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SPD zur Einigung mit der Union
"Das Recht auf Asyl gilt"

SPD-Politikerin Eva Högl wertet die Einigung zwischen Union und SPD in der Asylfrage als Erfolg. Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, hätten ein Recht darauf, dass ihr Anliegen geprüft wird, sagte sie im Dlf. Daran werde nicht gerüttelt. Das müsse allerdings schneller und geordnet geschehen.

Eva Högl im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Die SPD-Politikerin Eva Högl im Deutschen Bundestag
    Die SPD-Politikerin Eva Högl fordert schnellere Asylverfahren (imago stock&people)
    Christoph Heinemann: Am Telefon ist Eva Högl, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, zuständig für Innen- und Rechtspolitik, Wahlkreis Berlin-Mitte eins. Guten Morgen!
    Eva Högl: Einen schönen guten Morgen, Herr Heinemann.
    Heinemann: Frau Högl, ist der Umgang mit illegal Eingereisten jetzt geordnet?
    Högl: Die SPD ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis des Koalitionsausschusses von gestern Abend. Die Ergebnisse orientieren sich an unserem Fünf-Punkte-Plan, was wir am Montag verabschiedet haben, und für uns war ein Punkt ganz besonders wichtig, dass es keine nationalen Alleingänge gibt, sondern, dass alles, was wir in Deutschland machen, um das Asylverfahren zu beschleunigen, um die Migration zu ordnen, im europäischen Rahmen und in enger Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarländern geschieht.
    Heinemann: Noch mal die Frage: Ist der Umgang mit illegal Eingereisten jetzt geordnet?
    Högl: Ja, er ist geordneter als vorher, und das Wichtige ist, wir müssen dafür nicht gesetzlich etwas ändern. Es gibt ein beschleunigtes Grenzverfahren und wir brauchen keine neuen Einrichtungen und Menschen werden nicht über Gebühr lange festgesetzt. Das ist wichtig. Es gibt keine einseitigen Zurückführungen an der Grenze. Niemand wird an der Grenze abgewiesen, sondern es gibt ein rechtsstaatliches Verfahren. Und was uns als SPD sehr wichtig war: Horst Seehofer hat jetzt auch noch mal wieder sehr deutlich die Verantwortung formuliert, insgesamt die Asylverfahren zu beschleunigen.
    Heinemann: Frau Högl, drei Viertel der illegal Eingereisten finden nicht über die deutsch-österreichische Grenze statt, aber nur dort greift der Transitmechanismus. Warum geben Sie sich mit einer Viertelordnung zufrieden?
    Högl: Das zeigt, dass von Anfang an die Vorschläge von Horst Seehofer erstens weder rechtlich möglich, noch praktikabel waren. Und wenn man jetzt noch mal sieht, dass es um fünf Personen pro Tag geht, dann zeigt sich, dass dieser ganze Streit, den er angezettelt hat, überhaupt keine Grundlage in einem realen Problem hat. Unser Problem in Europa ist, dass die Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken und dass unsere Verfahren zu lange dauern und die Personen zu lange darauf warten, ob sie bei uns bleiben dürfen oder das Land wieder verlassen müssen. Das muss sich dringend ändern und da ist Horst Seehofer jetzt gefragt.
    "Wir arbeiten daran, die Migration zu ordnen"
    Heinemann: Können wir festhalten: Die Einigung des Koalitionsausschusses ist ein Witz?
    Högl: Nein, sie ist kein Witz, weil wir natürlich als SPD großen Wert darauf gelegt haben, dass wir erstens in der Koalition beieinander bleiben, denn dieser Streit war ja doch unsäglich. Und vor allen Dingen, dass wir zu Sachfragen zurückkommen. Wir wollen gerne dazu beitragen, dass die Migration geordnet wird, dass wir in Europa gemeinsame gute Politik machen. Und vor allen Dingen, wenn ich das auch sagen darf: Wir wollen jetzt auch mal wieder zu anderen Themen kommen. So wichtig das Thema Migration und Flucht ist, so haben wir doch auch noch ganz andere Punkte auf unserer Agenda und im Koalitionsvertrag vereinbart, zu denen wir jetzt hoffentlich endlich auch mal kommen.
    Heinemann: Warum ordnen Sie dann die Migration nicht?
    Högl: Wir arbeiten ja daran, die Migration zu ordnen, und wir haben auch Vorschläge gemacht. Ein Beitrag ist zum Beispiel, dass wir auch legale Einwanderungsmöglichkeiten schaffen, für Fachkräfte insbesondere und auch das steht in dem Beschluss von gestern Abend, dass dieses Einwanderungsgesetz, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, jetzt flott ins Kabinett kommt und wir es noch dieses Jahr zum Abschluss bringen.
    Heinemann: Also noch mehr Migration?
    Högl: Nun ja. Wir wollen vor allen Dingen die Migration ordnen und steuern. Denn das, was uns Probleme bereitet, ist ja, dass sie zum Teil ungeordnet stattfindet. Viele Menschen versuchen, über Asylrecht zu uns ins Land zu kommen, obwohl sie viel mitbringen, was wir gut gebrauchen könnten, obwohl sie bereit wären, hier bei uns unsere Sprache zu lernen, eine Ausbildung zu machen oder einen Arbeitsplatz anzutreten, und diese Personen können wir in Deutschland und in Europa insgesamt gut gebrauchen und denen wollen wir eine Chance geben.
    Heinemann: Wieso organisieren Sie mehr Migration, bevor Sie die illegale Migration ordnen?
