Auch die Union sei unter Druck, sagte SPD-Chef Gabriel. Für die Sozialdemokraten sei der Ansehensverlust in ihrer Kernkompetenz jedoch existenziell. Gabriel räumte bei der "Wertekonferenz Gerechtigkeit" der Sozialdemokraten in Berlin in einer Grundsatzrede strategische Fehler der Partei ein. Die SPD brauche wieder ein tiefer gehendes Verständnis für das, was "um uns herum" passiere. Wenn es um die Zahl der Programme und Forderungen ginge, müsste die SPD nach Gabriels Einschätzung bei 50 Prozent liegen.
Sie wirke jedoch manchmal wie eine emotional ermüdete Partei "im Hamsterrad der Sozialreparatur" - und da stecke auch "die größte Herausforderung für die deutsche, aber wohl auch für die europäische und internationale Sozialdemokratie". Die SPD sei ein "bisschen zu viel Staat und zu wenig soziale Bewegung".
Erste politische Ankündigungen
Bei einer erneuten Regierungsbeteiligung wolle die SPD die pauschale Abgeltungssteuer von 25 Prozent abschaffen, die damals unter dem SPD-Finanzminister Peer Steinbrück eingeführt worden war. Damit griff Gabriel eine Forderung der Parteilinken auf, die zu seinen Kritikern gehört. Zudem bezeichnete er die Erhöhung des Rentenalters auf 70 Jahre als "Irrsinn".
Als Ziele formulierte SPD-Chef Gabriel die Bürgerversicherung, die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern sowie Investitionen in Bildung.
Dementi der Rücktrittsgerüchte
Die Gerüchte um Gabriels Rücktritt als SPD-Chef, die "Focus"-Mitherausgeber Helmut Markwort in einer Sendung des Bayerischen Rundfunks in die Welt gesetzt hatte, hatte Gabriel bereits gestern als "Quatsch" bezeichnet. Gabriels Stellvertreterin, die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, betonte, der Parteivorstand stehe geschlossen zu Gabriel. Das Gerücht um dessen Rücktritt sei "dummes Zeug".
(vic/am)