Dieter Wiefelspütz: Guten Tag!
Heckmann: Herr Wiefelspütz, lassen Sie es uns ein bisschen aufteilen, bleiben wir zunächst mal bei dem Begriff Nafris: Die Kölner Polizei nennt Nordafrikaner in einem offiziellen Tweet Nafris – daran hat sich Kritik entzündet. Mittlerweile ist der Begriff ja so ein bisschen wieder zurückgezogen worden, aber diese Kritik daran, ist die berechtigt oder haben die Recht, die sagen, wir haben doch wohl andere Probleme?
Wiefelspütz: Nun, ich halte ja generell Twitter für eine Seuche, Herr Heckmann. In einer Kurzmitteilung Nafri zu verwenden wäre mir nicht so eingefallen. Daraus aber jetzt ein großes Spektakel zu machen, halte ich auch für völlig überzogen. Wir haben nun mal die Situation, dass insbesondere auch in Köln und Umgebung die Erfahrung lehrt, dass insbesondere junge Männer aus Nordafrika überproportional viele Probleme bereiten. Das ist das Erfahrungswissen der Polizei und danach muss sie sich ausrichten und entsprechend sich verhalten. Das ist diesmal insgesamt gesehen, glaube ich, ganz, ganz gut gelungen. Ich halte den Begriff Nafri in einer Twitter-Meldung für etwas unglücklich, sollte man besser vermeiden, aber der …
Heckmann: Das sagt ja mittlerweile auch der Kölner Polizeipräsident, wenn ich da kurz einhaken darf.
Wiefelspütz: Ja, ich würde aber dieses Wort nicht überbewerten.
Heckmann: Die ist unglücklich hat er gesagt, und die hätte intern bleiben müssen. So waren seine ersten Reaktionen da drauf. Ist es aber besser, frage ich mich dann, wenn eine Polizeibehörde nur intern einen Begriff benutzt, der ganze Bevölkerungsgruppen herabsetzt?
Intern ist der Begriff "Nafri" in Ordnung
Wiefelspütz: Intern darf man und sollte man diesen Begriff durchaus verwenden dürfen. Das halte ich auch für relativ normal, wenn es sich in der Tat nachweislich um solche Menschen handelt. Wenn aber jemand anreist, vielleicht aus Dortmund oder aus Münster, mit nordafrikanischem Hintergrund, weiß ich doch noch nicht von vornherein, dass es ein Intensivtäter ist. Das macht doch dieser Begriff deutlich, Nafri. Dass jemand ein Intensivtäter ist, weiß ich erst, wenn ich ihn vor mir habe, wenn ich ihn überprüft habe, aber nicht, wenn er angereist kommt, dann muss er doch erst mal wirklich überprüft werden, um das sagen zu können, und das konnte die Polizei in dem Moment, wo diese Twitter-Meldung abgesetzt wurde, so nicht behaupten.
Heckmann: Und was sagt das über diesen Polizeibeamten, der diesen Tweet abgesetzt hat?
Wiefelspütz: Ich sage noch einmal, hätte ich es besser vermieden. Vielleicht ist das auch ein bisschen – wie soll ich mal sagen – die Freude der Polizei, dass sie das endlich mal alles im Griff hatte in Köln in den letzten zwei, drei Tagen. Sie haben ja insgesamt gesehen – das darf man nicht übersehen – einen richtig guten Job gemacht. Sie waren gut vorbereitet, hatten alles im Griff, und diese traumatischen Erlebnisse von vor einem Jahr haben sich zum Glück nicht wiederholt. Da gab es ja hunderte von Frauen, die Opfer waren, und es war auch eine ganz, ganz schmerzliche Niederlage des Rechtsstaates und unserer Friedensordnung. Dass das sich nicht wiederholen durfte, war völlig klar, war auch der Polizei klar, und das spielt bei dieser Wortverwendung ein bisschen, wie soll ich mal sagen, die Erleichterung oder auch ein bisschen der Triumph eine Rolle, wir haben das diesmal besser gemacht.
