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SPD-Politiker Nils Schmid
"Wir entscheiden selbst, auf welches Podium wir gehen"

Dass der SWR die AfD nicht zum TV-Duell vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg einladen werde, sei eine Entscheidung des Rundfunks gewesen, sagte der Landesvorsitzende der SPD in Baden-Württemberg, Nils Schmid. Er habe nur im Vorfeld den SWR in Kenntnis gesetzt, dass er sowie weitere Politiker sich nicht mit der AfD auf ein Podium setzen würden, denn sie sei keine normale Partei.

Nils Schmid im Gespräch mit Thielko Grieß |
    Nils Schmid, Finanzminister von Baden-Württemberg (SPD), aufgenommen am 19.03.2014 während der ARD-Talksendung "Anne Will".
    "Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was die AfD an Ausländerhetze veranstaltet, und dem, was wir als demokratische Parteien diskutieren", sagt der SPD-Politiker Nils Schmid im Deutschlandfunk. (picture alliance / ZB / Karlheinz Schindler)
    Man wolle aus ganz grundsätzlichen Erwägungen nicht gemeinsam mit der AfD auf ein Podium gehen, so der SPD-Politiker Schmid: "Weil es keine normale Partei ist, die innerhalb des demokratischen Verfassungsbogens unterwegs ist. Es ist eine Partei, die gegen Ausländer hetzt." Die AfD stelle außerdem die Meinungsfreiheit in Frage. Deshalb könne es nicht seien, so Schmid, dass man mit AfD-Politikern ganz normal über Bildungs-, Verkehrspolitik- oder Gesundheitspolitik redet. Auf die Programmgestaltung habe seine Partei keinen Einfluss genommen, betonte er. "Wir entscheiden selbst, auf welches Podium wir gehen und auf welches wir nicht gehen."
    Björn Höcke von der AfD sei ein Rassist, so der SPD-Politiker Schmid. Die Äußerungen, die Höcke über Afrikaner getätigt habe, seien "Rassismus pur". Derzeit habe die AfD aufgrund von ausländerfeindlichen Äußerungen hohe Umfragewerte "und da müssen wir dagegen halten", sagte Schmid.

    Das Interview mit Nils Schmid in voller Länge:

