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SPD-Parteitag
Hitzige Debatten zu erwarten

Flüchtlinge, Sicherheitspolitik und die Definition von Familie - auf ihrem Bundesparteitag geht die SPD mehrere strittige Themen an. Über fast 900 Anträge müssen die Delegierten in drei Tagen entscheiden. Außerdem steht ein Stimmungstest an: Parteichef Sigmar Gabriel stellt sich zur Wiederwahl.

Von Theo Geers |
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel
    SPD-Chef Sigmar Gabriel will Parteivorsitzender bleiben. (picture alliance/dpa/Kay Nietfeld)
    "Deutschlands Zukunft - sicher - gerecht - weltoffen." Es ist ein zündendes Motto für einen SPD-Parteitag, vor allem in Zeiten wie diesen, findet Yasmin Fahimi. Die Noch-Generalsekretärin der SPD - morgen gibt sie nach nur zwei Jahren ihr Amt wieder ab - erwartet einen hoch spannenden Parteitag mit allem, was bei Sozialdemokraten dazu gehört: Vorstandswahlen morgen, die als Lackmus-Test für Sigmar Gabriels Standing in der Partei gelte, dazu lebhafte Debatten über fast 900 Anträge, die einen Wälzer füllen, der so dick wie ein Telefonbuch ist. Denn beim Anspruch, die Zukunft zu gestalten, lassen sich Sozialdemokraten von niemandem übertrumpfen - der Blick zehn Jahre nach vorn ist das Mindeste:
    "Wir wollen aber auch Signale setzen für Zukunft. Deutschland hat so viele Potenziale, die es zu heben gilt. Ich finde, wir haben allen Anlass zum Zukunftsoptimismus. Wenn wir es richtig machen, können wir in 10 Jahre ein Deutschland sein, das sicherer, gerechter und weltoffner ist."
    So geht es gleich heute Mittag in die Vollen. Frank-Walter Steinmeier wird den Leitantrag zur Außenpolitik einbringen. Die Sozialdemokraten wollen ihre außen- und sicherheitspolitischen Grundlinien neu definieren. Kriegspartei will die SPD nicht sein, aber militärische Einsätze wo nötig auch nicht ausschließen, nur eingebettet müssen diese sein in ein Gesamtkonzept.
    Debatte über Syrieneinsatz
    Das war beim Syrieneinsatz kaum zu erkennen, außer dass es an der Seite Frankreichs gegen den IS geht. Auch die völkerrechtlichen Grundlagen dieses Beschlusses waren umstritten. Dennoch stimmte die SPD im Bundestag dem Einsatz zu, die Debatte auf dem Parteitag ist damit vorprogrammiert.
    Yamin Fahimi: "Wir wollen dabei unterstreichen, dass es uns vor allem auch um politischen Prozess in Außen- und Sicherheitspolitik geht und nicht nur um militärischen Einsatz und Bekämpfung des IS. Wir wollen bei der Flüchtlingsthematik eben genauso deutlich machen, dass wir zwar ganz praktische Aufgaben zu lösen haben, dass es aber vor allem um eine große Integrationsleistung gehen wird. Und deswegen müssen wir bei Kita-Ausbau, bei Schulen, bei Wohnungen, bei Arbeitsplätzen dafür sorgen, dass es ein Mehr an Chancen für alle in diesem Land gibt."
    Dreyer bringt Leitantrag zur Flüchtlingspolitik ein
    Für die zusätzlichen Chancen ist Familienministerin Manuela Schwesig am Nachmittag zuständig. Zuvor bekommt Malu Dreyer, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, wegen des Wahlkampfes in ihrem Land ihren Großauftritt. Sie bringt den Leitantrag zur Flüchtlingspolitik ein, an dem der Parteivorstand bis zuletzt, sprich bis gestern, gefeilt hat.
    Eine Aushöhlung des Asylrechts etwa durch die Einführung von Obergrenzen, wie sie in der Union gefordert werden, ist danach mit der SPD nicht zu machen. Und die Flüchtlingspolitik à la SPD steht auch in einem weiteren Punkt konträr zu den Positionen des Koalitionspartners CDU/CSU: Die SPD fordert selbstverständlich weiter ein Einwanderungsgesetz als zeitgemäße Antwort auf die derzeit unkontrollierte Zuwanderung durch die Flüchtlinge.
    Allen Familien gerecht werden
    Wichtig aus SPD-Sicht auch: Es darf auch keine Politik nur für Flüchtlinge geben, die anderen das Gefühl vermittelt, zurückgelassen zu werden, betont Manuela Schwesig:
    "Mit ist wichtig, das wir die Familien da gar nicht auseinanderdividieren. Wenn ich auf Kinder schaue, sage ich: jedes Kind braucht einen Anspruch auf einen Kita-Platz. Egal, ob hier geboren oder zu uns geflohen. Es tut allen Kindern gut. Es ist wichtig, dass Familien, die schon hier leben, nicht Sorge haben: Oh, jetzt kriege ich wegen eines Flüchtlingskinds keinen Kita-Platz mehr. Nein, wir müssen die Antworten darauf geben, wie wir allen Familien gerecht werden."
    Aus Schwesigs Feder stammt maßgeblich der Leitantrag zur Familienpolitik. Ginge es nach der SPD, dann soll diese in Zukunft anders als bisher nicht mehr vom Vorhandensein eines Trauscheins geprägt sein. Paare mit und ohne Trauschein, Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien gleichgeschlechtlicher Partner und Alleinerziehende - der Staat soll die ganze Vielfalt der Lebensformen ohne irgendwelche Bevorzugungen einer bestimmten Lebensform gleichermaßen fördern.