Heckmann: Dann gehen wir mal weg von dem Begriff Nafri und wenden uns dem nächsten Begriff zu, nämlich racial profiling. Das bedeutet ja, dass die Polizei nur nach dem Aussehen entschieden habe, wer kontrolliert wird oder nicht, und tatsächlich sind ja hunderte Nordafrikaner überprüft und teilweise dann auch der Stadt verwiesen worden, wobei der Polizeipräsident Herr Mathies ja auch gesagt hat, auch Deutsche wurden überprüft, aber mehrere Korrespondenten berichten, auch unser eigener, die Menschen wurden schon auch in verschiedene Gruppen aufgeteilt und Leute, die wie Ausländer aussehen und eben die anderen, die Ausländer wurden kontrolliert, die anderen eben nicht. Ist das aus Ihrer Sicht in Ordnung in dieser Situation oder vielleicht sogar geboten?
Wenn Männer Probleme machen, müssen Männer überprüft werden
Wiefelspütz: Nach allem, was ich bislang weiß – ich war ja nun nicht in Köln vor Ort –, nach allem, was ich aufmerksam gelesen und wahrgenommen habe in der Berichterstattung über Köln, dieses Silvester hat die Polizei, ich sage es noch einmal, einen insgesamt gesehen kompetenten und guten Job gemacht. Dafür ist sie zu loben und nicht zu kritisieren. Die Probleme machen doch nicht nur in Köln nicht etwa Frauen, sondern junge Männer, und wenn jetzt überwiegend junge Männer überprüft werden, ist das Sexismus? Ich finde die Kritik ziemlich gaga, muss ich Ihnen freimütig sagen. Ich halte sie für völlig überzogen und im Grunde für von Sachkenntnissen nicht getrübt…
Heckmann: Das heißt, Herr Wiefelspütz, darf ich da kurz einhaken, es ist legitim aus Ihrer Sicht, Personen, zum Kontrollieren, nur aufgrund ihres Aussehens. Es ist ja nicht so, dass jetzt nur Männer kontrolliert wurden und da eben offensichtlich Deutsche wie Ausländer, sondern dass eben Männer nordafrikanischen Aussehens kontrolliert wurden und die anderen …
Wiefelspütz: Herr Heckmann, für einen Polizisten ist ganz, ganz entscheidend sein Erfahrungswissen, und wenn wir wissen, dass … Alle haben wir Silvester von vor einem Jahr im Kopf und haben uns alle darauf vorbereitet, und wenn wir wissen, dass bestimmte Gruppen von jungen Männern besondere Probleme bereiten, dann werden solche Gruppen auch besonders unter die Lupe genommen und werden auch intensiver kontrolliert. Wenn die Polizei das anders machen würde, hätte sie ihre Aufgabe verfehlt. Das heißt, es ist ein völlig normales Verhalten, dass ich das Erfahrungswissen, das ich habe als Polizist, nicht ausblende, sondern einblende und mit berücksichtigen muss, wenn ich eine Lage bewerte. Dazu kommen Verhaltensweisen, aggressives Verhalten, sind die Leute ansprechbar oder nicht, ist es eine größere Gruppe, aus der möglicherweise aggressive Taten entstehen können, das alles ist dann maßgeblich für Polizei bei ihrem Einsatz, und nach allem, was ich weiß, ist das in Köln absolut sachgerecht gelaufen. Alles andere ist, glaube ich, weit weg von der Wirklichkeit der Arbeit eines Polizeibeamten.
Heckmann: Der langjährige Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion Dieter Wiefelspütz war das hier live im Deutschlandfunk. Herr Wiefelspütz, danke Ihnen für dieses Gespräch und Ihnen einen schönen Tag!
Wiefelspütz: Schönen Dank! Alles Gute!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.