    Thielko Grieß: Diese Überleitung zu den Regierenden in Baden-Württemberg wollen wir nutzen. Zugeschaltet ist jetzt hier heute Morgen im Deutschlandfunk Nils Schmid, stellvertretender Ministerpräsident, Finanzminister Baden-Württembergs, Spitzenkandidat der SPD. Einen schönen guten Morgen, Herr Schmid.
    Nils Schmid: Guten Morgen.
    Grieß: Erinnern wir uns noch kurz an den Ausgangspunkt dieser Diskussion, dieser Interviews heute Morgen. Sie haben erreicht, was Sie wollten: Der Südwestrundfunk wird die AfD nicht einladen zu dieser Fernsehdiskussion vor der Landtagswahl. Kann man sagen Glückwunsch, Herr Schmid, Sie haben den SWR erfolgreich erpresst?
    Schmid: Nein! Das war eine Entscheidung des SWR. Er hat bloß zur Kenntnis bekommen von Winfried Kretschmann und mir, genauso wie auch von Malu Dreyer und den Grünen-Kollegen in Rheinland-Pfalz, dass wir nicht mit der AfD gemeinsam auf ein Podium gehen, weil die AfD keine normale Partei ist.
    "Wir brauchen einen klaren Damm der demokratischen Parteien gegenüber rechtsextremistischen Auswüchsen"
    Grieß: Der SWR-Intendant hat gestern gesagt, er entscheide das nur mit zugebissenen oder mit zugekniffenen Zähnen. Das klingt nicht nach einer besonders freien Entscheidung?
    Schmid: Er ist aber frei in der Entscheidung gewesen. Er musste bloß zur Kenntnis nehmen, dass wir als SPD und als Grüne aus ganz grundsätzlichen Erwägungen mit der AfD nicht aufs Podium gehen, weil es keine normale Partei ist, die innerhalb des demokratischen Verfassungsbogens unterwegs ist, sondern das ist eine Partei, die gegen Ausländer hetzt, die die Meinungsfreiheit infrage stellt, übrigens auch die Meinungsfreiheit von Journalisten infrage stellt, und deshalb kann es nicht sein, dass man mit denen quasi ganz normal über Bildungspolitik, Verkehrspolitik oder Gesundheitspolitik redet. Da brauchen wir einen klaren Damm der demokratischen Parteien gegenüber rechtsextremistischen Auswüchsen.
    Grieß: Da muss ich doch noch mal nachfragen, Herr Schmid. Das was Sie gemeinsam mit Ihren Kollegen auch in Rheinland-Pfalz veranstaltet haben, ist nicht so weit weg von Einflüssen auf öffentlich-rechtliche Medien, die allenthalben zum Beispiel zurzeit in Polen kritisiert werden.
    Schmid: Das ist nun völliger Blödsinn.
    "Wir nehmen keinen Einfluss auf die Programmgestaltung"
    Grieß: Oh!
    Schmid: Wir nehmen keinen Einfluss auf die Programmgestaltung. Es gibt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, da gibt es klare Regeln. Der ist auch verfassungsmäßig gesichert. Aber wir entscheiden immer noch selbst, auf welches Podium wir gehen und auf welches Podium wir nicht gehen. Das hat mit dem SWR gar nichts zu tun. Das gilt für Zeitungspodien genauso.
    Aber wir wollen schon - und das ist eine Aufgabe aller Demokraten - deutlich machen, dass es einen Unterschied zwischen dem gibt, was die AfD an Ausländerhetze veranstaltet, und dem, was wir als demokratische Parteien diskutieren. Das ist auch für die Bürgerinnen und Bürger ganz wichtig, dass man diesen fundamentalen Unterschied deutlich macht und nicht so tut, als wäre es eine ganz normale Partei. Das ist sie nicht.
    Grieß: Herr Schmid, es klingt so, als sei Ihr Vertrauen in die Urteilsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger, die Sie gerade angesprochen haben, ausgesprochen klein. Die können von selbst nicht unterscheiden, was gute und was schlechte Argumente sind?
    Schmid: Das können die sehr wohl.
    "Wir machen deutlich, das ist keine normale Partei"
    Grieß: Und warum dann nicht in einer Fernsehdiskussion gemeinsam?
    Schmid: Ja weil es eben bei diesen Diskussionen nicht um die Haltung der AfD zu Ausländern geht, sondern da wird ja dann alles rauf und runterdiskutiert und dann wird der Eindruck erweckt, als wäre es eine normale Partei. Und wir machen deutlich, das ist keine normale Partei, und das ist auch ganz wichtig, dass die Gesellschaft das insgesamt deutlich macht.
    Wenn die AfD mit Leuten in den Landtag einziehen will, die von linken Gesinnungsterroristen reden, dass man diesen Parteienfilz angehen muss, dass das Zitat von dem Kandidaten in Villingen-Schwenningen ist, wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, wenn der AfD-Landtagskandidat in Stuttgart nicht von Flüchtlingen spricht, sondern von Eindringern, die aus wirtschaftlichen Gründen unser System aussaugen wollen, wenn Rassisten Wahlkampf für die AfD in Baden-Württemberg machen, dann kann man nicht so tun, als wäre das eine normale Partei. Und es ist auch ganz wichtig, dass wir das gerade auch gegenüber den Wählerinnen und Wählern deutlich machen.
    Grieß: Herr Schmid, das müssen Sie mir kurz belegen und den Hörern bitte auch. Wer ist denn Rassist und macht Wahlkampf für die AfD?
    Schmid: Der Herr Höcke.
    "Herr Höcke ist ein Rassist"
    Grieß: Das ist ein Rassist?
    Schmid: Natürlich. Die Äußerungen, die er über Afrikaner getätigt hat, das ist Rassismus pur. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir hier eine klare Aussage machen und nicht so tun, als würden die ganz normal über Fragen der Landespolitik diskutieren, sondern wir müssen - und das war immer eine Stärke der deutschen Demokratie, dass wir gegenüber dem rechten Rand klar gemacht haben, dass sie außerhalb des Verfassungsbogens und damit auch außerhalb normaler politischer Diskussionen stehen. Gleichzeitig geht es darum, dass man das, was die Bürgerinnen und Bürger umtreibt, dass wir das selbstverständlich aufgreifen, und das wird auch diskutiert. Das ist doch ganz klar.
    Grieß: Wenn ich Ihnen zuhöre, dann habe ich das Gefühl, Sie setzen die AfD mit der NPD gleich, gegen die immerhin schon ein Verbotsverfahren zum zweiten Mal vor dem Bundesverfassungsgericht läuft.
    Schmid: Ich setze nicht die AfD mit der NPD gleich. Ich sage nur, dass die AfD deshalb große Umfragewerte hat, weil sie auf ausländerfeindlichen Ressentiments unterwegs ist und weil sie mit rassistischen Äußerungen diese Zustimmung hat, und da müssen wir dagegenhalten. Es ist ja nicht so, dass die AfD aufgrund ihrer bildungspolitischen oder verkehrspolitischen Vorstellungen jetzt in den Umfragen entsprechende Werte erreicht, sondern sie schwimmt auf einer Welle der Ausländerfeindlichkeit, und so Leute wie Höcke befeuern sie mit rassistischen Äußerungen.
    Da müssen wir eine klare Position einnehmen, eine Haltung einnehmen. Das erwarten übrigens auch die Bürgerinnen und Bürger von uns und deshalb ist es wichtig, dass wir das immer wieder rausarbeiten, dass sie nicht gleichzusetzen sind mit demokratischen Mitbewerbern.
    "Wenn die Leute anfangen, gegen demokratische Institutionen zu hetzen, dann ist das Ende der Fahnenstange erreicht"
    Grieß: Ihr Parteichef hat sich mal zu einer Diskussionsveranstaltung mit Pegida-Vertretern begeben und hat dort diskutiert, als Privatmann, wie er gesagt hat. Das könnte doch auch ein Umgang sein. Pegida ist nicht AfD, aber es gibt Schnittmengen.
    Schmid: Ja aber dass man selbstverständlich sich die Sorgen und Nöte der Leute anhört, die als Bürgerinnen und Bürger verunsichert sind, auch Unmut äußern über die Regierungslinie in der Flüchtlingspolitik, das ist völlig normal. Aber ich meine, wenn die Leute anfangen, gegen demokratische Institutionen zu hetzen und gegen das System, wie sie das nennen, zu hetzen, wenn sie Galgen zeigen von Verfassungsorganen, wenn Frau Merkel als Verbrecher bezeichnet wird, dann ist irgendwann das Ende der Fahnenstange erreicht, und das müssen wir auch sehr deutlich signalisieren.
    Grieß: Nils Schmid ist stellvertretender Ministerpräsident in Baden-Württemberg und Spitzenkandidat der SPD. Herr Schmid, danke für Ihre Stellungnahme heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk.
    Schmid: Bitte!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.