    Högl: Das muss parallel laufen. Wir müssen die Asylverfahren straffen. Wir müssen vor allen Dingen auch die Rückführungen beschleunigen. Da hat Horst Seehofer bisher auch noch gar nichts zu beigetragen, dass wir die Personen, die bei uns keinen Schutz bekommen können, schneller zurückführen in sichere Drittstaaten oder ihre Heimatländer. Und das andere ist, auf der anderen Seite die legale Migration zu ordnen. Das schließt sich nicht aus, sondern das muss Hand in Hand gehen, humanes Asylrecht und Einwanderungsrecht.
    "Zügige Abschiebungen sind absolut wichtig"
    Heinemann: Die CSU wollte gerade bestimmte Menschen nicht ins Land lassen, deren Abschiebung und Rückführung so schwierig ist. Warum möchten Sie möglichst viele ins Land gelangen lassen?
    Högl: Nun ja. Wir haben auf der einen Seite eine Verpflichtung, und das hat der Koalitionsausschuss gestern Abend noch mal bekräftigt. Unser Grundgesetz sagt, das Recht auf Asyl gilt. Das heißt, die Personen bekommen ein rechtsstaatliches Verfahren und es wird geprüft, ob sie bei uns Schutz bekommen. Diese Verfahren müssen schneller geführt werden, müssen geordnet geführt werden. Dazu hat Horst Seehofer mit seinen Vorschlägen überhaupt nichts beigetragen und deswegen sind wir froh, dass im Koalitionsausschuss gestern wichtige Punkte gemeinsam verabredet werden konnten.
    Heinemann: Nur das Hauptproblem ist nicht gelöst.
    Högl: Welches Hauptproblem? Natürlich ist das Hauptproblem insoweit gelöst, als wir die Verfahren beschleunigen müssen. Das hatte ich gesagt. Dafür engagiert die SPD sich. Aber das, was Horst Seehofer ursprünglich vorgeschlagen hat, hat dazu gar nichts beigetragen und uns alle unnötig beschäftigt. Denn das Hauptproblem sind nicht fünf Personen am Tag, die über die deutsch-österreichische Grenze kommen an drei Grenzposten in Bayern, sondern wir haben in Europa andere Probleme.
    Heinemann: Frau Högl, der Deutschlandtrend von Mitte Juni besagte: 86 Prozent der Befragten haben sich für zügigere Abschiebungen ausgesprochen. Warum regieren Sie an diesen Bürgerinnen und Bürgern konsequent vorbei?
    Högl: Das tun wir nicht, denn zügige Abschiebungen sind absolut wichtig. Denn für die Bereitschaft in unserer Gesellschaft, Menschen Schutz und Sicherheit zu geben, ist es absolut notwendig und eine Voraussetzung, dass diejenigen schnell wieder in ihre Heimatländer zurückkehren, die keinen Schutz bekommen.
    Heinemann: Aber wenn man sie erst mal ins Land lässt – und das wissen Sie doch selbst -, ist es viel schwieriger, sie wieder los zu werden, und das war der Sinn des Transitmechanismus.
    Högl: Nein! Wir haben jetzt ein gutes Grenzregime. Und das sagt unser Asylrecht: Die Menschen bekommen hier ein faires Verfahren und daran rütteln wir nicht. Jeder bekommt das Recht darauf, dass sein Anliegen geprüft wird, und zwar zügig, und dann wird schnell entschieden, ob die Menschen bleiben dürfen, hier Schutz und Sicherheit bekommen, oder das Land wieder verlassen müssen.
    "Wir übernehmen nie die Positionen der AfD"
    Heinemann: Und dann werden weder Österreich, noch Italien sie zurücknehmen.
    Högl: Wir arbeiten an gemeinsamen Lösungen. Das ist jetzt die Aufgabe von Horst Seehofer, mit Österreich und mit Italien dafür zu sorgen, dass das Dublin-System, was wir in Europa ja etabliert haben und was seine Berechtigung hat, dass nämlich die Asylanträge in dem Land gestellt werden, in dem die Menschen ankommen, dass das wieder funktioniert.
    Heinemann: Frau Högl, der jüngste Deutschlandtrend weist für die AfD 16 Prozent, für die SPD 18 Prozent aus. Ab welchem Wert für die AfD sind Sie bereit, Ihre Haltung zu ändern?
    Högl: Es ist für die SPD absolut überhaupt kein Weg und das wird auch nicht diskutiert, dass wir die Positionen der AfD übernehmen, sondern wir werben für unsere Positionen. Die haben wir in unserem Fünf-Punkte-Papier am Montag noch mal festgelegt. Wir machen gute Politik, sowohl in der Frage Flucht und Migration als auch in den anderen Themen Arbeit, Rente, Gesundheit, Pflege, Wohnen, und wir übernehmen nie die Positionen der AfD.
    Heinemann: Das kann man sich in Ihrem schicken Wahlkreis vielleicht erlauben. Aber was raten Sie Ihren Kollegen, die dort leben, wo es stinkt oder manchmal auch nicht so bequem ist, wie Sigmar Gabriel einst gesagt hat?
    Högl: Die Kombination von realistischer Betrachtung der Situation und trotzdem einer klaren Haltung. Malu Dreyer hat das in Rheinland-Pfalz vorbildlich gezeigt, wie es geht, mit einer klaren Haltung in Sachen Menschenrechten, Asyl, Migration, dafür zu werben, dass trotzdem Verfahren geordnet werden müssen, dass sie schnell stattfinden, dass wir klare Voraussetzungen haben und dann auch viel tun für Integration, die Menschen nicht sich selbst überlassen jahrelang, sondern dafür zu sorgen, dass sie schnell unsere Sprache lernen, dass die Kinder zur Schule oder in die Kita gehen und dass die Menschen, die hier Schutz bekommen, einen Platz in unserer Gesellschaft bekommen. Das ist die richtige Kombination.
    Heinemann: Eva Högl, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!
    Högl: Auf Wiederhören!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.