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Spektakuläre Entführung
Vietnamese in Berlin vor Gericht

Im Juli 2017 wird der vietnamesische Geschäftsmann Thrinh Xuan Than mitten in Berlin zusammen mit einer Begleiterin entführt und nach Vietnam verschleppt. Ab heute steht sein mutmaßlicher Entführer Long N. in Berlin vor Gericht.

Von Daniela Siebert |
    Trinh Xuan Thanh (Mitte), ein früherer Ölmanager, der aus Deutschland entführt worden war, steht in Hanoi/Vietnam am 8. Januar 2018 vor Gericht.
    Ein vietnamesischer Geschäftsmann wurde im Juli 2017 in Berlin entführt, um dann in seiner Heimat wegen Korruption zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt zu werden (AFP / Vietnam News Agency)
    Geheimdienstliche Agententätigkeit und Beihilfe zur Freiheitsberaubung lautet die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen Long N. Der 46-jährige Vietnamese lebt eigentlich in Prag, sitzt derzeit aber in der Berliner JVA Moabit in Untersuchungshaft, weil ihn Tschechien im August hierher ausgeliefert hat. Er war laut Anklage an der Entführung des Vietnamesen Trinh Xuan Thanh und einer vietnamesischen Begleiterin aus dem Berliner Tiergarten nach Hanoi beteiligt. Oberstaatsanwalt Lienhard Weiß:
    "Der Angeklagte soll im Rahmen dieser geheimdienstlichen Gesamtoperation zwei Fahrzeuge gemietet haben, eines wurde zur Ausspähung der Opfer benutzt, das andere dann für die eigentliche Entführungstat. Beide Fahrzeuge hat er später dann wieder nach Prag, wo er sie zuvor angemietet hatte, zurückgefahren."
    Neben Long sollen mindestens zwei Mitarbeiter des vietnamesischen Geheimdienstes sowie drei weitere Personen an der Entführung beteiligt gewesen sein. Darunter auch Angehörige der vietnamesischen Botschaft in Berlin.
    Akribische Polizeiarbeit
    Wie akribisch die deutschen Behörden die Tat mitten in Berlin recherchiert haben, wird aus den Informationen deutlich, die Eingang in den Prozess haben werden. Darunter digitale Fahrtenbücher der benutzten Mietwagen, Buchungsdaten und Passagierlisten diverser Fluggesellschaften von Air Berlin bis Hanan Airways, Funkzellendaten, Video-Überwachungsbilder von so unterschiedlichen Quellen wie dem Hotel Sylter Hof und Kentucky Fried Chicken.

    Zumindest wie die beiden Opfer bis in die vietnamesische Botschaft in Berlin kamen scheint ziemlich klar zu sein, nicht aber die weitere Reiseroute. Die Frau flog wohl noch am selben Tag in Begleitung zweier Männer von Berlin Tegel via Peking und Seoul nach Hanoi. Wie Trinh Xuan Thanh dorthin kam sei noch immer unklar, so die Ankläger heute Morgen.

    Der entführte Thrinh Xuan Than wird im Prozess von der Berliner Rechtsanwältin Petra Schlagenhauf vertreten. Ihrem Mandanten gehe es den Umständen entsprechend gut, er sitze noch immer in Haft und seine Berufungsverhandlungen stünden bevor sagt sie. Über das Schicksal der mit entführten Frau, weiß Petra Schlagenhauf wenig, sie halte sie aber ebenfalls für ein Opfer, nicht für eine Mittäterin.

    "Die ist dort ins Krankenhaus gekommen, wir wissen, dass sie am Dienstag ein Uhr Ortszeit früh sich im Deutsch-Vietnamesischen Krankenhaus in Hanoi mit einem Armbruch befunden hat, schwer bewacht, also man konnte nicht an sie heran, kommen, das ist versucht worden, an sie heran zu kommen, sie soll später in ein Militärkrankenhaus verlegt worden sein und weiter wissen wir nicht."

    Die Vietnamesin war in Berlin nur zu Besuch bei Thrinh Xuan Than. Der war 2016 nach Deutschland geflohen und hatte hier erfolgreich Asyl beantragt. In seiner Heimat hatte sich ein anderer Flügel der Kommunistischen Partei durchgesetzt, und der ehemalige Parteifunktionär rechnete wohl mit Verfolgung, lebte in Berlin jedenfalls sehr zurückgezogen und vorsichtig. Seine Anwältin:
    "Ja, es gab Hinweise, dass nach ihm gesucht wird, aber ich habe ja am Tag der Entführung noch den Staatsschutz alarmiert und der Staatsschutz hat mir als er schon entführt war, gesagt: Sie haben nicht genügend Hinweise, dass das einen politischen Hintergrund hat."
    "Er war arglos und wusste von nichts"
    Zurück zum aktuellen Prozess: Der Verteidiger des Angeklagten Long – Rechtsanwalt Stephan Bonell – stellt die Handlungen seines Mandanten als übliche Hilfeleistung unter Vietnamesen dar.

    "Mein Mandant hat ein Auto angemietet, hat dieses Auto von Prag nach Berlin gefahren, weil man ihm gesagt hat, das wird dort zu touristischen Zwecken gebraucht, er ist zurückgefahren und hat es am Sonntag in der vietnamesischen Botschaft abgeholt. Das ist sein vermeintlicher Tatbeitrag. Er war arglos und wusste von nichts."
    Auch dass Long für einen mutmaßlich Tatbeteiligten vietnamesischen General noch am Tattag das Hotelzimmer storniert und geräumt haben soll: laut Verteidiger alles übliche Hilfeleistungen. Sein Mandant - in seinen Augen – nur ein Bauernopfer. Doch diese Ausführungen erhielt vorerst nur die Presse vor dem Gerichtssaal. Darin hielt sich der Verteidiger noch zurück, auch die angekündigte Erklärung des Angeklagten wurde verschoben. Dafür warf der Verteidiger der Anklage vor, die politische Dimension des Falles außer Acht zu lassen, schließlich sei über Trinh Xuan Than auch am Rande des G20-Gipfels geredet worden. Sogar von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den vietnamesischen Ministerpräsidenten. Deutschland habe einen internationalen Haftbefehl gegen Trinh Xuan Than missachtet, so Stephan Bonell.
    Ob das auch im begonnen Strafprozess gegen Herrn Long eine Rolle spielen wird, werden die nächsten Monate zeigen. Schon morgen ist der nächste Verhandlungstag angesetzt, das ganze Verfahren wird mindestens bis Ende August dauern.