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SPD-Kanzlerkandidat
Schäfer: "Der Parteichef hat das erste Wort"

Der SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer hat Kritik an der Arbeit von Sigmar Gabriel als SPD-Parteichef zurückgewiesen. Gabriel habe außerordentlich viel geleistet und habe natürlich auch in der Frage der Kanzlerkandidatur das erste Wort, sagte Schäfer im DLF. "Der Parteichef ist immer der geborene Herausforderer der Regierungschefin."

Axel Schäfer im Gespräch mit Dirk Müller |
    Der SPD-Fraktionsvize und Sprecher der NRW-Landesgruppe Axel Schäfer
    Der SPD-Fraktionsvize und Sprecher der NRW-Landesgruppe Axel Schäfer (SPD-Pressefoto) (SPD-Pressefoto)
    Er unterstütze die Arbeit von Sigmar Gabriel uneingeschränkt, sagte der SPD-Fraktionsvize und Sprecher der NRW-Landesgruppe, Axel Schäfer, im DLF. Die SPD habe es auf Bundesebene sicher nicht leicht, seit drei Jahren gebe es in den Meinungsumfragen eine nahezu feste Konstellation, dass die SPD bei 25 Prozent liege. Warum das so sei, da sei die SPD und da seien auch Meinungsforscher, mit denen die Partei gesprochen habe, ratlos. Gern vergessen werde, dass die SPD auf kommunaler und Landesebene äußerst erfolgreich sei, sagte Schäfer. Die CDU hingegen regiere nur noch in einer wichtigen Großstadt.
    In der Frage der Kanzlerkandidatur kritisierte Schäfer mit Bezug auf die letzten SPD-Kandidaten Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier, dass ein Kandidat inzwischen als "verbrannt" gelte, wenn er einmal verloren habe. Auch Willy Brandt habe drei Mal kandidieren müssen, bevor er erfolgreich war, sagte Schäfer. Bis zur nächsten Wahl 2017 bleibe noch viel Zeit, darüber zu entscheiden, wer Kanzlerkandidat der SPD werden solle. Für ihn sei der Parteichef "immer der geborene Herausforderer der Regierungschefin". Gabriel könne von daher mit "meiner Stimme und Überzeugung" rechnen.

    Das Interview in voller Länge:
    Dirk Müller: Sie mobilisiert nicht, sie weckt keinen Enthusiasmus und sie reißt niemanden mit. – Adressat dieser Zustandsbeschreibung ist die SPD, formuliert hat den Satz ausnahmsweise einmal nicht Horst Seehofer, sondern ausgerechnet Peer Steinbrück. Er ist immer noch Sozialdemokrat, auch wenn er auf dieser Aufgabe kläglich, wie viele sagen, gescheitert ist, zumindest als Spitzenkandidat. Es ist vielleicht schon etwas wie Rückendeckung für Torsten Albig, den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, der generell infrage gestellt hatte, ob es sich noch lohnt, mit einem eigenen Kanzlerkandidaten bei verharrenden Umfragewerten um die 25 Prozent bei einer Kanzlerin, die als unschlagbar gilt. Der arme Sigmar Gabriel, ist da schon zu hören, der SPD-Chef hat es nicht leicht. Nun wollen wir das heute Morgen auch nicht verschweigen, trotz seiner Kritik, Peer Steinbrück ist für Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidaten, trotz der Schwäche der Partei. Unser Thema nun mit Axel Schäfer, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion und dort auch Vorsitzender der NRW-Landesgruppe, guten Morgen!
    Axel Schäfer: Guten Morgen nach Köln!
    Müller: Herr Schäfer, wie oft hat Peer Steinbrück nicht recht?
    Schäfer: Herr Steinbrück hat grundsätzlich nicht recht, weil er öffentlich Dinge kritisiert, zu denen er sich intern in der SPD nicht äußert. Das sollte man tunlichst vermeiden.
    Müller: Könnte ja trotzdem stimmen?
    Schäfer: Nein, es stimmt nicht, weil er so tut, als wüsste irgendjemand in der SPD oder auch von Journalisten, wie man es besser macht. Und wir sind auch in der Regierung bei den Mühen der Ebenen und es dauert, bis man wieder in der SPD über 30 Prozent kommt, das haben wir gemerkt. Aber das geht nur durch kontinuierliche, zuverlässige und perspektivische Arbeit.
