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Speicher für mehr als nur Erbinformation

Technik. - Karlsruher Forscher entwickeln einen Datenspeicher aus Silber-Nanoteilchen und benutzen dafür die Doppel-Helix des Erbmoleküls DNA als Trägerstruktur. Die DNA-Silber-Kombination könnte auch als als Biosensor für die Identifizierung von Proteinen benutzt werden.

Von Frank Grotelüschen |
    Ein Labor am Karlsruher Institut für Technologie. Gerade stoppt die Zentrifuge – eine Art Wäscheschleuder für den wissenschaftlichen Gebrauch. Mit dem Gerät reinigt die Biochemikerin Ljiljana Fruk einen höchst ungewöhnlichen Datenspeicher.

    "Wir haben einen elektronischen Speicher gebaut, der auf der DNA von Lachs basiert. Allerdings interessiert uns DNA nicht in ihrer Funktion als Erbmolekül. Stattdessen dient sie uns einfach als Gerüst – als Gerüst für Nanoteilchen."

    Die Lachs-DNA ist ein Gerüst der besonderen Art. An ihr wachsen und gedeihen winzige Nanoteilchen, und zwar Nanoteilchen aus Silber. Fruk:

    "Wir haben die Lachs-DNA mit Silbersalz gemischt und zu einer hauchdünnen Schicht geformt. Das Entscheidende: Die DNA besitzt eine gewisse Anziehungskraft auf Silber. Denn als wir sie mit UV-Licht bestrahlten, sorgte dieses UV-Licht dafür, dass sich einzelne Atome aus dem Salz lösten und sich an der DNA anlagerten. An diese Atome dockten dann weitere Silberatome an. So konnten nach kurzer Zeit regelrechte Silberteilchen entstehen."

    Das wäre so, als würden an den Zweigen eines Tannenbaums wie von Zauberhand Christbaumkugeln wachsen. Doch damit nicht genug: Gemeinsam mit Fachleuten aus Taiwan versah Ljiljana Fruk ihre silbergespickte Lachs-DNA mit einer Elektrode – und erhielt einen primitiven Speicherchip.

    "Legt man eine Spannung an diesen Chip an, fließt Strom durch die DNA. Da dieser Zustand dauerhaft erhalten bleibt, können wir im Prinzip von einem Datenspeicher sprechen. Und zwar läuft die Speicherung ähnlich wie bei einer CD: Man kann die Daten einmal schreiben, und dann bleiben sie eine ganze Weile erhalten."

    Bleibt die Frage: Warum sind die Forscher ausgerechnet auf die DNA des Lachses verfallen? Fruk:

    "Wir hätten genauso gut die DNA von Thunfisch nehmen können. Doch Lachs-DNA fällt in großen Mengen als Abfallprodukt bei der Fischerei an. Und das führt dazu, dass wir ausgesprochen billig an das Material rangekommen sind."

    Dass Lachs-DNA versetzt mit Silber elektronische Daten speichern kann, war für Fruk und ihr Team eine durchaus verblüffende Entdeckung. Im Prinzip wäre so ein Fisch-Speicher äußerst preiswert und biologisch abbaubar. Ljiljana Fruk aber will die Idee eines kompostierbaren USB-Sticks erst mal nicht weiterverfolgen. Sie hat eine andere Anwendung im Sinn.

    "Wir hoffen, die Lachs-DNA schon bald als Biosensor nutzen zu können. Damit wollen wir dann Proteine aufspüren und untersuchen. Das wäre also eine Anwendung für die Biologie und nicht für die Elektronik."

    Die Idee: Die Silberteilchen an der Lachs-DNA sollen bestimmte Proteine anziehen wie die Motten das Licht. Würden diese angedockten Proteine dann aktiv, würde sich auch der Zustand der Silberteilchen verändern – was die Forscher mit hoher Empfindlichkeit messen könnten. Dadurch wüssten sie, ob ein Protein aktiv geworden ist oder nicht. Interessant wäre das vielleicht sogar für die Medizin, meint Ljiljana Fruk.

    "Das Erkennen von Tumormarkern wäre eine interessante Sache. Mit so einem Sensor könnte man Krebszellen in geringsten Konzentrationen aufspüren – und damit Tumoren in einem sehr frühen Stadium."