Die Trauerfeierlichkeiten für Helmut Kohl dauerten bis in den Samstagabend hinein. Nach der Totenmesse im Dom von Speyer wurde der Sarg des früheren Kanzlers, der am 16. Juni im Alter von 87 Jahren gestorben war, vor dem Gotteshaus aufgebahrt. Es musizierte das Musikkorps der Bundeswehr, zu hören gab es einen Trauermarsch und die Nationalhymne. Anschließend wurde Kohl dann beigesetzt - das aber ohne Öffentlichkeit, auf einem Friedhof des Domkapitels. Dort begraben zu werden, war der Wunsch des Alt-Kanzlers. Vom angrenzenden Adenauerpark wird ein öffentlicher Zugang zur Grabstätte geschaffen.
Das Requiem hatte vorher etwa eineinhalb Stunden gedauert. Zu den Teilnehmern zählten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx.
"Ein wahrhaft großer Staatsmann"
In seiner Predigt sagte der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann, Kohl habe sich nicht nur um Deutschland und Europa verdient gemacht, sondern auch um Versöhnung und Frieden in der Welt. Heute, so Wiesemann, sei die Stunde des Abschiednehmens von einem wahrhaft großen Staatsmann. Von einem Mann, der seine pfälzische Heimat geliebt und doch auch aus einem weiten Horizont heraus gehandel habe. Helmut Kohl habe im entscheidenden Moment der Geschichte das Zeitfenster genutzt, das sich für die Wiedervereinigung geboten habe.
Man nehme aber auch Abschied von einem Menschen mit allem, was das Menschsein in Kraft und in Schwäche bedeute, sagte Bischof Wiesemann. Ausdrücklich dankte er auch der Witwe, Maike Kohl-Richter - dafür, dass sie Helmut Kohl bis zu dessen Tod zur Seite gestanden habe.
Gleich zu Beginn des Requiems hatte Bischof Wiesemann gesagt, die Totenmesse sei ein Gottesdienst in ökumenischer Verbundenheit - mit allen Menschen, die Anteil nähmen, und die ihre Dankbarkeit zum Ausdruck bringen wollten, insbesondere für das "Geschenk der deutschen Einheit". Ausdrücklich sagte er, dass seine Begrüßung auch die beiden Söhne von Helmut Kohl einschließe - sie nehmen nicht an der Trauerfeier teil. Grund sind die langjährigen Familienstreitigkeiten (dazu unten mehr).
Die Lieder während des Requiems stammen von Komponisten aus verschiedenen EU-Ländern. Sie wurden nach Angaben des Bistums in Abstimmung mit Kohls Witwe Maike Kohl-Richter ausgesucht. Die Liste enthält neben bekannten Kirchenliedern wie "Wir sind nur Gast auf Erden" und "Mit Freud fahr' ich von dannen" auch gregorianischen Gesang und das Requiem von John Rutter, das der englische Komponist extra zu diesem Anlass neu arrangiert hat. Außerdem werden Stücke von Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Sergeij Rachmaninoff, Heinrich Schütz, César Franck und Maurice Duruflé gespielt.
Die gesamten Trauerfeierlichkeiten wurden allerdings auch überschattet von den Streitigkeiten in der Familie. So nahmen die beiden Söhne von Helmut Kohl, Walter und Peter Kohl, nicht teil. Weder in Straßburg beim Europäischen Trauerakt, noch später in Speyer, beim Requiem. Walter Kohl hatte sich einen Staatsakt in Deutschland gewünscht, und das am Brandenburger Tor. Und er trat dafür ein, dass Kohl nicht in Speyer beerdigt wird, sondern in Ludwigshafen, neben Hannelore Kohl, der ersten Ehefrau des verstorbenen früheren Kanzlers. Doch dessen Witwe, Maike Kohl-Richter, lehnte beides ab. Sie war gegen einen deutschen Staatsakt und setzte sich für den Europäischen Trauerakt ein.
Noch drei Fußnoten: Ein Grußwort kam heute auch von der Raumfahrtbehörde ESA und deren Generaldirektor.
Durchaus bewegt twitterten auch die rheinland-pfälzischen Sozialdemokraten:
Und auch die Junge Union zeigte Präsenz in Speyer:
(jcs/jasi)