    Müller: Hört sich so an, als sei jeder in der SPD ratlos!
    Schäfer: Nein. Es gibt insgesamt seit über drei Jahren eine feste Konstellation, was die Meinungsumfragen und die Wahlergebnisse auf Bundesebene anbelangt, das hatten wir in unserer Republik seit 1949 nicht. Und da muss man auch entsprechend mit umgehen, kreativ, optimistisch und immer auch ins Gelingen verliebt.
    Müller: Hat bisher aber nicht funktioniert.
    Schäfer: Ja, das haben wir mit ganz, ganz vielen innerhalb und außerhalb der SPD diskutiert, auch mit allen führenden Meinungsforschern und ich sage Ihnen, die sind ebenfalls ratlos.
    Müller: Das sieht nicht gut aus für die Partei, wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Schäfer. Das heißt, man ist an einem Punkt angelangt, wo man hingekommen ist, ohne zu wissen, warum, und jetzt weiß man nicht, wie es weitergeht.
    "Gabriel ist ein guter Parteichef"
    Schäfer: Nein, auf Bundesebene ist das zurzeit nicht einfach, überhaupt keine Frage. Aber auf Landesebene sind wir so erfolgreich wie selten und auch auf kommunaler Ebene, das heißt, man muss das Gesamtbild in Deutschland sehen und nicht nur alles auf Berlin fokussieren.
    Müller: Wenn das stimmt, dass Personen, Persönlichkeiten Politik machen, Politik entscheiden, welche Persönlichkeit wollen Sie an der Spitze der Partei?
    Schäfer: Ich bin uneingeschränkt für Sigmar Gabriel, er hat als Parteivorsitzender in den letzten sechs Jahren eine hervorragende Arbeit gemacht von den Ergebnissen, wir sind mal mit fünf Ministerpräsidenten gestartet, wir haben jetzt neun, wir sind in 14 Landesvertretungen vertreten, die CDU ist auf dieser Ebene auf einem historischen Tiefststand, nur redet niemand darüber. Und das tut Sigmar Gabriel völlig unrecht.
    Müller: Also ein guter Parteichef?
    Schäfer: Er ist ein guter Parteichef und ich kann das deshalb so überzeugt und überzeugend, glaube ich, sagen, ich bin einer der wenigen in der SPD, der seit Willy Brandt alle Vorsitzenden aus der Nähe erlebt hat, mal als junger Referent, heute als Abgeordneter, vor 30 Jahren saß ich zwei Meter entfernt beim Büro von Willy Brandt, heute sitze ich zwei Meter entfernt von Sigmar Gabriel in der ersten Reihe und ich kann mir schon ein sehr ausgewogenes Urteil erlauben, auch über Führungsfähigkeiten.
    Müller: Führungsfähigkeiten, die die SPD auf 25 Prozent gebracht hat.
    Schäfer: Nein, die SPD ist mit 23 Prozent gestartet bei der Bundestagswahl, als Sigmar Gabriel Vorsitzender wurde, und vielen Wahlniederlagen auf Länderebene. Auf Länderebene haben wir Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg zurückgeholt, wir haben eine Mehrheit im Bundesrat jetzt. Und die CDU ist in einer wichtigen Großstadt noch an der Spitze vertreten, alle anderen Oberbürgermeister gehören ansonsten der SPD oder den Grünen an. Und das wird öffentlich leider überhaupt nicht wahrgenommen.
    Müller: Es wird in der Öffentlichkeit – zumindest früher – ja oft wahrgenommen, dass es immer besser ist – das ist jedenfalls die These, behaupte ich jetzt mal –, mit Wahlsiegern irgendwie mal in eine Wahl zu gehen. Sigmar Gabriel ist ja einer der wenigen Sozialdemokraten, der immer dann, wenn er angetreten ist, verloren hat. Ist das kein Problem?
    Schäfer: Ja, das ist genau die Frage. Willy Brandt hat dreimal kandidieren müssen, um Kanzler zu werden, heute sind wir der Meinung, einmal nicht geklappt und sofort den nächsten Kandidat, das war bei Frau Merkel auch nicht so. Und deshalb sollte man auf veränderte Zeiten auch schon entsprechend reagieren.
