Archiv

Spekulationen über US-Kabinett
Ein Rechtspublizist als Trumps Stabschef?

Noch hat der frisch gewählte Präsident Donald Trump nicht verraten, wie sein künftiges Kabinett aussehen soll. Umso intensiver wird in den USA spekuliert. Und vor allem die neueste gehandelte Personalie sorgt für Entsetzen.

Von Marcus Pindur |
    Steve Bannon, hier 2010 als Redner bei einer Veranstaltung der Tea-Party-Bewegung
    Steve Bannon, hier 2010 als Redner bei einer Veranstaltung der Tea-Party-Bewegung (Imago / Zuma Press)
    Die Wahl des Stabschefs des Weißen Hauses ist immer eine richtungweisende Personalentscheidung. Im Gespräch für Donald Trumps engsten Mitarbeiter ist unter anderem Reince Priebus, der Vorsitzende des Republican National Committee, des obersten Koordinationsgremiums der Republikaner. Priebus ist ein gemäßigter Republikaner, mehrfach hatte er versucht, den Kandidaten Trump im Wahlkampf in die Schranken zu weisen - wenn auch vergebens.
    Reince Priebus wäre ein Signal, dass Trump auf die konservative Mitte zugehen will - auf das von ihm abfällig sogenannte Establishment. Und das scheint ihm nicht zu passen. Wie der Nachrichtensender CNN berichtet, gehen Trumps Instinkte personalpolitisch in eine andere Richtung. Er favorisiert angeblich Steve Bannon, einen seiner Wahlkampfmanager und davor Chefredakteur der Website "Breitbart News". Breitbart bietet eine Mischung aus rechtskonservativen, rechtsradikalen, populistischen und antisemitischen Inhalten an.
    Richard Cohen, der Direktor des "Southern Poverty Law Center", eines Thinktanks, der sich mit Rechtsextremismus befasst, ist entsetzt: "Den meisten wird gerade erst klar, wie extremistisch die Ideen sind, denen Steve Bannon auf seiner Website Raum gegeben hat: rassistischen, homophobischen, fremdenfeindlichen Ideen. Bannon hat eine Online-Heimat für Rechtsextremisten geschaffen. Und die Gefahr ist, dass er jetzt dafür im Weißen Haus Raum schafft."
    "Feministin wird Krebs?"
    Auch viele Republikaner lehnen Breitbart-News als extremistisch ab und stimmten in diesem Punkt mit Hillary Clinton überein, als diese im Wahlkampf Breitbart anprangerte. "Das hier sind einige der Schlagzeilen von Breitbart, und ich habe dies nicht erfunden: 'Geburtenkontrolle macht Frauen unattraktiv und verrückt.' Oder: 'Hätten Sie lieber, dass ihr Kind Feministin wird oder Krebs bekommt?'"
    Steve Bannon und seine Website haben immer wieder die sogenannten Establishment-Republikaner angegriffen. Eines seiner Lieblingsziele ist Paul Ryan, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses. Den Republikanern wirft Bannon vor, nicht konservativ genug zu sein. "Wir haben keine funktionierende konservative Partei, und ganz bestimmt sind die Republikaner keine Konservativen."
    Bannon bewegt sich politisch auf der sogenannten Alt-Right, der alternativen Rechten, die oszilliert zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Unabhängig davon, ob Bannon den Job bekommt, dass er überhaupt in Erwägung gezogen wird, lässt nicht nur Demokraten, sondern auch viele Republikaner schaudern.
    Zwei Monate Zeit für das Personaltableau
    Ebenfalls als äußerst problematisch wird von vielen Außenpolitikexperten der frühere Chef des Militärgeheimdienstes DIA Michael Flynn bewertet. Flynn ist Favorit für den Posten des Verteidigungsministers. Er gilt jedoch als Putin-nah und gibt regelmäßig Interviews im russischen Propagandasender Russia Today.
    Als möglicher künftiger Außenminister wird der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich genannt. Er gilt aber auch als denkbare Wahl für das Amt des Stabschefs im Weißen Haus.
    Über inhaltliche politische Richtungsentscheidungen können noch keine konkreten Aussagen gemacht werden, denn sie müssen mit dem Kongress abgestimmt werden. Vieles von dem, was Trump in seinem Wahlkampf hat anklingen lassen, wie zum Beispiel eine breitangelegte Krankenfürsorge für alle Amerikaner oder ein kreditfinanziertes teures Infrastruktur Programm, läuft quer zur republikanischen Programmatik. Aber der republikanische Sprecher des Hauses, Paul Ryan, hat bereits kurz nach der Wahl wieder die Nähe Trumps gesucht. Der Überraschungssieger der Präsidentschaftswahl 2016 hat jetzt zwei Monate, um sein Personaltableau aufzustellen.