"Das hier ist die Quelle Fuentegrande. Die haben schon die Römer benutzt. Es waren aber die Mauren, die eine Acequia, ein Aquädukt, bis nach Granada bauten und dort Wasserspeicher errichteten."
Rafael Villanueva steht vor der "großen Quelle", der "Fuentegrande". Er ist Lokalhistoriker. Von hier sprudelte einst das Trinkwasser für das bis 1492 von den Mauren beherrschte Granada, erklärt er. Die Ingenieurskunst der Mauren versorgte nicht nur die ornamentalen Springbrunnen im berühmten Alhambra-Palast, sondern auch das einfache Volk mit lebenswichtigem Wasser.
"Die Bauten begannen unter dem Herrschergeschlecht der Ziriden, die Almoraviden schlossen sie ab. Das war Ende des elften, Anfang des zwölften Jahrhunderts."
Arabische Begriffe für Versorgungseinrichtungen
Villanueva erklärt die aufwändigen Konstruktionen, die das Wasser von der Gebirgsquelle bis in die zwölf Kilometer entfernte Stadt transportierten. Die arabischen Begriffe dafür – Acequia für Wasserkanal oder Aljibe für Trinkwasserspeicher – sind in Andalusien immer noch im Sprachgebrauch fest verankert.
Ein Zeichen dafür, wie eng die Kultur um das Wasser der Mauren mit dem heutigen Andalusien verknüpft ist. Gerade auf dem Land haben die Menschen noch heute solche Speicher:
"Damals hatte die Stadt nur Wasser, wenn es regnete, oder das Wasser aus dem Darro-Strom. Wenn sie weiterwachsen sollte, brauchte sie eine zuverlässige Wasserversorgung. Dafür wurde ein enges Netz aus mehr als 40 öffentlichen Wasserspeichern aufgebaut. Davon haben wir heute noch 25. 14 davon waren für die rituale Säuberung vor dem Gebet gedacht. Aber die meisten dieser Aljibes dienten der Wasserversorgung der Bevölkerung."
Der Gedanke hinter den bis zu 300 Kubikmeter großen Wasserspeichern ist derselbe, der auch hinter den heute 1.200 Stauseen in Spanien steckt: In regenreichen Zeiten füllen sich die Speicher, die auch in Trockenperioden die Versorgung sicherstellen.
Wasserspeicher bleiben immer öfter trocken
Allerdings bleiben die Stauseen angesichts steigender Temperaturen und zurückgehender Niederschläge immer öfter trocken, so zuletzt 2017, dem zweittrockensten Jahr seit 1965. Ob auch die Wasserspeicher der Mauren manchmal trocken blieben, weiß Lokalhistoriker Villanueva allerdings nicht.
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reportagereihe "Andalusien - Ausbeutung der Wasserreserven".
"Gut, beginnen wir mit der Führung. Ich bin Carmen, ich bin Biologin von der Universität von Granada. Wir sind hier im Carmen des Aljibe des Königs. Das Wort 'Carmen' bedeutet 'Garten'."
Die 32-jährige Biologin Carmen Hernández López steht vor rund 20 interessierten Andalusiern im Garten der "Stiftung Granada und Wasser".
"Hier lebte im elften Jahrhundert König Badis aus dem Geschlecht der Ziriden. Er errichtete diesen Aljibe, es ist der größte historische Wasserspeicher der Stadt."
Carmen betont: Der ehemalige Palast habe sich im Laufe der Jahrhunderte enorm verändert, die Orangenbäume böten nur noch eine vage Erinnerung an die alten arabischen Gärten. Sie legt sich das schulterlange, schwarze Haar zurecht, setzt ein sympathisches Lächeln auf und bittet die Gruppe vor ein großes Modell des alten Granada.
"Wenn ihr die unterschiedlichen Knöpfe drückt, blinken die Lichter der Aljibes, der Wasserspeicher, auf, die wir hier haben. Da, das größte Reservoir. Solche Speicher gibt es auch in allen Kirchen. Weil Freitag dort der Tag für die Reinigungen der Gläubigen war."
"Und natürlich, weil fast alle Kirchen im Albaicín, dem alten arabischen Granada, einst Moscheen waren", ergänzen die Besucher. Carmen drückt weiter auf die Knöpfe des Modells, zahlreiche kleine Lichtpunkte blinken auf.
"Wasser war ein Geschenk Gottes, das man teilen musste"
Über eine schmale Treppe geht es in den Wasserspeicher hinab. Säulen und Rundbögen tragen die Decke. Wände und Böden seien regelmäßig mit Kalk ausgestrichen worden, dies habe der Desinfektion gedient, erklärt die Biologin. Es war nicht die einzige Maßnahme, um das Trinkwasser rein zu halten:
"Sie hatten Wassertiere. Sie filterten die Unreinheiten aus dem Trinkwasser. Heute versucht man dasselbe wieder in der Alhambra. Dort wird heute gechlortes Wasser in den Brunnen verwendet, aber darauf will man künftig verzichten. Sie suchen nun nach geeigneten Wassertieren, die die Schadstoffe filtern und sich auch von den Algen ernähren."
Auf dem Weg zum Ausgang wird Carmen noch einmal grundsätzlich.
"Wasser war ein Geschenk Gottes, das man mit allen teilen musste. Wer Wasser verschmutzte, mit Wasser handelte oder es vergiftete, wurde hart bestraft."
Eine solche Kultur im Umgang mit kostbarem Wasser sei in Zeiten langer Dürreperioden auch heute wieder nötig, findet einer der Besucher und nickt nachdenklich. Es sei auch eine Frage der Erziehung.