    Schäfer: Parteichef hat bei Frage der Kanzlerkandidatur das erste Wort
    Müller: Dreimal hat Willy Brandt gebraucht, haben Sie gesagt, jetzt ist Steinmeier verbraucht, deswegen ist er Außenminister geworden, Peer Steinbrück ist verbraucht, das hat auch nicht geklappt. Soll es jetzt der Parteichef machen?
    Schäfer: Es ist klar, dass der Parteichef bei der Frage Kanzlerkandidatur das erste Wort hat. Ansonsten haben wir da ein demokratisches Verfahren und das steht auch überhaupt zurzeit nicht an, das ist eine Frage von Anfang 2017 und wir sollten uns jetzt nicht treiben lassen von einem Thema, das nicht entschieden werden muss.
    Müller: Herr Steinbrück hat ja gesagt, das ist der richtige Mann, Sie haben ihn jetzt auch gelobt, also gehe ich jetzt mal davon aus, wenn wir jetzt in einem halben Jahr, in einem Jahr noch mal darüber reden, dass Sie ganz klar sagen, ja, habe ich ja schon immer gesagt, Sigmar Gabriel!
    Schäfer: Ja, Sigmar Gabriel hat in der SPD und für die SPD außergewöhnlich viel geleistet. Wenn Sie sich die Frage Mitgliederbeteiligung angucken, wenn Sie sich anschauen, wie wir uns inhaltlich auch weiterentwickelt haben, und vor allen Dingen was die Geschlossenheit der SPD anbelangt, das ist ja völlig aus dem Blickfeld geraten! Bei der zentralen Abstimmung, die es zurzeit über die deutsche Politik in Europa gibt, hat jeder fünfte Unionsabgeordnete Frau Merkel die Gefolgschaft verweigert, das wird überhaupt nicht mehr wahrgenommen! Und wenn in der SPD über Vorratsdatenspeicherung zu Recht auch kritisch diskutiert wird, tut man so, als sei das schon der Weltuntergang!
    Müller: Aber jetzt noch mal auf Gabriel zurückzukommen, Sie sagen ein bisschen früh: Jetzt habe ich Sie das, Herr Schäfer, ja dennoch gefragt. Also, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, würden Sie jetzt zum Zeitpunkt sagen, klar, Sigmar Gabriel ist der Richtige?
    Schäfer: Ja, natürlich, der Parteivorsitzende ist immer der geborene Herausforderer... Der Kanzlerkandidat der eigenen Partei ist der geborene Herausforderer der amtierenden Regierungschefin. Und ansonsten gibt es da ein klares Verfahren in der SPD, dass nämlich ein Gremium darüber entscheidet, und wenn das gewünscht wird, entscheiden auch die Mitglieder.
    "Wenn Sigmar Gabriel es werden will, wird er es"
    Müller: Es sei denn, er verzichtet. Bei Steinbrück und bei Steinmeier war das ja anders, das waren ja keine Parteichefs!
    Schäfer: Ja, in der Tat, das damalige Verfahren war eine Sturzgeburt. Und man lernt ja im Leben Gott sei Dank immer aus schlechten Erfahrungen, indem man Gutes daraus macht, und das werden wir 2017 auch hinbekommen.
    Müller: Haben Sie vielleicht noch eine alternative Person im Kopf, bei der Frage, die sie so früh eigentlich noch nicht beantworten wollen? Also jemand, der Wahlen gewinnt, jemand, der erfolgreich ist, vielleicht in Nordrhein-Westfalen? Einige sagen ja, Hannelore Kraft wäre gar nicht so schlecht!
    Schäfer: Ich kenne ja glücklicherweise alle Beteiligten und viele davon auch sehr lange. Aber dazu werde ich mich jetzt auf keinen Fall äußern!
    Müller: Aber würden Sie jetzt nicht ausschließen? Weil Hannelore Kraft ja offensichtlich zumindest auf große Zustimmung auch trifft!
    Schäfer: Wenn Sigmar Gabriel es werden will, wird er es.
    Müller: Mit Ihrer Stimme?
    Schäfer: Mit meiner Stimme und mit meiner Überzeugung vor allem!
    Müller: Auch ein Wort! Heute Morgen live im Deutschlandfunk in den "Informationen am Morgen" Axel Schäfer, NRW-Landesgruppenchef der SPD in der Bundestagsfraktion und dort auch Vizefraktionschef. Danke für das Gespräch, Ihnen noch einen schönen Tag!
    Schäfer: Ich danke Ihnen auch!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.