer neuen Regierung gehandelt wird. Klingbeil hatte die Sprachregelung von der „Merz-CDU“ vorgegeben und hält die Fäden im Wahlkampf in der Hand. Der neue Generalsekretär Matthias Miersch, ein Partei-Linker, soll die rhetorischen Spitzen setzen.

    Welches Ergebnis hat die SPD bei der letzten Bundestagswahl erzielt und wie sehen die Umfragen für die kommende Wahl aus?

    Bei der letzten Bundestagswahl 2021 erhielten die Sozialdemokraten nach einer beispiellosen Aufholjagd 25,7 Prozent der Stimmen und wurden damit stärkste Kraft, die Union kam knapp dahinter ins Ziel. In den Umfragen hatten CDU/CSU lange deutlich geführt. Doch von einem spektakulären Sieg sind die Sozialdemokraten zwei Monate vor der Neuwahl weit entfernt - trotz steigender Zustimmungswerte.

    Wie stehen die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung nach der kommenden Bundestagswahl?

    Obwohl die SPD in Umfragen nicht gut abschneidet, ihr Kanzler und erneuter Spitzenkandidat Olaf Scholz unbeliebt und die von ihm geführte Ampelkoalition gescheitert ist: Die Sozialdemokraten werden aller Voraussicht nach wieder Teil der künftigen Bundesregierung sein.
    Die Union, die als mutmaßlich stärkste Kraft nach der Wahl mit Friedrich Merz auch den nächsten Kanzler stellen wird, dürfte auf einen, wenn nicht sogar zwei Koalitionspartner angewiesen sein. So legen es Umfragen nahe. Denkbar wäre demnach wieder die GroKo – eine Große Koalition, wie es sie schon mehrmals in der Geschichte der Bundesrepublik gab, zuletzt 2018 bis 2021.
    Denkbar wäre auch Schwarz-Rot-Grün, wenn insbesondere die CSU ihre immer wieder stark betonte Abneigung gegen die Grünen hintanstellt. Welche Rolle die FDP spielen wird, ist offen – ihr Einzug in den nächsten Bundestag ist nicht sicher.
    Nur damit ist nicht wirklich zu rechnen: dass Olaf Scholz persönlich als Juniorpartner für eine Koalition mit der Union zur Verfügung steht.

    bth, kau, rey